OGH 1Ob149/15s

OGH1Ob149/15s27.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der außerstreitigen Familienrechtssache der Antragsteller 1. D***** G*****, geboren am *****, 2. M***** G*****, geboren am *****, und 3. mj J***** G*****, geboren am *****, alle vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Antragsgegner J***** G*****, vertreten durch die HEINZLE NAGEL RECHTSANWÄLTE OG, Bregenz, wegen Unterhalts, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 21. April 2015, GZ 3 R 79/15p‑222, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 9. Februar 2015, GZ 24 Pu 37/10v‑217, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00149.15S.0827.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Das Erstgericht erhöhte den vom Vater für seinen Sohn D***** monatlich zu zahlenden Unterhalt von bisher 241 EUR für die Zeit vom 1. 12. 2009 bis 31. 5. 2010 um monatlich 594 EUR, vom 1. 6. 2010 bis 31. 12. 2010 um monatlich (richtig:) 739 EUR, vom 1. 1. 2011 bis 28. 2. 2011 um monatlich 409 EUR, vom 1. 3. 2011 bis 31. 5. 2011 um monatlich 756 EUR, vom 1. 6. 2011 bis 31. 5. 2012 um monatlich 436 EUR, vom 1. 6. 2012 bis 31. 5. 2013 um monatlich 362 EUR und vom 1. 6. 2013 bis 31. 5. 2014 um monatlich 288 EUR, wies den Antrag des Vaters auf Unterhaltsbefreiung für den Zeitraum 1. 5. 2013 bis 31. 5. 2014 ab und enthob ihn ab 1. 6. 2014 von seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber D*****. Weiters setzte das Erstgericht unter anderen den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhalt für M***** ab 1. 8. 2014 um 337 EUR und für J***** ab 1. 7. 2014 um 732 EUR hinauf.

Das Rekursgericht bestätigte über den jegliche Erhöhung bekämpfenden und weiterhin eine Befreiung ab 1. 5. 2013 gegenüber D***** anstrebenden Rekurs des Vaters diese Entscheidung hinsichtlich M***** und J*****, änderte sie aber hinsichtlich D***** teilweise ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Dagegen erhob der Vater einen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, den das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.

Diese Vorlage widerspricht dem Gesetz.

1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.

2. Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 und 5 AußStrG (RIS‑Justiz RS0007110 [T32]) und für jedes unterhaltsberechtigte Kind gesondert zu ermitteln (RIS‑Justiz RS0017257; RS0112656). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert im Sinn des § 58 Abs 1 JN (RIS‑Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher regelmäßig der 36‑fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS‑Justiz RS0122735 [T1]). Gesondert begehrte, bereits fällig gewordene Beträge sind dann nicht gesondert zu bewerten (RIS‑Justiz RS0103147 [T1, T6]; RS0114353; RS0122735 [T5]). Sind jedoch, wie hier für den Unterhaltsanspruch von D*****, nur Teilbeträge eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums Gegenstand des Rekursverfahrens, bildet deren Summe den Wert des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz (RIS‑Justiz RS0111964 [T3]; RS0046547 [T1]).

Rechtliche Beurteilung

3. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich für D***** ein Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts von 27.988 EUR ([594 EUR x 6] + [739 EUR x 7] + [409 EUR x 2] + [756 EUR x 3] + [436 EUR x 12] + [362 EUR x 12] + [288 EUR x 12] + [241 EUR x 13]), für M***** von 12.132 EUR (337 EUR x 36) und für J***** von 26.352 EUR (732 EUR x 36).

Da somit die nach § 62 Abs 3 AußStrG maßgebliche Wertgrenze von 30.000 EUR in keinem Fall erreicht wird, kommt ein „außerordentlicher“ Revisionsrekurs nicht in Betracht. Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob es die Eingabe des Vaters als mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene Zulassungsvorstellung an das Rekursgericht (§ 63 AußStrG) oder aber als verbesserungsbedürftig ansieht (vgl RIS‑Justiz RS0109505).

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