OGH 7Ob49/15d

OGH7Ob49/15d20.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Dr. Günther Horvath und Dr. Thomas Kustor, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei L***** B*****, vertreten durch Lansky, Ganzger + partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 11.277.780,53 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 25. November 2014, GZ 13 R 145/14t‑50, womit das Urteil des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 20. Mai 2014, GZ 15 C 72/14b‑42, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00049.15D.0520.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden, soweit sie nicht in Ansehung der Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits über die Einrede der mangelnden Prozessfähigkeit der klagenden Partei in Rechtskraft erwachsen sind, aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Rechtsvorgänger der Klägerin und die Beklagte schlossen im Jahr 1969 einen bis Ende Mai 2009 befristeten Bestandvertrag über große Teile eines Schlosses zu einem wertgesicherten monatlichen Bestandzins von 10.000 ATS ab. Der Vertrag wurde bis Ende 2009 verlängert und das Bestandobjekt am 23. 12. 2009 zurückgestellt.

Der Bestandvertrag lautet auszugsweise:

„...

VII. Instandhaltung des Schlosses.

Der Bestandnehmer hat das Äussere des gesamten Schlosses und das Innere aller zum Bestandobjekt gehörigen Haupt-, Neben- und Zugangsräumlichkeiten auf eigene Kosten stets im derzeitigen guten, gebrauchsfähigen und widmungsgemässen Zustande zu erhalten. Über den gegenwärtigen Bauzustand des Schlosses ist eine einvernehmliche Beschreibung aufzunehmen, welche diesem Vertrag als wesentlicher Bestandteil beigefügt ist.

Insbesondere hat der Bestandnehmer zur ordnungsgemäßen Instandhaltung des unter Denkmalschutz stehenden Schlosses folgende Vorkehrungen zu treffen:

a) Der Bestandnehmer hat den von den Mauern (Grundmauern, Sockeln, Parterre- und Stockmauern, Dach- und Rauchfangmauern) abgefallenen oder abgefrorenen Verputz und Maueranstrich zu erneuern, die Mauern zu weissen, zu färbeln und zu malen, sodass sie stets in gutem Zustand sind und das Schloss einen gepflegten Eindruck macht.

b) Die Fussböden der vermieteten Räumlichkeiten sind stets in gutem Zustand zu erhalten und im Falle erforderlicher Instandsetzung durch gleichwertige Fussböden zu ersetzen. Kunstvoll ausgeführte Holz- und Stukkaturarbeiten sind ebenfalls gewissenhaft zu pflegen und in gutem Zustande zu erhalten. Die Stufen der Stiegenhäuser in den Hauptaufgängen sind stilgerecht instandzusetzen und zu erhalten; ausgetretene Stufen sind durch neue zu ersetzen.

c) Tore, Türen, Fenster und Gesimse sind pfleglich zu erhalten, im Bedarfsfalle zu erneuern, zerbrochene Fensterscheiben sind unverzüglich zu ersetzen.

d) Die Gebäudedecken und Lüftungskamine sind stets in gutem Zustande zu erhalten und erforderlichenfalls zu erneuern. Auch sämtliche zum Plafond gehörigen Holzbestandteile sind stets zu pflegen und in einwandfreiem Zustande zu erhalten.

e) Die Gebäudedächer sind jährlich zu überholen, die erforderlichen Dachdecker-, Spengler- und Verglasungsarbeiten zu verrichten, die gebrochenen, vermoderten, verfaulten oder verrosteten Teile zu erneuern.

f) Die Kanalisation, alle bestehenden Wasser- und Stromleitungen und sanitäre Anlagen sind sukzessive, nach Massgabe der Notwendigkeit und Sicherheit in einwandfreien Zustand zu versetzen und so zu erhalten.

g) Der Bestandnehmer ist grundsätzlich und allgemein verpflichtet, die Aussenteile des gesamten Schlosses samt allen Anlagen und das Innere der Bestandräumlichkeiten sowie der gemeinsam benützten Räume, Zugänge und Stiegenhäuser sorgsam und gewissenhaft zu pflegen und alles vorzukehren, was zur ordnungsgemässen Erhaltung des gesamten Schlosses und seiner künstlerischen Substanz erforderlich und nützlich ist.

...

