OGH 11Ns2/16g

OGH11Ns2/16g1.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Februar 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Fawad M***** wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG, in dem zu AZ 32 U 212/15z des Bezirksgerichts Donaustadt und zu AZ 15 U 179/15b des Bezirksgerichts Graz‑West zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 60 Abs 1 Satz 2 OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110NS00002.16G.0201.000

 

Spruch:

Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Bezirksgericht Graz‑West zuständig.

Gründe:

Mit beim Bezirksgericht Donaustadt eingebrachtem Strafantrag vom 12. November 2015 legte die Staatsanwaltschaft Wien Fawad M***** ein als Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG beurteiltes Verhalten zur Last, wobei es diesem den Besitz von 2,1 Gramm Marihuana (mit Wirkstoff THC) am 2. Juni 2015 in Wien 22 sowie von 0,6 Gramm Cannabiskraut (mit Wirkstoff THC) und einer Tablette Tramal (mit Wirkstoff Tramaldolhydrochlorid) am 2. März 2015 in 8020 Graz (Bezirk Gries, daher im Sprengel des Bezirksgerichts Graz‑West) zur Last legte.

Das Bezirksgericht Donaustadt überwies die Sache mit Beschluss vom 16. November 2015 mit der Begründung dessen örtlicher Zuständigkeit für die frühere Straftat gemäß §§ 36 Abs 3, 37 Abs 2 zweiter Satz StPO dem Bezirksgericht Graz‑West (ON 1 S 3). Dieses erklärte sich mit Beschluss vom 26. November 2015 wegen vermeintlicher Zuständigkeitsbegründung über die das Ermittlungsverfahren leitende Staatsanwaltschaft (§ 37 Abs 2 dritter Satz StPO) für örtlich unzuständig und verfügte (entgegen der in § 38 letzter Satz StPO diesfalls angeordneten Aktenvorlagen an den Obersten Gerichtshof) die Rückabtretung des Strafverfahrens an das Bezirksgericht Donaustadt (ON 13; ON 1 S 4).

Mit am 12. November 2015 beim Bezirksgericht Graz‑Ost (ON 5 in AZ 217 U 396/15w) eingebrachten Strafantrag wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 (Z 1 zweiter Fall), Abs 2 SMG legt die Staatsanwaltschaft Graz Fawad M***** den (privilegierten) Besitz von Suchtgift, nämlich von (zumindest) 0,4 Gramm Cannabiskraut am 26. Mai 2015 in Graz „und an anderen Orten“ zur Last.

Das Bezirksgericht Donaustadt verfügte am 23. Dezember 2015 (ON 1 S 4) die gemeinsame Führung mit dem zuvor genannten Strafverfahren AZ 217 U 396/15w des Bezirksgerichts Graz‑Ost gemäß § 37 (Abs 3) StPO sowie (unter Hinweis auf die eingangs dargelegten Zuständigkeitserwägungen) gemäß § 38 letzter Satz StPO die Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof.

Rechtliche Beurteilung

Dieser hat erwogen:

Für das Hauptverfahren ist ‑ soweit hier von Bedeutung ‑ gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO jenes Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde. Wird eine Person wegen mehrerer Straftaten angeklagt, ist das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen (§ 37 Abs 1 erster Satz StPO). In diesem Fall kommt die Führung des Verfahrens ‑ soweit hier relevant ‑ gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO jenem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt. Eine Zuständigkeitsbegründung über die das Ermittlungsverfahren leitende Staatsanwaltschaft kommt ‑ entgegen der Rechtsansicht des Bezirksgerichts Graz‑West ‑ im bezirksgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht, weil § 37 Abs 2 dritter Satz StPO auf die ermittlungsführende Staatsanwaltschaft am Sitz des Landesgerichts abstellt (RIS‑Justiz RS0129078; Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 6).

Da die früheste dem Angeklagten zur Last gelegte Tat in die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Graz‑West fällt, ist dieses Gericht gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz (iVm § 36 Abs 3 erster Satz) StPO für die Führung des gesamten Strafverfahrens zuständig.

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