OGH 1Ob143/15h

OGH1Ob143/15h27.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. J***** C*****, und 2. Dr. A***** H*****, Großbritannien, vertreten durch Dr. Christophe Braun, Rechtsanwalt in Salzburg, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Parteien H***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Rüdiger Hanifle, Rechtsanwalt in Zell am See, gegen die beklagte Partei DDr. M***** K*****, emeritierter Rechtsanwalt, *****, vertreten durch Mag. Erich Frenner, Rechtsanwalt in Saalfelden, sowie den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei A***** D*****, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Kitzbühel, wegen 50.000 EUR, über die Revision des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei (Revisionsinteresse 40.000 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. April 2015, GZ 6 R 63/15z‑96, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 31. Oktober 2014, GZ 5 Cg 5/10x‑83, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00143.15H.0827.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sowie die Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu tragen.

Begründung

Die Kläger schlossen am 27. 12. 2007 einen dem BTVG unterliegenden Kaufvertrag über die Errichtung eines Almhauses mit einer in Liechtenstein ansässigen Aktiengesellschaft ab, wobei der Vertrag vom Beklagten verfasst worden war, der auch als Treuhänder fungierte. Nach dem Vertragstext sollte der Gesamtkaufpreis von 205.000 EUR vom Beklagten „mit jeweiliger Vorlage einer schriftlichen Bestätigung eines Bausachverständigen über den festgestellten und vertraglich vereinbarten Baufortschritt“ anteilig an die Verkäuferin weitergeleitet werden, wobei 50 % binnen 10 Tagen nach Vertragsunterfertigung, je 20 % nach Fertigstellung der Bodenplatte und nach Errichtung des Holzhauses sowie je 5 % „bei Rohinstallationen und Verglasungen“ bzw nach vollständiger Fertigstellung und Übergabe des Hauses fließen sollten. Der Beklagte führte Auszahlungen von insgesamt 95 % des Kaufpreises durch, ohne die vertraglich vorgesehene schriftliche Bestätigung eines Bausachverständigen über den Baufortschritt eingeholt zu haben; er begnügte sich mit einer Bestätigung des nunmehr auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenienten, der als Geschäftsführer des Subunternehmers der Verkäuferin mit der Herstellung des Hauses befasst war. Nachdem sowohl über das Vermögen dieses Unternehmens als auch über das der Verkäuferin der Konkurs eröffnet worden war, teilte der Beklagte den Klägern mit, dass das Almhaus nicht von der Verkäuferin fertiggestellt würde. Ein vom Beklagten beauftragter Sachverständiger erklärte in einem Gutachten, dass sich der Fertigstellungsgrad des Objekts der Kläger auf (nur) 35 % belaufe und die geschätzten Fertigstellungskosten auf Grundlage eines Angebots der Nebenintervenientin auf Seiten der Kläger rund 135.000 EUR betragen würden. Der Rechtsvertreter der Kläger forderte den Beklagten, der als Treuhänder nahezu den gesamten Kaufpreis zur Auszahlung gebracht hatte, zur Leistung von Schadenersatz auf, wobei er in insgesamt 10 Schadenspositionen unter anderem 135.000 EUR an Fertigstellungskosten und 11.000 EUR an Vertragsstrafe wegen verspäteter Fertigstellung forderte. Der Beklagte erklärte daraufhin, bestimmte Forderungspositionen, unter anderem die beiden genannten, dem Grunde nach als richtig anzuerkennen. Die Kläger nahmen auch sein Angebot, eine „Ausfallshaftung“ zu übernehmen, an. Nachdem sie die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin mit der Fertigstellung des Hauses beauftragt hatten und diese mit zwei Teilrechnungen Teilzahlungen von 10.000 EUR und 40.000 EUR angefordert hatte, teilte der Beklagte dem Rechtsvertreter der Kläger in einem E‑Mail vom 8. 10. 2009 mit, dass er die Sicherstellung der ersten zwei Teilzahlungen für die Kläger bestätige. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hatte der Beklagte die Absicht, damit die an ihn gerichteten Forderungen der Kläger anzuerkennen. Er forderte in der Folge auch seine Haftpflichtversicherung auf, den ersten Betrag von 10.000 EUR direkt an den Rechtsvertreter der Kläger zu überweisen. Letztlich belief sich die Schlussrechnung der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Parteien für die Fertigstellung auf rund 138.000 EUR, wovon die Kläger bisher 40.000 EUR bezahlt haben.

