OGH 14Os140/15t

OGH14Os140/15t26.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zabl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Besim B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 6. Oktober 2015, GZ 37 Hv 82/15p‑20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00140.15T.0126.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Besim B***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 29. März 2015 in W***** Sabine D***** durch Entziehung der persönlichen Freiheit und mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie gegen ihren erklärten Willen daran hinderte, sein Haus zu verlassen, sie im Schlafzimmer auf das Bett drückte, dort mit seinem Körper fixierte, ihr die Hose auszog und gegen ihren Willen mit ihr den Beischlaf vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag auf „Auswertung der Spuren“, die auf einer (von der Polizei auf der Couch im Wohnzimmer vorgefundenen [vgl ON 2 S 35]) Decke gesichert worden waren, „zum Beweis dafür, dass auch bereits im Wohnzimmer entgegen der Darstellung der Zeugin sexuelle Handlungen stattgefunden haben“ (ON 19 S 42 f), zu Recht abgewiesen. Das angebotene Beweismittel war nämlich nicht geeignet, das ‑ mit dem Ziel der Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Tatopfers genannte ‑ Thema unter Beweis zu stellen, weshalb der Antrag auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet war ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 330, 340). Wie das Erstgericht zutreffend erkannte (ON 19 S 43), ließen selbst eindeutige Hinweise auf die Vornahme (nicht näher bezeichneter) „sexueller Handlungen“ auf der genannten Bettdecke keinen verlässlichen Schluss zu, wo und wann diese Handlungen stattgefunden haben (vgl die divergierenden Angaben zum Lageort der Decke im Tatzeitpunkt [ON 7 S 55 und ON 19 S 42]).

Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite „aus dem objektiven Geschehen“ (US 14) ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden und bei ‑ wie hier ‑ leugnenden Angeklagten meist auch nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0116882).

Die in diesem Zusammenhang von der weiteren Mängelrüge (Z 5 erster Fall) kritisierte Begründungspassage, für den Beschwerdeführer sei „klar ersichtlich“ gewesen, „dass Sabine D***** mit ihm keinen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr durchführen wolle“, er habe sich jedoch „durch die von ihm gesetzten Handlungen und Worte“ über ihren Willen hinwegsetzen und seinen (auf Vornahme des vaginalen Geschlechtsverkehrs gerichteten [US 5]) „Willen durch Entziehung der persönlichen Freiheit durchsetzen“ wollen (US 14), erfasst ‑ aus Sicht des Obersten Gerichtshofs ‑ für alle relevanten Urteilsadressaten unzweifelhaft erkennbar sämtliche Elemente bedingten Vorsatzes (RIS‑Justiz RS0117995; 17 Os 10/14w).

Mit der Behauptung, bei selektiv herausgegriffenen Urteilserwägungen zu den Angaben des Zeugen (vom Hörensagen) Romeo F***** handle es sich „um eine reine Scheinbegründung“, wird im Ergebnis bloß die tatrichterliche Annahme der Glaubwürdigkeit des Tatopfers nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung kritisiert.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich darin, Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen ohne Aktenbezug lediglich aus den Urteilsgründen abzuleiten und verlässt damit den gesetzlichen Anfechtungsrahmen (RIS‑Justiz RS0119424).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte