European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00058.16G.0524.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung einstweilen selbst zu tragen.
Begründung:
Der Beklagte betreibt eine Zahnarztpraxis in einem Mehrzweckgebäude, in dem auch eine Bankfiliale und ein Kosmetikstudio untergebracht sind.
Zusätzlich zu einem Ordinationsschild mit Name, Berufsbezeichnung, Kontaktdaten und Öffnungszeiten sowie einem stilisierten Zahn und dem Werbeslogan „Schöner lächeln ‑ besser leben!“ brachte der Beklagte an der Fassade des Gebäudes auch ein über ein m 2 großes Schild an, auf dem sich ebenfalls der rote stilisierte Zahn wieder findet, welcher gut ein Drittel des Schildes einnimmt. Darunter steht in blauer Schrift: „Implantologie, Vollkeramik, Prophylaxe“. Im unteren Bereich des Schildes steht in weißer Schrift vor blauem, durch eine rote Linie abgetrennten Bogen „Schöner lächeln, besser leben!“.
Außerhalb der Ordinationsräume des Beklagten befindet sich im Stiegenhaus ein weiteres über ein m 2 großes Schild, auf dem der Beklagte seine Berufsbezeichnung und Tätigkeitsbereiche anführt sowie auf ein zahntechnisches Labor und einen weiteren Zahnarzt samt Berufsbezeichnung und Tätigkeitsbereichen hinweist. Beim Namen des Beklagten befindet sich ‑ mittig dieses Schildes ‑ wieder der rote stilisierte Zahn. Weiters werden neun blaue Tafeln abgebildet, auf denen in weißen Lettern unter der Überschrift „Innovation, Technologie & Präzision“, „Servicequalität/Qualität“, „Herzlichkeit“, „Team“, „Ethik“, „Etwas Sinnvolles hinterlassen“, „Exzellenz“, „Strategie“ und „Kompetenz“ kurze Texte wiedergegeben sind. Der untere Rand des Schildes ist blau hinterlegt und weist in roten Lettern den Slogan „Schöner lächeln ‑ besser leben!“ auf.
Das Erstgericht verbot dem Beklagten über Antrag der Klägerin (unter anderem) mittels einstweiliger Verfügung, seine Werbung für seine zahnärztlichen Leistungen dadurch zu betreiben, dass er die Fassade und das Stiegenhaus des Gebäudes, in dem sich seine Ordination befinde, mit Plakaten versehe. Die Verwendung dieser der Schilderordnung der Zahnärztekammer widersprechenden Werbeschilder sei standeswidrig und erfülle den Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 UWG.
Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Beurteilung einer Ankündigung als Plakat iSd § 5 lit e WerbeRL iVm der zahnärztlichen Schilderordnung keine Rechtsprechung bestehe. Da die zusätzlich zum Ordinationsschild vom Beklagten an der Außenfassade und im Stiegenhaus angebrachten Tafeln eine Umgehung der von ihm zu beachtenden Schilderordnung der Zahnärztekammer sei, komme es nicht auf die Vertretbarkeit seiner Rechtsansicht an, es sei vielmehr zu prüfen, ob ein Verstoß gegen die Standesvorschrift vorliege. Die beanstandeten Schilder oder Tafeln seien als verbotene Plakate iSd § 5 lit e WerbeRL anzusehen. Sie hätten sowohl auf der Außenfassade als auch im Stiegenhaus einen hohen Auffälligkeitswert und seien eindeutig nicht als nach der Schilderordnung zulässige Ordinationsschilder aufzufassen. Auch wenn das an der Außenfassade angebrachte Plakat keine weiteren Kontaktdaten oder den Namen des Beklagten enthalte, weise es doch für einen durchschnittlichen Betrachter ohne nennenswerte Mühe auf die vom Beklagten in diesem Gebäude betriebene zahnärztliche Ordination hin. Dies ergebe sich nicht nur aus den typischen Leistungen des Zahnarztes (Implantologie, Vollkeramik und Prophylaxe), sondern auch aus der gleichen Grundfarbe, dem roten stilisierten Zahn und dem selben Slogan wie auf dem Ordinationsschild. Dadurch werde ebenso für die zahnärztliche Ordination des Beklagten geworben, wie mit dem gleichfalls über ein m 2 und daher unzulässig großen Schild im Stiegenhaus, das aufgrund der öffentlichen Zugänglichkeit genauso geeignet sei, bei potentiellen Kunden einen Werbeeffekt zu erzielen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Beklagten, mit dem er die Abweisung des Sicherungsbegehrens anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich der erkennende Senat bereits mit dem Verbot der Plakatwerbung im Rahmen der Werberichtlinien für den zahnärztlichen Beruf (WR‑ÖZÄK) befasst hat (4 Ob 161/10w, Zahnarzt‑Plakatwerbung). Dass ein völlig gleichartiger Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden wurde, begründet noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0107773).
