European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00035.15T.1117.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Der Vater war zuletzt zur Zahlung von 280 EUR monatlich für jeden der beiden Minderjährigen verpflichtet. Am 25. 6. 2014 beantragten die Minderjährigen eine Erhöhung des Unterhalts ab 1. 7. 2011. Der Vater sprach sich gegen eine Erhöhung aus und brachte (unter anderem) vor, dass das ihm vom Dienstgeber ausbezahlte Kilometergeld eine reine Aufwandsentschädigung darstelle und daher gänzlich von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen sei. Das gelte auch für allfällige Guthaben beim Lohnsteuerausgleich, die sich lediglich aufgrund der Auszahlung des Kilometergeldes ergäben. Da das Fahrzeug für die Erhaltung der Arbeitskraft erforderlich sei, seien die dafür aufzuwendenden Leasingraten ebenfalls zu berücksichtigen.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater für den mj N***** und den mj B***** jeweils von 1. 1. 2012 bis 31. 12. 2012 350 EUR monatlich, von 1. 1. 2013 bis 31. 8. 2014 330 EUR monatlich sowie ab 1. 9. 2014 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit für den mj N***** 310 EUR und für den mj B***** 370 EUR monatlich zu zahlen. Den Antrag auf Unterhaltserhöhung für 2011 wies es (rechtskräftig) ab.
Es ging dabei von einem zu berücksichtigenden Jahreseinkommen des Vaters für das Jahr 2012 von 24.983,85 EUR und für 2013 von 25.767,24 EUR (inkl. Sonderzahlungen und Kilometergeld, abzüglich eines Kinderzuschusses) aus. Für dienstlich gefahrene Kilometer setzte es 0,21 EUR pro Kilometer an und rechnete darauf das vom Dienstgeber ausbezahlte Kilometergeld und die Rückvergütung durch das Finanzamt an. Den Überschuss rechnete es in die Bemessungsgrundlage ein, den vom Dienstgeber bezahlten Energiezuschuss und die Kosten „für Geschenke“ zog es zur Hälfte ab, wodurch sich eine monatliche Bemessungsgrundlage von 2.149 EUR für 2012 und von 2.202 EUR ab 1. 1. 2013 errechnete.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und bestätigte den Beschluss mit einer Maßgabe hinsichtlich der Abweisung des Mehrbegehrens.
Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage ging es von den Lohnzetteln für 2012 und 2013 aus. Aus den Jahresbruttobezügen abzüglich Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer ergebe sich ein Monatsnettoeinkommen für 2012 von 2.070 EUR und für 2013 von 2.130 EUR ohne Berücksichtigung des Kilometergeldes. Die berufsbedingten Fahrten seien durch das Kilometergeld (unter Zugrundlegung von 0,42 EUR pro Kilometer) und die Rückvergütung durch das Finanzamt (unter Zugrundlegung von 0,21 EUR pro Kilometer) jedenfalls angemessen abgegolten. Eine weitere Verminderung der Bemessungsgrundlage sei nicht erforderlich. Ausgehend davon sei der Vater in der Lage den festgesetzten Unterhalt zu leisten.
Über Antrag des Vaters erklärte das Rekursgericht den Revisionsrekurs nachträglich für zulässig, weil die Frage, ob bei einem hohen Umfang berufsbedingter Fahrten ein weiterer Abzug von der Unterhaltsbemessungsgrundlage vorzunehmen sei, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe.
Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Zulassungsausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) liegt eine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vor.
1. Nach § 52 Abs 2 AußStrG kann das Rekursgericht, wenn es erwägt, von den Feststellungen des Erstgerichts abzuweichen, nur dann von der neuerlichen Aufnahme eines in erster Instanz unmittelbar aufgenommenen Beweises Abstand nehmen, wenn es vorher den Parteien bekannt gegeben hat, dass es gegen die Würdigung dieses Beweises durch das Erstgericht Bedenken habe, und ihnen Gelegenheit gegeben hat, eine neuerliche Aufnahme dieses Beweises durch das Rekursgericht zu beantragen. Diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur auf unmittelbar aufgenommene Beweise. Soweit das Erstgericht daher seine Feststellungen nicht aufgrund unmittelbar aufgenommener Beweise getroffen hat, darf das Rekursgericht diese abändern oder auch ergänzen, ohne die in § 52 Abs 2 AußStrG vorgesehene Vorgangsweise einzuhalten (vgl RIS‑Justiz RS0126460, RS0122252).
Da das Erstgericht seine Feststellungen ausschließlich auf Grundlage der vom Vater vorgelegten Urkunden getroffen hat, ist nicht zu beanstanden, wenn das Rekursgericht diese durch Heranziehung der vom Vater vorgelegten Lohnzettel ergänzte.
2. Dass die vom Rekursgericht herangezogenen Beträge für Bruttoeinkünfte, Steuern und Abgaben unrichtig sind, behauptet auch der Rechtsmittelwerber nicht. Im Revisionsrekurs wird zwar von einem anderen anrechenbaren Jahresnettoeinkommen ausgegangen als im angefochtenen Beschluss, es wird aber nicht dargelegt, welche Einkünfte das Rekursgericht nicht berücksichtigt hätte, bzw ‑ mit Ausnahme des Mehraufwands für beruflich gefahrene Kilometer ‑ welche Abzüge zusätzlich hätten vorgenommen werden müssen.
3. In erster Instanz hat sich der Rechtsmittelwerber nur darauf berufen, dass aufgrund seiner dienstlichen Fahrten das Kilometergeld und das Guthaben beim Finanzamt nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Dass diese Dienstfahrten darüber hinaus ‑ und gegebenenfalls in welchem Umfang und mit welchem tatsächlichen Aufwand ‑ auch zu einer weiteren Verminderung der sich aus den sonstigen Einkünften ergebenden Bemessungsgrundlage führen, wurde dagegen nicht geltend gemacht. Dieses erstmals im Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts erstattete Vorbringen stellt daher eine unbeachtliche Neuerung dar. Auch im außerstreitigen Verfahren sind Neuerungen nicht uneingeschränkt zulässig. Vorbringen, das in erster Instanz bereits möglich war, ist im Rechtsmittelverfahren ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0110773). Eine Änderung der rechtlichen Argumentation bzw die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunktes bei der rechtlichen Beurteilung ist im Rechtsmittelverfahren nur zulässig, sofern die erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet oder festgestellt wurden (RIS‑Justiz RS0016473).
4. Dass der Unterhalt der Minderjährigen ausgehend von dem vom Rekursgericht angenommenen Nettoeinkommen des Unterhaltsschuldners ohne Berücksichtigung des Kilometergeldes und der Rückvergütung durch das Finanzamt unrichtig berechnet wurde, wird im Revisionsrekurs nicht behauptet.
Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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