OGH 12Ns67/15x

OGH12Ns67/15x9.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Juli 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari als weitere Richter in dem beim Landesgericht für Strafsachen Wien zu AZ 33 Hv 51/04s anhängigen Verfahren zur Unterbringung des Dr. Georg K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Anzeige der Ausgeschlossenheit der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120NS00067.15X.0709.000

 

Spruch:

Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann ist von der Entscheidung über die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 22. April 2015, GZ 19 Fss 1/15p‑3, nicht ausgeschlossen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 14 Os 55/15t über das im Spruch genannten Rechtsmittel zu entscheiden. Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann ist Mitglied des zuständigen 14. Senats.

Sie zeigte ihre allfällige Ausgeschlossenheit an, weil sie als Richterin des Oberlandesgerichts Wien im Verfahren bereits an der Entscheidung dieses Gerichts vom 11. September 2013 über die Beschwerde des Dr.

Georg K***** gegen die Abweisung seines Antrags auf Aufhebung des Haftbefehls und Einstellung des zu 33 Hv 51/04s des Landesgerichts für Strafsachen Wien geführten Verfahrens mitgewirkt hat (AZ 19 Bs 217/13w).

Die Beurteilung der Frage, ob Richter ausgeschlossen sind, erfordert nicht nur mit Blick auf das Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlich gewähr-leisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B‑VG) und zum Prinzip der festen Geschäftsverteilung (Art 87 Abs 3 B‑VG), sondern auch und vor allem unter dem Aspekt des Zugangs zum Recht eine ausgewogene Auslegung dieser Norm unter Berücksichtigung von Organisation und Funktion des Gerichts. Die Bestimmungen über die Ausgeschlossenheit und die Befangenheit stellen auf äußere Umstände ab, die zum einen durch ausdrückliche Aufzählung (§ 43 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 bis 4, § 47 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO), zum anderen mittels Generalklausel (§ 43 Abs 1 Z 3, § 47 Abs 1 Z 3 StPO) determiniert werden. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber die Ausgeschlossenheit abschließend regeln wollte; die Bestimmungen der §§ 43 ff StPO sind, weil dieser Wille des Gesetzgebers eine Gesetzeslücke jedoch nicht ausschließt, grundsätzlich analogiefähig. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der genannten Bestimmungen und die verfassungsrechtlichen Vorgaben ist aber hiebei ein strenger Maßstab anzulegen (zum Ganzen Lässig , WK‑StPO Vorbem zu §§ 43‑47 Rz 5).

Eine durch Analogie zu schließende Lücke ist bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht auszumachen. Es liegt daher auch kein Fall des § 43 Abs 3 StPO vor (12 Ns 76/12s; 12 Ns 48/13z; 12 Ns 23/15a).

Im Übrigen ist bei der nunmehr heranstehenden Entscheidung über eine Beschwerde gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts Wien zu erkennen, mit dem zwei von Dr. Georg K***** im Verfahren zu seiner Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB gestellte Fristsetzungsanträge abgewiesen wurden. Damit sind jedoch auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO ‑ keine Fragen zu beantworten, die jenen ähneln, mit der die Richterin in der selben Sache bereits befasst war, zumal nicht in der Sache selbst zu entscheiden ist (neuerlich 12 Ns 76/12s; Lässig , WK‑StPO § 43 Rz 31a).

Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann ist somit von der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nicht ausgeschlossen.

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