OGH 1Nc61/15h

OGH1Nc61/15h24.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski und Mag. Wurzer als weitere Richter in der beim Oberlandesgericht Graz zu AZ 5 Nc 4/15d anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers U***** R*****, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010NC00061.15H.1124.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Graz zurückgestellt.

Begründung

Der Antragsteller, der sich unter anderem als „Commander Captain General Graf Sir U***** von G*****“, als „Gesandter Gottes“ und als „Präsident der United World Energy“ bezeichnet, brachte beim Oberlandesgericht Graz einen als „Amtshaftungsklage“ bezeichneten (nicht unterfertigten) Schriftsatz ein, in dem er einen „gefühlten Schaden“ von 738 Millionen EUR behauptet, den er wegen unterlassener Hilfeleistung durch die österreichischen ausländischen Vertretungsbehörden in Ägypten und eineinhalbjähriger „staatlicher Geiselhaft“ erlitten habe. In der Folge präzisierte er seine Vorwürfe dahin, dass er von den österreichischen Vertretungsbehörden keinerlei Hilfestellung erhalten habe und ihm von der österreichischen Botschaft über eineinhalb Jahre lang kein Reisepass ausgestellt worden sei. Anlässlich einer Rechtsbelehrung durch das vom Oberlandesgericht Graz ersuchte Bezirksgericht Graz‑Ost wurde der Antragsteller über die Möglichkeit der Verfahrenshilfe informiert und aufgefordert, einen entsprechenden Antrag samt Vermögensbekenntnis binnen 14 Tagen bei diesem Bezirksgericht einzubringen, wobei er mit einer Abweisung wegen Aussichtslosigkeit aufgrund eingetretener Verjährung rechnen müsse. Der Antragsteller erklärte, seine Eingabe möge sowohl als Verfahrenshilfeantrag als auch als Klage gewertet werden, auch damit die Verjährungsfrist gewahrt werde. Er legte in der Folge aber weder ein Vermögensbekenntnis noch einen ausdrücklichen Verfahrenshilfeantrag vor. Gegenüber dem genannten Bezirksgericht hatte er erklärt, er verfüge lediglich über die Mindestsicherung und könne ohne Gefährdung seines Unterhalts keinen Rechtsanwalt heranziehen, weshalb er Verfahrenshilfe benötige.

Das Oberlandesgericht Graz legte die Akten dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen vor, in analoger Anwendung des § 28 Abs 1 Z 2 JN iVm § 9 Abs 1 AHG ein inländisches Landesgericht als örtlich zuständig zu bestimmen.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordinationsentscheidung nach § 28 Abs 4 JN liegen nicht vor.

Nach der genannten Gesetzesstelle hat die Bestimmung eines zuständigen Gerichts durch den Obersten Gerichtshof in streitigen bürgerlichen Rechtssachen nur auf Antrag einer Partei zu erfolgen. Auch wenn die Ordination in der Regel nur für einen bestimmten Anspruch, der im streitigen Verfahren grundsätzlich durch Vorlage einer Klage entsprechend zu individualisieren ist, bewilligt werden kann (RIS‑Justiz RS0046300), wird es auch als ausreichend angesehen, wenn dem Ordinationsantrag der gesamte Klagsinhalt zu entnehmen ist, was dann die zur Individualisierung des Anspruchs in der Regel erforderliche Vorlage der Klage entbehrlich macht (RIS‑Justiz RS0046300 [T2]). Da es im vorliegenden Fall bereits an einem Ordinationsantrag mangelt, kommt eine Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof nicht in Betracht.

Der Antragsteller wird zweckmäßigerweise darüber zu belehren sein, dass ein solcher (begründeter) Antrag (s dazu auch RIS‑Justiz RS0036093) beim Obersten Gerichtshof zu stellen ist.

Stichworte