OGH 13Os145/15w

OGH13Os145/15w9.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schönmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Ibrahim P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 28. Oktober 2015, GZ 37 Hv 105/15w‑49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ibrahim P***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Neunkirchen in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 2015 Pinar P***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie an den Oberarmen packte, zu Boden drückte und trotz Gegenwehr des Opfers seinen Penis in ihre Scheide einführte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die Verfahrensrüge (Z 3) macht einen Verstoß gegen § 250 Abs 1 letzter Satz (§ 250 Abs 2) StPO geltend, weil dem (durch einen Verteidiger vertretenen) Angeklagten der Inhalt der Aussage der in seiner Abwesenheit vernommenen Zeugin Pinar P***** nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Da aber der Vorsitzende, worauf die Beschwerde selbst verweist, dem Angeklagten die akustische Mitverfolgung der Zeugenaussage ermöglicht hatte (ON 48 S 17) und dieser nach dem Wiedereintreten in den Verhandlungssaal bestätigte, dass er der Vernehmung auch tatsächlich akustisch folgen konnte (ON 48 S 34), ist unzweifelhaft erkennbar, dass die Formverletzung auf die Entscheidung keinen nachteiligen Einfluss üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO; RIS‑Justiz RS0098252 [insbesondere T5]).

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) hat das Erstgericht den Antrag auf „Einvernahme der Polizeibeamtin BI S***** zum Beweis dafür, dass die Frau P***** von sich aus (Pille einnehmen, Angst Kind, etc) erzählt hat und das keine Erfindung der Polizei ist“ (ON 48 S 44), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen. Denn die Tatrichter brachten unmissverständlich zum Ausdruck, es als erwiesen anzusehen (vgl SSt 2007/15), dass „keine Erfindungen der Polizei im Protokoll stehen“ (ON 48 S 44). Übereinstimmend damit führten sie aus, dass „ein derartiges Detail“ (bezogen auf die Abweichung zwischen der polizeilichen und der gerichtlichen Vernehmung, ob das Opfer den Angeklagten ersuchte, nicht in der Scheide zu ejakulieren, weil sie keine Pille nehme und nicht schwanger werden wolle [ON 48 S 23 im Gegensatz zu ON 2 S 21]) nicht ohne entsprechende Angaben der Zeugin in das Protokoll der Polizei aufgenommen worden sei (US 7; vgl zur Notwendigkeit der Einschätzung im Urteilszeitpunkt Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 342). Mit den Unterschieden zwischen Angaben der dennoch insgesamt als glaubwürdig beurteilten (insbesondere US 6) Belastungszeugin vor der Polizei und in der Hauptverhandlung hat sich der Schöffensenat im Übrigen eingehend auseinandergesetzt (US 5 ff).

Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermissten Feststellungen über einen „tatsächlichen oder bloß vom Angeklagten vermuteten und auch wahrgenommenen Widerstand“ finden sich ‑ solcherart übergangen ‑ auf US 4 f iVm US 18.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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