Der Bestandnehmer hat dem Bestandgeber bis 31. Jänner eines jeden Vertragsjahres eine Zusammenstellung über die im vergangenen Jahr durchgeführten Erhaltungsmassnahmen und über die für das laufende Jahr geplanten Instandhaltungsarbeiten zu übergeben.

Der Bestandnehmer erklärt und versichert, im Interesse der einwandfreien Erhaltung des historisch und baukünstlerisch unersetzlich wertvollen Schlosses nach Massgabe seiner finanziellen Leistungsfähigkeit alles daranzusetzen, um die erforderlichen Instandsetzungs- und Erhaltungsarbeiten gewissenhaft, fachgemäss und baldmöglichst durchzuführen.

Der Bestandgeber hat die innere Instandhaltung der zur Eigennutzung und ausschliesslichen freien Verfügung vorbehaltenen Schlossräumlichkeiten zu besorgen. Die gesamte übrige Erhaltung des Schlosses in gepflegtem Zustand aussen und innen während der gesamten Vertragsdauer trifft hingegen zur Gänze den Bestandnehmer.

XII. Rückstellung des Bestandobjektes.

Bei Beendigung des Bestandvertrages ist das Schloss samt vorgelagerten Grünflächen und allen Anlagen dem Bestandgeber in gepflegtem gebrauchsfähigem und widmungsgemässem Zustande rückzustellen.

Wenn sich bei Beendigung des Bestandverhältnisses das Schloss oder dazugehörige Anlagen aus dem Verschulden des Bestandnehmers in beschädigtem oder nicht der Baubeschreibung entsprechendem Zustand befinden, hat der Bestandnehmer je nach Wahl des Bestandgebers entweder die Kosten der Neu- oder Wiederherstellung in den Zustand bei Vertragsbeginn zu tragen oder dem Bestandgeber die eingetretene Wertverminderung zu vergüten.

...“

Ob anlässlich des Vertragsabschlusses eine einvernehmliche Beschreibung des Bestandobjekts erfolgte, ist keiner der Parteien bekannt.