Die Kläger forderten vom Beklagten nun die Zahlung eines (Teil‑)Betrags von 50.000 EUR samt Zinsen und beriefen sich unter anderem darauf, dass dieser auf ihre Aufforderung einen Großteil der Positionen ihres Forderungsschreibens dem Grunde nach als richtig anerkannt habe. Im Laufe des Verfahrens präzisierten sie ihr anspruchsbegründendes Vorbringen dahin, dass der Beklagte sich weder bei der Verfassung des Bauträgervertrags an die gesetzlichen Bestimmungen des BTVG gehalten, noch bei der Vertragsabwicklung die vertraglich übernommene Verpflichtung zur sachkundigen Prüfung des Baufortschritts vor Veranlassung einer Zahlung aus dem Treuhandbetrag erfüllt habe. Wäre er gesetz‑ und vertragsgemäß vorgegangen, wäre noch ein Betrag von 133.250 EUR auf dem Treuhandkonto vorhanden und stünde den Klägern zur Finanzierung der Fertigstellung des Hauses zur Verfügung. Davon werde ein Teilbetrag von 50.000 EUR geltend gemacht. Darüber hinaus beriefen sich die Kläger auch neuerlich darauf, dass der Beklagte seine Haftung dem Grunde nach ausdrücklich anerkannt habe und mit seinem E‑Mail vom 8. 10. 2009 die Sicherstellung für die ersten beiden Teilzahlungen bestätigt habe.

Der Beklagte erklärte im Verfahren, seine Haftung dem Grunde nach anzuerkennen. Er habe zwar eine Ausfallshaftung übernommen, doch könne seine daraus resultierende Verpflichtung vor genauer Feststellung der tatsächlichen Schadenshöhe nicht schlagend werden. Im Laufe des Verfahrens erklärte er, dass „eine Teilrechnung über einen Betrag von 10.000 EUR und über 30.000 EUR anerkannt wird“.

Der Nebenintervenient auf Seiten des Beklagten bestritt jegliche Haftung des Beklagten. Das Kaufobjekt sei fast zur Gänze fertiggestellt worden. Die Subunternehmerin wäre in der Lage gewesen, die ausstehenden Arbeiten für bloß 9.000 EUR zu erledigen, was die Kläger aber abgelehnt hätten.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, den Klägern 50.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 8. 10. 2009 zu zahlen. Die Erklärung des Beklagten in seinem E‑Mail vom 8. 10. 2009 könne nur so verstanden werden, dass er die Haftung für die „klagsgegenständlichen“ Teilrechnungen der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei (über 10.000 EUR und 40.000 EUR) übernehme und die genannten Beträge anerkenne. Aufgrund dieses Anerkenntnisses bestehe die Klagsforderung zu Recht, wobei es auch unerheblich sei, dass die Kläger bisher nur 40.000 EUR an Fertigstellungskosten bezahlt hätten.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung im Umfang von 40.000 EUR samt Zinsen und hob sie in ihrem darüber hinausgehenden Zuspruch von weiteren 10.000 EUR samt Zinsen (ohne „Rechtskraftvorbehalt“) auf. Der Beklagte habe in seiner Berufungsschrift ausdrücklich erklärt, dass seine Prozesserklärungen in erster Instanz aufrecht blieben und als Anerkenntnis in Höhe von 40.000 EUR zu verstehen seien. Einem solchen Anerkenntnis könne ein Nebenintervenient nicht wirksam widersprechen. Ein Rechtsgrund dafür, ein vom Beklagten im Prozess ausdrücklich anerkanntes Klagebegehren abzuweisen, lasse sich aus dem Gesetz nicht konstruieren. Eine Bestätigung des Ersturteils über den Zuspruch von 40.000 EUR hinaus käme jedoch nicht in Betracht, weil das vom Beklagten am 8. 10. 2009 verfasste E‑Mail keinen hinreichend deutlichen Erklärungswert im Sinne eines konstitutiven Anerkenntnisses von 50.000 EUR aufweise. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine oberstgerichtliche Judikatur dazu aufgefunden werden könne, wie mit einem vom Beklagten während des Prozesses erster Instanz erklärten materiell‑rechtlichen Teilanerkenntnis zu verfahren sei, welches der Beklagte in zweiter Instanz weiterhin ausdrücklich als materiell‑rechtliches Teilanerkenntnis verstanden wissen wolle.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung vom Nebenintervenienten auf Seiten des Beklagten (im Folgenden nur: Nebenintervenient) erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts unzulässig, weil der Revisionswerber keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage erörtert.

