European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00034.15P.0624.000
Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 978,84 EUR (darin 163,14 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Der Kläger kaufte am 21. 11. 2010 vom Beklagten um 3.300 EUR ein Rennpferd. Bereits zu diesem Zeitpunkt litt es an einem nicht vollständig regenerierbaren Knorpelschaden im linken Hüftgelenk. Nachdem der Kläger dies erkannt hatte, sprach er am 24. 2. 2011 die Wandlung des Kaufvertrags aus und forderte vom Beklagten neben der Rückzahlung des Kaufpreises den Ersatz der ihm bislang für das Pferd aufgelaufenen Pflege- und Einstellkosten. Der Beklagte kam dieser Forderung nicht nach, sondern bestritt vielmehr das Vorliegen eines Mangels. Dazu brachte er vor, dass sich das Pferd in einem einwandfreien gesundheitlichen und renntauglichen Zustand befinde.
Die Vorinstanzen gaben zum einen dem Wandlungsbegehren des Klägers statt, hoben den Kaufvertrag auf und verurteilten den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises von 3.300 EUR sA Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes. Dieser Teil des Klagebegehrens erwuchs mangels Bekämpfung durch den Beklagten in Rechtskraft. Zum anderen verpflichteten die Vorinstanzen den Beklagten zum Ersatz des dem Kläger für die Untersuchungen und Behandlungen sowie der Haltung des Pferdes bis Mai 2013 entstandenen Aufwands (insb Einstellgebühren) von 15.043,21 EUR sA. Der Beklagte habe dem Kläger als redlichen Besitzer im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gemäß den §§ 331, 877 ABGB den von diesem gemachten Aufwand zu ersetzen, der der nachhaltigen Gesundheit des Pferdes und damit der Erhaltung dieses Vermögenswerts gedient habe. Die Höhe des Aufwandersatzes nach § 331 ABGB sei nicht mit dem gemeinen Wert des Pferdes begrenzt.
Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zur Berechnung des Aufwandersatzes gemäß §§ 331, 877 ABGB für ein Tier zugelassen. Dem schloss sich der Beklagte zwecks Begründung der Zulässigkeit seines Rechtsmittels nach § 502 Abs 1 ZPO an und ergänzte, dass es fraglich sei, ob dem redlichen Besitzer eines Tieres auch dann alle notwendigen und nützlichen Aufwände zu ersetzen seien, wenn diese den Kaufpreis um ein Vielfaches übersteigen würden bzw das Tier wertlos sei. Dem gegenüber bestritt der Revisionsgegner das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und beantragte die Zurückweisung der Revision des Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (RIS‑Justiz RS0042392) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Gemäß § 285a zweiter Satz ABGB sind die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen. Für die Höhe des Ersatzes des notwendigen und nützlichen Aufwands auf ein im redlichen Besitz befindliches Tier sieht die Rechtsordnung keine Sondervorschrift vor. Die Bestimmung des § 1332a ABGB ist eine Schadenersatznorm, für das Bereicherungsrecht gelten die §§ 331, 336 ABGB. In der Lehre wird dazu aber vertreten, dass die Bestimmung des § 1332a ABGB, wonach die Kosten der Heilung eines Tieres auch dann zu ersetzen sind, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen, soweit auch ein verständiger Tierhalter in der Lage des Geschädigten diese Kosten aufgewendet hätte, auch Ausstrahlungen auf andere Materien habe. Danach ließe sich der Ausdruck „vernünftiger Tierhalter“ im Sinne des Ausdrucks „vernünftiger Sachbesitzer“ bzw Eigentümer verallgemeinern (Reischauer in Rummel³, § 1332a Rz 6).
2. Hat der redliche Besitzer an die Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der Substanz einen notwendigen, oder, zur Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen einen nützlichen Aufwand gemacht, so gebührt ihm der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werte, insofern er den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt (§ 331 ABGB). Rechtsprechung und Lehre verstehen den letzten Halbsatz dieser Bestimmung dahin, dass der Ersatz des Aufwands zweifach begrenzt ist: einerseits durch den noch vorhandenen, also den gegenwärtigen Wert der Aufwände und andererseits, wenn diese Wertsteigerung den wirklichen Aufwand übersteigt, durch diesen (6 Ob 507/93; 3 Ob 241/97f = SZ 70/136; 7 Ob 42/99y; 5 Ob 274/09f; Eccher/Riss in KBB4 § 331 Rz 1; Lurger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.02 § 331 Rz 1). Anders gesagt, wird fruchtloser Aufwand ebensowenig ersetzt wie eine den Aufwand übersteigende Werterhöhung (Spielbüchler in Rummel³, § 331 Rz 1; Grüblinger in Schwimann/Kodek ABGB4 § 331 Rz 2; Kodek in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 331 Rz 9). Es trägt daher der Besitzer einerseits die Gefahr des bereits ursprünglich fehlschlagenden Aufwands, andererseits aber auch die Gefahr der nachträglichen Vereitelung eines erfolgreichen Aufwands (6 Ob 507/93).
3. Der vom Kläger im vorliegenden Fall geltend gemachte Aufwand war weder fruchtlos noch überstieg er eine eingetretene Werterhöhung des Pferdes. Vielmehr diente der Aufwand des Klägers der beständigen Erhaltung der Gesundheit und damit des Lebens des Pferdes bis zu dessen Rückstellung an den Beklagten. Insofern bestanden die Wirkungen des vom Kläger zur „Werterhaltung“ (vgl 1 Ob 246/12a ua; Kodek in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 331 Rz 4) getätigten Aufwands auch noch im Zeitpunkt der Rückabwicklung des Kaufvertrags (vgl GlUNF 7627). Dafür gebührt dem Kläger vom Beklagten, der den Aufwand durch die ungerechtfertigte Bestreitung des Mangels und verzögerte Rücknahme des Pferdes verursacht hat, ein Ersatz, ohne dass es auf eine „Wertsteigerung“ des Pferdes ankommt.
4. Das Gesetz sieht in § 331 ABGB auch keine Begrenzung des zur Substanzerhaltung getätigten Aufwands mit dem Kaufpreis der Sache vor. Soweit der Beklagte seiner Zulassungsbegründung der Revision zugrunde legt, dass „überdies davon auszugehen sei, dass der gemeine Wert bzw Verkehrswert des Pferdes bei Null liege“, verstößt er gegen das im Revisionsverfahren geltende Neuerungsverbot des § 504 ZPO. Im erstinstanzlichen Verfahren erstattete er dazu nämlich kein entsprechendes Sachverhaltsvorbringen mit einem Beweisanbot, sondern nur ein bloßes Rechtsvorbringen unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 331, 336 ABGB (Verhandlungsprotokoll vom 13. 5. 2013, S 3 f).
Zusammenfassend legt der Beklagte keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität dar, sodass seine Revision zurückzuweisen war. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979).
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