OGH 1Ob233/15v

OGH1Ob233/15v22.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A***** S*****, vertreten durch die Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei S***** S.L., *****, Spanien, vertreten durch Dr. Hannes Wiesflecker, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 69.105,18 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 16. Oktober 2015, GZ 2 R 226/15x‑15, mit dem der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Rattenberg vom 3. August 2015, GZ 1 C 189/15v‑11, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00233.15V.1222.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine meritorische Erledigung des Rekurses aufgetragen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.052,42 EUR (darin 342,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Nachdem die Beklagte eine entsprechende Einrede erhoben hatte, wies das Erstgericht die Klage wegen internationaler Unzuständigkeit zurück. Dieser Beschluss wurde dem Rechtsvertreter des Klägers am 6. 8. 2015 zugestellt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den dagegen erhobenen Rekurs des Klägers, der im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs am 31. 8. 2015 eingebracht worden war, über entsprechenden Antrag der Rekursgegnerin als verspätet zurück und erklärte den Revisionsrekurs für nicht zulässig. Der Rekurs sei nach Ablauf der 14‑tägigen Rekursfrist erhoben worden; ein Anwendungsfall des § 521 Abs 1 Satz 2 ZPO liege nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Zutreffend verweist der Revisionsrekurswerber darauf, dass das Rekursgericht die in § 222 Abs 1 Satz 2 ZPO geregelte Fristenhemmung unbeachtet gelassen hat. Danach wird die Frist um die ganze Dauer oder um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der verhandlungsfreien Zeit verlängert, wenn der Beginn der Frist in die verhandlungsfreie Zeit fällt.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses am 6. 8. 2015, also während des in § 222 Abs 1 Satz 1 ZPO vorgesehenen Zeitraums zwischen dem 15. 7. und dem 17. 8.. In diesen Fällen steht den Prozessparteien dieselbe Frist zur Verfügung, als hätte eine Zustellung am letzten Tag der verhandlungsfreien Zeit stattgefunden. (RIS‑Justiz RS0036272). Eine 14‑tägige Rekursfrist, die am 18. 8. um 00:00 Uhr beginnt, endet daher bei einer Zustellung während der verhandlungsfreien Zeit im Sommer stets am 31. 8. (um 24:00 Uhr), der somit als letzter Tag für die Erhebung des Rechtsmittels zur Verfügung steht. Da der Rechtsvertreter des Klägers den Rekurs an diesem Tag im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht hat, hat er entgegen der Auffassung des Rekursgerichts die Rechtsmittelfrist gewahrt.

Das Rekursgericht wird den Rekurs daher im fortgesetzten Verfahren meritorisch zu behandeln haben. Auf die im Revisionsrekurs enthaltenen inhaltlichen Erwägungen zur Berechtigung des Rekurses kann der Oberste Gerichtshof mangels funktionaler Zuständigkeit nicht eingehen.

Die Beklagte hat mit dem Zurückweisungsantrag in ihrer Rekursbeantwortung einem Zwischenstreit über die Rechtzeitigkeit des Rekurses begonnen (vgl 1 Ob 105/11i), in dem sie unterlegen ist. Sie hat den Kläger daher die dadurch zusätzlich entstandenen Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen. Die verzeichnete Pauschalgebühr ist allerdings nicht angefallen, weil kein Fall des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO vorliegt.

Stichworte