Die Klägerin begehrte die Zahlung von 11.277.780,53 EUR sA an Schadenersatz sowie die Feststellung, dass die Beklagte für sämtliche in der Zukunft am Schloss auftretenden Schäden, die aus der Unterlassung der im Bestandvertrag vereinbarten Erhaltungs- und Instandsetzungspflichten resultieren, hafte. Der Bestandvertrag sei vom Vollanwendungsbereich des MRG ausgenommen. Die Beklagte sei ihren umfassenden Instandsetzungs‑, Erneuerungs- und Erhaltungspflichten aus dem Bestandvertrag nicht nachgekommen. Während das Schloss bei Vertragsabschluss ‑ wie im Bestandvertrag festgehalten ‑ einen guten Zustand aufgewiesen habe, habe es sich bei Rückgabe in einem größtenteils sehr schlechten baulichen Zustand befunden. Die Beklagte habe die umfassende Verpflichtung getroffen, das Schloss in seiner Gesamtheit unter Bedachtnahme auf seine historische und baukünstlerische Bausubstanz einwandfrei zu erhalten und sogar zu erneuern. Demnach komme es nicht auf den Zustand des Schlosses bei Übergabe an die Beklagte an. Dies treffe zumindest auf die im Bestandvertrag explizit geregelten Instandsetzungs- oder Erneuerungsverpflichtungen zu. Die im Detail dargestellten, konkreten Pflichtverletzungen zugeordneten Mängel würden jedenfalls einen jeweils konkret aufgeschlüsselten Sanierungsaufwand erfordern. Das Gesamtausmaß könne derzeit noch nicht abschließend abgeschätzt werden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete unter anderem dessen Unschlüssigkeit ein. Sämtliche von ihr übernommenen Pflichten würden auf den Zeitpunkt der Übergabe des Bestandobjekts im Jahr 1969 abstellen. Vor diesem Hintergrund sei das Klagebegehren unschlüssig, weil die konkreten nachteiligen Abweichungen im Zeitpunkt der Rückstellung des Schlosses gegenüber dem Jahr 1969 nicht dargelegt worden seien. Das Schloss sei im Jahr 1969 in einem relativ schlechten Zustand übergeben worden. Die Beklagte habe allen vertraglich eingegangenen Verpflichtungen entsprochen. Es sei dadurch sogar zu einer Aufwertung der Bausubstanz gekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da zur Aufklärung des Vertragsinhalts nur die vorgelegten Urkunden zur Verfügung stünden, habe die Vertragsauslegung allein im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu erfolgen. Eine Gesamtbetrachtung der in den Vertragspunkten VII. und XII. enthaltenen Regelungen ergebe, dass die Vertragsparteien den tatsächlichen Zustand des Schlosses bei Übergabe im Jahr 1969 als Maßstab für die Verpflichtungen der Beklagten zu Grunde hätten legen wollen. Zu diesem nach dem Vertrag geschuldeten Vergleichszustand habe die Klägerin jedoch kein ausreichendes Vorbringen erstattet. Die von ihr im Detail genannten Mängel ließen nicht den Schluss zu, dass deren Behebung der Herstellung des Zustands dienen würde, der bei Vertragsbeginn vorgelegen sei, werde doch von der Klägerin keine Abgrenzung zwischen jenen Arbeiten und Kosten vorgenommen, die mit der Herstellung des Zustands bei Vertragsbeginn einerseits und mit dem nach ihrer Ansicht geschuldeten „guten Zustand“ andererseits verbunden seien. Damit fehle es an einem schlüssigen Vorbringen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Mietzinsvereinbarung unterliege gemäß dem bei Vertragsabschluss maßgeblichen § 1 Abs 2 Z 7 MG nicht dem Mietengesetz, weil das Bestandobjekt nach dem insofern nicht bestrittenen Klagsvorbringen längere Zeit vor der Inbestandgabe an die Beklagte nicht vermietet gewesen sei. Demnach könne auf Grund der Nachgiebigkeit des § 1096 ABGB die Instandhaltungsverpflichtung auf den Bestandnehmer übertragen werden. Dabei habe das Erstgericht die an verschiedenen Stellen der Vertragsurkunde auffindbaren Bestimmungen über die Erhaltungspflicht zutreffend gewürdigt. Da die Klägerin zum Zustand des Schlosses im Jahr 1969 kein Vorbringen erstattet habe, sei die Klage unschlüssig. Dies gelte auch für die von ihr behaupteten Beschädigungen, weil ihrem erstinstanzlichen Vorbringen nicht konkret zu entnehmen sei, welche konkreten Schäden durch welche konkreten Schädigungshandlungen herbeigeführt worden und welche konkreten Schadensbehebungskosten für welche Schäden erforderlich seien.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO für zulässig, weil sich Klauseln über die Erhaltung im „derzeitigen“ guten Zustand in einer Vielzahl von Bestandverträgen wiederfinden würden und damit eine erhebliche Rechtsfrage vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, sie ist auch berechtigt.

1. Zur Abdingbarkeit der Erhaltungspflichten des Bestandgebers:

Im Revisionsverfahren ist unstrittig, dass der Bestandvertrag im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht dem Vollanwendungsbereich des Mietengesetzes und dessen Bestimmungen über die Mietzinsbildung unterlag, weshalb die Pflicht des Bestandgebers zur laufenden Instandhaltung abdingbar war und diese ‑ einschließlich der Pflicht zur Instandsetzung sowie Erneuerung schuldlos schadhaft gewordener Teile ‑ auf den Bestandnehmer überwälzt werden konnte (vgl RIS-Justiz RS0021233).

2. Allgemeine Grundsätze zur Substantiierung des Klagebegehrens und Vorbringens:

Rechtliche Beurteilung

Jeder von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen muss ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein (RIS-Justiz RS0031014). Ein Klagebegehren ist dann rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RIS-Justiz RS0037516). Für die Schlüssigkeit des Klagebegehrens verlangt das Gesetz nicht, dass der gesamte Tatbestand vorgetragen wird. Es genügt, wenn die rechtserzeugenden Tatsachen vollständig und knapp angeführt sind (RIS-Justiz RS0036973). Für die Substantiierung eines Schadenersatzanspruchs ist es notwendig, dass ‑ neben dem ziffernmäßig bestimmten Begehren ‑ das rechtswidrige, schuldhafte und kausale Verhalten des Schädigers sowie die Art des eingetretenen Schadens behauptet wird (RIS-Justiz RS0037550).

