OGH 13Os61/15t

OGH13Os61/15t30.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rene B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 14. April 2015, GZ 11 Hv 16/15f‑59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00061.15T.0630.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rene B***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB (I) und jeweils mehrerer Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (s aber § 29 StGB) (II), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (IV) und mehrerer Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (V) schuldig erkannt.

Danach hat er von Februar 2014 bis zum 13. September 2014 in S***** und anderenorts

I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen und von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, den im Urteil bezeichneten Personen die dort genannten Wertgegenstände, in fünf Fällen durch Einschlagen der Seitenscheiben ihrer PKW, weggenommen;

II) die im Urteil genannten Personen dadurch vorsätzlich geschädigt, dass er ihre Geldbörsen und andere bewegliche Sachen aus deren Gewahrsam dauernd entzog, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen;

III) mehrere Führerscheine, einen Mopedausweis, einen Dienstausweis, einen Aufenthaltstitel, eine Sparkarte sowie E‑Cards der im Urteil bezeichneten Personen durch Wegwerfen mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts gebraucht werden;

IV) sechs Bankomatkarten und zwei Kreditkarten, sohin unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt;

V) „wenn auch nur fahrlässig eine Stahlrute und zwei Wurfsterne, mithin verbotene Waffen (§ 17 Abs 1 Z 6) unbefugt besessen“.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Mit Hinweisen auf die von den Tatrichtern als Schutzbehauptung gewertete Aussage des Angeklagten und das Fehlen von biologischen Spuren auf den Geldbörsen, Urkunden und Zahlungsmitteln gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass dem Schuldspruch V mehrere Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) anhaften:

1. Der Wortlaut des § 50 Abs 1 Z 2 WaffG, wonach sich strafbar macht, wer, wenn auch nur fahrlässig, „verbotene Waffen oder Munition (§ 17)“ unbefugt besitzt, zielt auf die Gesamtmenge solcher von einer Person im Tatzeitraum unbefugt besessenen Gegenstände ab. Werden durch ein und dieselbe Tat mehrere nach § 17 WaffG verbotene Waffen unbefugt besessen, wird nur ein Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG verwirklicht. Für diese Auslegung spricht auch die Qualifikation des § 50 Abs 1a WaffG, die bereits verwirklicht, wer vorsätzlich auch nur eine der in § 50 Abs 1 WaffG mit Strafe bedrohten Handlungen in Bezug auf eine größere Zahl von Schusswaffen oder Kriegsmaterial begeht.

2. § 50 Abs 1 Z 2 WaffG stellt den unbefugten Besitz von nach § 17 WaffG verbotenen Waffen unter Strafe. In der taxativen Aufzählung des § 17 Abs 1 WaffG sind sternförmige Wurfgeräte nicht enthalten. Eine Wurfsterne betreffende Verordnung der Bundesministerin für Inneres iSd § 17 Abs 2 WaffG wurde im Bundesgesetzblatt nicht kundgemacht. Mangels Verbots iSd § 17 WaffG, durfte der Besitz von Wurfsternen demnach nicht dem Tatbestand des § 50 Abs 1 Z 2 WaffG unterstellt werden.

3. Die in Z 1 bis Z 5 des § 50 Abs 1 WaffG normierten Tatbilder sind als kumulatives Mischdelikt aufzufassen. Durch ‑ wenn auch nur fahrlässigen ‑ (unbefugten) Besitz einer nach § 17 Abs 1 WaffG verbotenen Waffe bei (zugleich) bestehendem Waffenverbot nach § 12 WaffG werden daher die Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 2 und Z 3 WaffG in echter Idealkonkurrenz verwirklicht (RIS‑Justiz RS0129796). Mit Blick auf den festgestellten Besitz der Stahlrute als durch § 17 Abs 1 Z 6 WaffG verbotene Waffe und das Bestehen eines Waffenverbots (US 21), wäre der Sachverhalt daher rechtsrichtig auch dem Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG zu unterstellen gewesen. Dieser (von der Staatsanwaltschaft nicht aufgegriffene) Subsumtionsfehler gereicht dem Angeklagten aber zum Vorteil.

4. Mit der auf Basis des Urteilssachverhalts rechtsirrigen Annahme mehrerer Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG ist aber auch kein Nachteil iSd § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO für den Angeklagten verbunden, weil dieser Subsumtionsfehler ‑ wie auch die verfehlte rechtliche Unterstellung der vom Schuldspruch II erfassten Taten als mehrere Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB ‑ den hier zur Anwendung gelangenden Strafrahmen (§ 130 zweiter Satz StGB) unberührt lässt und sich auch bei der Strafzumessung nicht nachteilig auswirkte (US 24).

Stichworte