Entgegen der Aktenlage geht der Revisionswerber nämlich davon aus, dass die Kläger den Klageanspruch gar nicht auf ein materiell‑rechtliches Anerkenntnis des Beklagten gestützt, sondern lediglich Schadenersatz wegen Verletzung von „Bauträgerpflichten“ (richtig wohl: Treuhänderpflichten) geltend gemacht hätten. Demgegenüber wurde bei der Wiedergabe des wesentlichen Parteienvorbringens bereits dargelegt, dass die Kläger sich bereits in der Klage auf ein vorprozessual abgegebenes ‑ und damit notwendigerweise rein materielles ‑ Anerkenntnis des Beklagten berufen und auch im Laufe des Verfahrens neuerlich darauf hingewiesen haben, dass der Beklagte in seinem E‑Mail vom 8. 10. 2009 die „Sicherstellung“ für die ersten beiden Teilzahlungen bestätigt habe. Mit der (vom Erstgericht bejahten) Frage, ob darin ein materiell‑rechtliches Anerkenntnis über einen Betrag von 40.000 EUR liegt, setzt sich der Revisionswerber nicht einmal ansatzweise auseinander, obwohl auch das Berufungsgericht auf dieses E‑Mail hingewiesen, darin aber ein Anerkenntnis über den Betrag von 50.000 EUR nicht erkannt hat. Ebenso wenig geht die Revision auf die erstgerichtliche Feststellung ein, nach der der Beklagte mit der erwähnten Nachricht die Absicht verfolgte, die an ihn gerichteten Forderungen anzuerkennen. Diese Feststellung ist der Entscheidung allerdings schon deshalb zugrunde zu legen, weil sie im Berufungsverfahren nicht gesetzmäßig bekämpft worden ist; der Nebenintervenient hatte die Feststellung zwar formell angefochten, aber keine taugliche Ersatzfeststellung begehrt (vgl RIS‑Justiz RS0041835).

Insgesamt erweist sich das Rechtsmittel des Nebenintervenienten damit als nicht zulässig, weil er auf wesentliche Sachverhaltselemente, die die klagestattgebende Entscheidung der Vorinstanzen rechtfertigen, nicht eingeht.

Der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung allfälliger Missverständnisse ist darauf hinzuweisen, dass die urteilsmäßige Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von 40.000 EUR samt Zinsen die Rechtsposition des Nebenintervenienten nicht ‑ etwa im Sinne einer Bindungswirkung ‑ nachteilig berührt, beruht sie doch ausschließlich auf dem vom Beklagten erklärten Anerkenntnis, das für einen allfälligen Regressprozess keine den Nebenintervenienten belastende Wirkung haben kann (vgl nur 4 Ob 137/11t).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 40 ZPO. Die Kläger und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf die fehlende Zulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, womit ihre Schriftsätze nicht als zweckentsprechende Rechtsverfolgungshandlungen zu qualifizieren sind.

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