OGH 1Nc62/15f

OGH1Nc62/15f2.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 33 Cg 25/15m anhängigen Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch die Schlosser Péter Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 1.458.621,18 EUR sA, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010NC00062.15F.1202.000

 

Spruch:

1. Der Delegierungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Zur Verhandlung und Entscheidung über die Amtshaftungsklage wird das Landesgericht Wels als zuständig bestimmt.

Begründung

Die Klägerin begehrt mit der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Amtshaftungsklage vom Bund den Ersatz von 1.458.621,18 EUR sA. Die geltend gemachten, ihr von einer Prozesspartei (Mandantin) abgetretenen Ansprüche leitet sie aus Entscheidungen des Handelsgerichts Wien sowie des Oberlandesgerichts Wien als Rechtsmittelgericht im Zwischenstreit über Kostenbestimmungsanträge betreffend ein Beweissicherungsverfahren ab. Sie beantragte die Delegierung an einen Gerichtshof erster Instanz außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Wien.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG vor.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der Judikatur sind die Fälle des § 9 Abs 4 AHG solche notwendiger und der Parteidisposition entzogener Delegierung (vgl nur die Nachweise bei Schragel, AHG 3 Rz 255). Ein Antragsrecht kommt den Parteien insoweit nicht zu (RIS‑Justiz RS0056449 [T27]). Ein förmlicher Delegierungsantrag einer Partei gemäß § 9 Abs 4 AHG ist daher als unzulässig zurückzuweisen (1 Ob 153/15d = RIS‑Justiz RS0056449 [T33] mwN).

2. Es liegen aber die Voraussetzungen für eine Delegierung von Amts wegen vor. Gemäß § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landesgerichts oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG ist daher erfüllt, wenn die Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RIS‑Justiz RS0056449 [T32]). Das ist hier der Fall.

Es ist somit ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Wien zur Erledigung der Rechtssache als zuständig zu bestimmen.

Stichworte