3. Zur Verletzung der Erhaltungsverpflichtung:

3.1. Die Klägerin beruft sich zunächst auf eine Verletzung der Verpflichtung der Beklagten zur allgemeinen Herstellung eines tadellosen Erhaltungszustands. Das Klagebegehren ist insoweit ‑ zwischen den Streitteilen nicht strittig ‑ schlüssig. Streit zwischen den Parteien besteht nur darüber, ob sich die Erhaltungspflichten auf den Zustand des Bestandobjekts im Zeitpunkt der Übergabe oder auf jenen der Rückstellung beziehen.

Die Vorinstanzen vertreten die Meinung, dass die Beklagte nicht zur allgemeinen Herstellung eines tadellosen Erhaltungszustands verpflichtet sei. Sie meinen, dass ‑ ausgehend von ihrer Rechtsansicht ‑ die Klägerin hätte vorbringen müssen, in welchem konkreten Zustand sich das Schloss im Zeitpunkt der Übergabe im Jahr 1969 befunden habe. Da sie das nicht gemacht habe, sei die Klage unschlüssig. Die Vorinstanzen verkennen die Behauptungs- und Beweislast. Die Klägerin macht ihrer Rechtsansicht zur Vertragsauslegung entsprechend ihre Ansprüche schlüssig geltend. Das einmal schlüssige Vorbringen kann nicht durch den Einwand der Beklagten unschlüssig werden. Die Klagsabweisung erfolgte daher zu Unrecht.

3.2. Schon jetzt sei auf die Frage der Vertragsauslegung eingegangen.

3.2.1. Bei Auslegung einer Willenserklärung nach den §§ 914 f ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RIS-Justiz RS0017915). Da sich die Streitteile nicht auf einen vom Urkundeninhalt abweichenden Parteiwillen berufen haben, ist die Absicht der Parteien im Rahmen der rechtlichen Beurteilung allein aus den vorgelegten Urkunden nach dem objektiven Aussagewert des Textes und dem Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung im Zusammenhalt mit dem Zweck der Vereinbarung zu ermitteln (RIS-Justiz RS0017833).

3.2.2. Schon die einleitende Formulierung zur in Punkt VII. des Bestandvertrags geregelten Instandhaltungsverpflichtung, wonach das Bestandobjekt vom Bestandnehmer im „derzeitigen guten, gebrauchsfähigen und widmungsgemäßen Zustande“ zu erhalten ist, spricht ‑ in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen ‑ gegen eine umfassende, eine allgemeine Erneuerung beinhaltende Erhaltungsverpflichtung. Auch die unmittelbar anschließend vorgesehene Aufnahme einer Beschreibung über den gegenwärtigen Bauzustand ist ein Indiz dafür, dass grundsätzlich ein Bezug auf den Zustand im Zeitpunkt der Übergabe des Bestandobjekts gemacht wird. Damit im Einklang knüpft die Schadenersatzregelung unter Punkt XII. des Bestandvertrags ausdrücklich an den Zustand bei Vertragsbeginn an. Mit dieser Auslegung stehen ‑ entgegen den Revisionsausführungen ‑ die einzelnen in Punkt VII. des Bestandvertrags geregelten Erneuerungsverpflichtungen nicht in Widerspruch, stellen diese doch auf eingetretene Beschädigungen bzw auf den „Bedarfsfall“ ab. Selbst die Instandsetzungsverpflichtung unter Punkt VII. lit f des Bestandvertrags besteht nicht unbedingt, sondern nur nach Maßgabe der Notwendigkeit und Sicherheit (dazu noch genauer unter Punkt 3.2.3.). In der vor Vertragsabschluss angefertigten Urkunde Beilage ./A ist zwar von einem Anerkennungszins die Rede; im Gegenzug soll die Beklagte jedoch nur die Erhaltung („in einwandfreiem Zustand“) übernehmen, wie dies auch unter Punkt VII. lit g des Bestandvertrags (Verpflichtung zur „ordnungsgemäßen Erhaltung“) umgesetzt wurde.

Soweit die Revisionswerberin auf die Entscheidung 3 Ob 633/85 Bezug nimmt, sind die Sachverhalte nicht vergleichbar. Dort sollte das Bestandobjekt nach dem Krieg vom Mieter instandgesetzt und erhalten werden, weil dem Vermieter dazu die Mittel fehlten. Hier wurde aber das Bestandobjekt nach dem Vorbringen der Klägerin bereits in gutem Zustand übergeben.

