OGH 15Os5/16y

OGH15Os5/16y17.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz L***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Oktober 2015, GZ 95 Hv 73/15y‑172, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00005.16Y.0217.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Franz L***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und § 15 StGB (A./1./), des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB (B./), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (C./), der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (E./) sowie des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (G./) schuldig erkannt.

Danach hat er ‑ soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑

G./ im Dezember 2013 dadurch, dass er im Auftrag von Laszlo F***** mit dem unbekannten Mittäter „A*****“ das Juweliergeschäft B***** in *****, als möglichen Tatort aussuchte, dieses auskundschaftete und den Inhaber vor der Tat persönlich aufsuchte, um einen Kauf anzukündigen, und unmittelbar vor der Tat mehrmals telefonisch kontaktierte sowie in der Folge die Informationen an die unmittelbaren Täter weitergab, zur strafbaren Handlung von Attila T*****, Gabor N***** und den unbekannten Tätern „A*****“ und „K*****“ beigetragen, die am 21. Dezember 2013 in *****, als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung mit Gewalt gegen Werner B***** diesem fremde bewegliche Sachen, nämlich zehn Schmuckstücke und 112 Stück Uhrenbatterien im Gesamtwert von 21.663,16 Euro, mit dem Vorsatz wegnahmen, sich oder einen Dritten durch deren Zugang unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil wendet sich die auf Z 3, 4, 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Die auf Z 9 lit b gestützte Rechtsrüge wendet in Bezug auf die nicht vom ursprünglichen Europäischen Haftbefehl (ON 56) umfassten Taten das Vorliegen eines Verfolgungshindernisses ein, weil der Angeklagte nicht auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität verzichtet habe (§ 31 Abs 2 EU‑JZG; ON 84, 91, 121), unterlässt es aber mit Blick auf die ‑ in der Hauptverhandlung verlesene (ON 171 S 29) ‑ Mitteilung des (Ungarischen) Justizministeriums über die auf Ersuchen der Österreichischen Behörden (dem auch die der Wahrung des rechtlichen Gehörs dienende Erklärung des Nichtigkeitswerbers gemäß § 31 Abs 4 EU‑JZG angeschlossen war; ON 122, 142) erteilte Bewilligung der nachträglichen Übergabe von Franz L***** durch Beschluss des Hauptstädtischen Gerichtshofs vom 26. Februar 2015, AZ 32.Bpk.61/2015/4 (ON 150), ‑ prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0122332) ‑ ein auf ein solches Verfolgungshindernis hinweisendes Sachverhaltssubstrat zu benennen.

Die Kritik (Z 3), das rechtliche Gehör des Angeklagten sei beschnitten worden, weil er ‑ nach dem Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde ‑ über die Bewilligung der nachträglichen Übergabe, die urkundlich im Akt erliegt, nicht gesondert informiert worden wäre, geht schon deshalb fehl, weil sie keine Verletzung einer in § 281 Abs 1 Z 3 StPO taxativ aufgezählten Bestimmung anspricht, die den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund darstellen würde (vgl RIS‑Justiz RS0099118).

Bloße Spekulation bleibt das weitere Vorbringen des Rechtsmittels (Z 4), der „Haupttäter und Bandenboss“ habe sich zur Zeit der Hauptverhandlung „nach Mitteilung von Kriminalpolizisten an den Angeklagten“ in der Justizanstalt Josefstadt befunden und „war die Vorsitzende nach Meinung des Angeklagten hiervon in Kenntnis bzw hätte Kenntnis haben müssen“, weshalb es sich einer inhaltlichen Erwiderung entzieht.

Mit der Verantwortung des Angeklagten, den Tatplan nicht genau gekannt zu haben, insbesondere welche Art von Gewalt zu welchem Zweck angewendet werden sollte, hat sich das Erstgericht ‑ dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider ‑ auseinandergesetzt (US 18). Jene Teile seiner Aussage, wonach er „lediglich unter Druck der Organisation“ gehandelt habe, waren nicht gesondert erörterungsbedürftig, bezogen sie sich doch nicht auf eine schuld‑ oder subsumtionsrelevante Tatsache (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399).

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) vorbringt, der Angeklagte habe „den Tatplan lediglich zumindest in groben Umrissen gekannt“ und es könne daher nicht beurteilt werden, ob sein Handeln tatsächlich einem schweren Raub (§§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB) zu unterstellen sei, geht sie nicht ‑ wie dies bei Geltendmachung materiell‑rechtlicher Nichtigkeit erforderlich wäre (RIS‑Justiz RS0099810) ‑ von den gegenteiligen Konstatierungen des Erstgerichts aus. Danach wusste der Angeklagte, dass es sich „bei den Tätern um eine kriminelle Vereinigung handelte“. Er hielt es (gemeint: ernstlich) für möglich, dass die unmittelbaren Täter mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben vorgingen und fand sich damit ab (US 16). Darauf ist der Rechtsmittelwerber auch mit seinem weiteren Vorbringen zu verweisen, „allenfalls“ sei der Vorsatz hinreichend um seinen Tatbeitrag einem anderen, weniger gravierenden Delikt zu unterstellen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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