OGH 15Os105/15b

OGH15Os105/15b26.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. August 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zoran M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 3. Februar 2015, GZ 25 Hv 74/14w‑45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00105.15B.0826.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Zoran M***** (zu 1.) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (richtig:) idF BGBl I 2004/15, (zu 2.) des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB sowie (zu 3.) der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

„1.) im Dezember 2012 seine Ex‑Gattin Vesna M***** dadurch, dass er sie am Hals bzw Kinn packte, sie auf die Couch drückte, ihr Schläge versetzte, sobald sie sich wehrte, sie zunächst auf ihren Armen kniend festhielt, wobei sie ihn in dieser Stellung mit ihrer Hand an seinem Geschlechtsteil befriedigen musste, er sich sodann auf sie legte und mit seinem Glied in sie eindrang, sohin durch Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt;

2.) am 2. September 2013 Vesna M***** durch das Versetzen von Schlägen und an den Haaren Packen, sohin mit Gewalt, zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe ihres Handys genötigt;

3.) Vesna M***** jeweils am Körper verletzt, und zwar

a) am 20. September 2013 durch das Versetzen einer Vielzahl von Schlägen mit der flachen Hand ins Gesicht in Form von multiplen Hämatomen;

b) im September 2010 durch Versetzen eines Kopfstoßes gegen ihre Stirn in Form einer Schwellung und eines Hämatoms im Stirnbereich;

c) am 29. Mai 2011 durch das Versetzen eines Faustschlages gegen ihre linke Gesichtshälfte in Form einer Schwellung des Jochbeines;

d) am 2. Mai 2010 durch das Versetzen von Schlägen am Körper und im Gesicht in Form von Schwellungen und Hämatomen am Körper sowie im Gesicht.“

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die Mängelrüge (Z 5) ermöglicht die Bekämpfung der erstgerichtlichen Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen nach Maßgabe der im Gesetz genannten Kategorien formaler Begründungsmängel (Undeutlichkeit, Unvollständigkeit, Widersprüchlichkeit, unzureichende Begründung und Aktenwidrigkeit).

Indem die Rüge die Beweishaft der Angaben der Zeuginnen F***** und Zorana M***** eigenständig bewertet, ihnen die Aussage der Zeugin S***** gegenüberstellt und darüber spekuliert, diese Nachbarin hätte „Verletzungen wahrnehmen oder zumindest Schreie hören müssen“, zeigt sie keinen solchen Begründungsmangel auf, sondern kritisiert lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld.

Die Aussage der Zeugin S***** wurde von den Tatrichtern auch nicht übergangen (US 9); dass diese aus deren Angaben nicht die vom Beschwerdeführer gewünschten Schlüsse gezogen haben, begründet keine Nichtigkeit nach Z 5 zweiter Fall (RIS‑Justiz RS0098400). Welche den getroffenen Feststellungen widerstreitenden Beweisergebnisse noch unerörtert geblieben sein sollen, legt die Beschwerde nicht dar.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Mit Erwägungen zur Glaubwürdigkeit der Zeugin Zorana M*****, deren Angaben durch jene der Zeugin S***** widerlegt seien, mit dem Verweis auf Widersprüche in den zeitlichen Angaben der Zeugin F***** den Termin eines Beratungsgesprächs mit Vesna M***** betreffend und dem Hinweis, es widerspräche jeglicher Lebenserfahrung, dass das Tatopfer dem Angeklagten noch lange nach den Vorfällen „Liebes-SMS“ geschickt habe, gelingt es der Tatsachenrüge nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Vorliegend ist auch die Begründung der subjektiven Tatseite mit dem äußeren Geschehensablauf (US 9) nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0098671; nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 5).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO). Bleibt in diesem Zusammenhang anzumerken, dass der Schuldspruch wegen des Verbrechens der Vergewaltigung (1.) richtigerweise nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2004/15 zu erfolgen gehabt hätte. Für das Oberlandesgericht besteht bei der Entscheidung über die Berufung aber insoweit keine Bindung an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS‑Justiz RS0118870).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte