OGH 15Os47/15y

OGH15Os47/15y10.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Zechner als Schriftführer in der Strafvollzugssache des Werner A***** wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe, AZ 30 BE 259/14i des Landesgerichts Feldkirch, über den Antrag des Strafgefangenen auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 6. Februar 2015, AZ 6 Bs 26/15x, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe:

Werner A***** verbüßt derzeit im elektronisch überwachten Hausarrest der Justizanstalt Feldkirch eine über ihn wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen verhängte Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren. Mit Beschluss vom 12. Jänner 2015, GZ 30 BE 259/14i‑4, bewilligte das Landesgericht Feldkirch als Vollzugsgericht die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe gemäß § 46 Abs 1 StGB. Das Oberlandesgericht Innsbruck gab der dagegen von der Staatsanwaltschaft erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 6. Februar 2015, AZ 6 Bs 26/15x, Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und sprach aus, dass A***** nicht nach Verbüßung der Hälfte der genannten Freiheitsstrafe bedingt entlassen wird. Das Beschwerdegericht lehnte die bedingte Entlassung aus Gründen der Generalprävention wegen besonderer Schwere der Taten ab (§ 46 Abs 2 StGB).

Dagegen richtet sich der Antrag des Strafgefangenen auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO. Durch die Bezugnahme auf die „besondere Schwere der Tat“ habe das Oberlandesgericht gegen das von Art 4 7. ZPMRK geschützte „Doppelverwertungsverbot“ verstoßen, sei der Tatschwere doch schon durch die Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe Rechnung getragen worden.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs 1 GRBG steht wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung nach Erschöpfung des Instanzenzugs Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu. Für den Vollzug von Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen schließt § 1 Abs 2 GRBG ausdrücklich die Grundrechtsbeschwerde und damit der Sache nach auch den dazu subsidiären Erneuerungsantrag aus (RIS‑Justiz RS0123350). Damit ist ein den Vollzug von Freiheitsstrafen betreffender Grundrechtsschutz durch den Obersten Gerichtshof gesetzlich nicht vorgesehen (RIS‑Justiz RS0123350 [T3, T5, T7]; EvBl‑LS 2009/103 und 2010/39 mit Praxishinweisen; Reindl/Krauskopf, WK‑StPO § 363a Rz 38).

Der Antrag des Strafgefangenen war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 3 StPO).

Im Übrigen betrifft Art 4 7. ZPMRK entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht das sogenannte Doppelverwertungsverbot bei der Strafzumessung im Sinn des § 32 Abs 2 StGB (zu diesem vgl überdies RIS‑Justiz RS0113407, RS0090946; Ebner in WK² StGB § 32 Rz 74), sondern normiert den Grundsatz ne bis in idem. Danach ist die Verfolgung oder Anklage einer zweiten „strafbaren Handlung“ verboten, wenn diese auf identischen Tatsachen oder auf Tatsachen beruht, die im Wesentlichen dieselben sind (EGMR 10. 2. 2009 [GK] Zolotukhin/Russland, Nr 14939/03 NL 2009, 37 = RIS‑Justiz RS0127286; Details Lewisch, WK‑StPO Vor §§ 352‑363 Rz 96 ff). Die vom Antragsteller zitierte, jedoch vereinzelt gebliebene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Juli 2000 (96/10/0142), die für den Bereich der Strafzumessung das Doppelverwertungsverbot aus Art 4 7. ZPMRK ableitete, findet weder in der zur Begründung herangezogenen Literatur (Walther/Thienel,Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 19 VStG E 66 f) und den dort zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs noch in der Rechtsprechung des EGMR Deckung.

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