Nach den von der Klägerin ihrem Begehren und den Vorinstanzen ihrem Verbot zugrunde gelegten Werberichtlinien gemäß § 35 Abs 5 ZahnärzteG (WR‑ÖZÄK) war sowohl nach Art 5 lit e zum Zeitpunkt der Klage als auch nach der seit 12. Jänner 2016 in Kraft befindlichen Neufassung (Art 5 lit f) Angehörigen des zahnärztlichen Berufs Fernseh‑, Radio‑, Kino‑ und Plakatwerbung untersagt. Die (zutreffende) Ansicht des Rekursgerichts, dass es bei der Beurteilung einer Werbeankündigung als Plakat nicht auf das Trägermaterial der Werbebotschaft ankommt, bestreitet der Beklagte nicht. Die von ihm aber bekämpfte Auffassung des Rekursgerichts, dass sowohl das großflächige Werbeschild an der Außenfassade des Hauses, in dem die Ordination des Beklagten untergebracht ist, als auch die Werbetafel im Stiegenhaus vor den Ordinationsräumlichkeiten einen Werbeeffekt haben und geeignet sind, den Wettbewerb nicht bloß unerheblich zugunsten des Beklagten zu beeinflussen, ist jedenfalls vertretbar. Dass der Beklagte bezweckt, mit dem großen Schild an der Außenfassade seine Auffindbarkeit für schon gewonnene Kunden zu verbessern, ändert nichts daran, dass dieses auffällige Schild im Zusammenhang mit den detaillierten Angaben zur Ordinationsöffnung und der sonstigen Erreichbarkeit auf dem eigentlichen Ordinationsschild sehr wohl geeignet ist, nicht nur bestehenden Kunden die Orientierung zu erleichtern, sondern darüber hinaus auch potentielle neue Kunden anzusprechen. Dies gilt gleichfalls auch für die Tafel im öffentlich zugänglichen Stiegenhaus. Hier kommt noch hinzu, dass sich der Werbeeffekt auch auf bereits behandelte Patienten bezieht, denen etwa durch die Anpreisung verschiedener Vorzüge der Ordination des Beklagten nahe gelegt werden soll, auch weiterhin diese Ordination aufzusuchen bzw die Geschäftsbeziehung zum Beklagten aufrecht zu erhalten.
Auf die als Schild im Sinn der Schilderordnung zulässige Größe der im Stiegenhaus angebrachten Tafel kommt es nicht an, weil sich deren Gestaltung ohnehin von einem Ordinationsschild im Sinn der Schilderordnung durch die dort aufzufindenden Werbebotschaften unterscheidet. Es liegt daher nahe, diese Tafel als Werbeplakat im Sinn der Werberichtlinie zu beurteilen. Auch in diesem Zusammenhang ist somit eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zu erkennen.
Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass weder verfassungs‑ noch unionsrechtliche Bedenken gegen Werbeverbote für Ärzte bestehen. Die Werbebeschränkung für Ärzte liegt nicht nur in deren wirtschaftlichen Interesse, sondern vor allem im Interesse der Allgemeinheit, sich bei der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen von sachlichen Erwägungen leiten zu lassen (4 Ob 142/12d mwN; RIS‑Justiz RS0108834, vgl auch RS0089509).
Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO.
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