Demnach war die Beklagte jedenfalls nicht zur allgemeinen Herstellung eines tadellosen Erhaltungszustands dem Zeitpunkt der Rückstellung entsprechend verpflichtet, sondern richtet sich die Erhaltungsverpflichtung grundsätzlich nach dem im Zeitpunkt der Übergabe im Jahr 1969 bestehenden Zustand.

3.2.3. In den Punkten VII. lit a ‑ e des Bestandvertrags sind Erneuerungsverpflichtungen zu bestimmten Gebäudeteilen vorgesehen. Sie stellen darauf ab, dass die dort angeführten Einrichtungen infolge Beschädigung (lit a, b, c, e) oder im Bedarfsfall (lit c) bzw erforderlichenfalls (lit d) zu „erneuern“ sind. Nicht näher ausgeführt wird hingegen bei den einzelnen Verpflichtungen, welcher konkrete Standard jeweils einzuhalten ist. Damit muss der Zweck dieser Verpflichtungen im Gesamtzusammenhang geprüft werden. Im Punkt VII. des Bestandvertrags, der die Instandhaltung des Bestandobjekts regelt, wurde einleitend der Beklagten allgemein die Erhaltungsverpflichtung des Bestandobjekts überbunden, wobei auf den „derzeitigen“ Zustand abgestellt wird. Aus der nachfolgenden Formulierung „Insbesondere hat der Bestandnehmer zur ordnungsgemäßen Instandhaltung … folgende Vorkehrungen zu treffen“ folgt, dass es sich bei den einzelnen Tatbeständen bloß um beispielhaft hervorgehobene Verpflichtungen handelt, die die Beklagte im Rahmen der allgemein überbundenen Erhaltungsverpflichtungen treffen. Auch wenn unter den lit a ‑ e des Punktes VII. des Bestandvertrags Verpflichtungen zur „Erneuerung“ vorgesehen sind, ist auch hier grundsätzlich nur der Erhaltungszustand im Übergabezeitpunkt maßgeblich.

3.2.4. Eine über den Erhaltungszustand im Übergabezeitpunkt hinausgehende Erneuerungsverpflichtung ist nach dem Vertragstext ausdrücklich nur unter Punkt VII lit f des Bestandvertrags festgelegt worin die Beklagte verpflichtet wurde, die Kanalisation, alle bestehenden Wasser- und Stromleitungen und sanitäre Anlagen in einwandfreien Zustand zu versetzen und so zu erhalten, dies jedoch nur nach Maßgabe der Notwendigkeit und Sicherheit. Insofern kommt es somit ausschließlich darauf an, ob diese Einrichtungen während der Vertragslaufzeit einen genannten Sanierungsbedarf auslösten; gegebenenfalls waren die Einrichtungen in einen „einwandfreien Zustand“ zu versetzen, worunter wohl nur eine Sanierung unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der Technik verstanden werden kann, aber nur in dem Ausmaß, in dem dies nötig war.

3.3. Es wird nun im fortzusetzenden Verfahren abzuklären sein, ob und in welchem Umfang die von der Klägerin ‑ ausgehend von einer vom Obersten Gerichtshof im Wesentlichen nicht geteilten Rechtsansicht ‑ im Zusammenhang mit der Verletzung der Erhaltungspflicht geltend gemachten Forderungen zu Recht bestehen. Ausgangspunkt ist dabei der im Jahr 1969 bestandene Zustand, den beide Vertragsparteien übereinstimmend als gut bezeichnen.

4. Zur Schadenszufügung durch positives Tun:

Zur Begründung der Schadenersatzansprüche hat sich die Klägerin ‑ neben der Verletzung vertraglicher Erhaltungspflichten ‑ auch auf den Rechtsgrund der Schadenszufügung durch positives Tun gestützt. In diesem Zusammenhang hat sie die Schädigungshandlungen im Detail dargelegt und die damit verbundenen Schadenspositionen konkret beziffert. Auch insoweit hat sie ihrer Substantiierungspflicht entsprochen.

5. Ergebnis und Kosten:

Da das Klagebegehren nicht aus den von den Vorinstanzen genannten Gründen unschlüssig ist, ist darüber im fortzusetzenden Verfahren zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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