OGH 13Os41/16b

OGH13Os41/16b18.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald L***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Jänner 2016, GZ 66 Hv 66/15f‑74, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00041.16B.0518.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Beschwerde werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Harald L***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. Mai 2015 in W***** Anneliese R***** mit Gewalt unter Verwendung einer Waffe mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen weggenommen, indem er ihr mit den Fäusten mehrfach auf den Kopf schlug, ihr mit einem Messer Schnittwunden an Gesicht und Hals zufügte und ihre Geldbörse samt Bargeld im Wert von 25 Euro an sich nahm.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die Verfahrensrüge (Z 4) geht fehl. In der Hauptverhandlung vom 3. November 2015 hatte der Angeklagte ausgesagt, ein ihm nicht bekannter Tatzeuge, der gesehen habe, dass sich noch ein weiterer Mann am Tatort befunden habe, habe sich bei seinen Eltern gemeldet und dort seinen Namen sowie seine Adresse in Istanbul hinterlassen (ON 40 S 12 ff). In der Folge stellte der Verteidiger den Antrag auf „Einvernahme des Zeugen Altan C***** [...] zum Beweis dafür, dass der Angeklagte weder den Raub begangen noch das Opfer verletzt hat“. Zur Begründung verwies er darauf, dass dieser Zeuge nach den Angaben des Angeklagten unmittelbar anwesend gewesen sei und das Tatgeschehen beobachtet habe sowie dass nach seinen Angaben noch eine zweite Person vor Ort gewesen sei, die die hier inkriminierte Tat verübt habe (ON 40 S 67).

Die Abweisung dieses Antrags (ON 73 S 5) erfolgte zu Recht, weil die umfassenden Erhebungen (vgl RIS‑Justiz RS0108361) dazu nach der Aktenlage keine Hinweise auf die tatsächliche Existenz dieses Zeugen ergaben. So berichtete die Landespolizeidirektion Wien, dass die Eltern des Angeklagten nach ihren eigenen Angaben keine Kenntnis von dem angeblichen Tatzeugen hatten (ON 44 S 3 f) und auch die eingeleiteten Auslandserhebungen bei der türkischen Nationalpolizei blieben ergebnislos (ON 61, 61a). Demnach zielte der Beweisantrag auf (faktisch) Unmögliches (§ 55 Abs 2 erster Satz StPO; vgl Schmoller, WK‑StPO § 55 Rz 82).

Dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben sich die Tatrichter mit den Angaben des Opfers, wonach es den Einsatz des Messers und die Zufügung der Schnittwunden nicht bemerkt habe, in den Entscheidungsgründen auseinandergesetzt (US 8, 11).

Dass sich nach dem eingeholten DNA‑Gutachten auf der Klinge des beim Raub verwendeten Messers neben dem Merkmalmuster des Harald L***** noch das Merkmalmuster zumindest eines unbekannten Individuums befindet (ON 62 S 7), hat das Erstgericht ‑ auch nach dem Beschwerdevorbringen ‑ ausdrücklich berücksichtigt. Der in Ansehung dieses Beweisergebnisses erhobene Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) verfehlt solcherart sein Ziel.

Entgegen der insoweit nicht näher erklärten Beschwerdebehauptung kann aus der Tabelle 6.2a des Prüfberichts der Medizinischen Universität Innsbruck, Institut für Gerichtliche Medizin (ON 62 S 11 ff), betreffend den Abrieb von der Messerklinge aus dem Ergebnis „Amelo‑“ „X/Y“ (ON 62 S 23) eine Frau als zweite Spurenverursacherin nicht ausgeschlossen werden. Der Einwand zu Unrecht unterlassener Erörterung dieses Untersuchungsergebnisses (Z 5 zweiter Fall) geht demgemäß schon wegen der nicht zutreffenden Prämisse fehl.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Die gegen das Urteil angemeldete Beschwerde (ON 77) war als unzulässig zurückzuweisen, weil gegen Urteile der Landesgerichte als Schöffengerichte nur die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung offenstehen (§ 280 StPO). Einen gemäß § 494a Abs 4 StPO gemeinsam mit dem angefochtenen Urteil zu verkündenden und auszufertigenden Beschluss hat das Erstgericht nicht gefasst (vgl ON 73 S 6 f; ON 74).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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