European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00145.14M.0507.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Landesgericht für Strafsachen Wien Memish Y***** des Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 StGB schuldig.
Danach hat er am 24. Mai 2012 in Bulgarien die dort aufhältige bulgarische Staatsangehörige Nikolina P***** der Prostitution in Österreich, somit in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besaß oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, zugeführt, indem er ihr eine gemeinsame Zukunft in Österreich in Aussicht stellte, sie gemeinsam mit den abgesondert verfolgten Nurdin M***** und Metin Ma***** nach Österreich verbrachte und sie hier als Prostituierte für sich arbeiten ließ.
Unter einem sprach das genannte Gericht Memish Y***** gemäß § 259 Z 3 StPO vom ‑ zusammengefassten ‑ Vorwurf frei, er habe
im Zeitraum von 24. Mai 2012 bis 12. Juni 2012 in W***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, die als ein auf mehrere Jahre ausgerichteter Zusammenschluss von mehr als drei Personen darauf ausgerichtet war, dass von ihren Mitgliedern laufend durch den An‑ und Verkauf von Prostituierten verwirklichte Vergehen (richtig: Verbrechen) des Menschenhandels nach § 104a Abs 1 Z 2 Abs 4 StGB idF BGBl I 2004/15 sowie Verbrechen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 StGB begangen werden, Nikolina P***** mit dem Vorsatz, sich aus deren Prostitution eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, als ihr Zuhälter ausgebeutet, indem er sich nahezu die gesamten von ihr erzielten Erlöse aushändigen ließ (Faktum B./ der Anklage);
am 12. Juni 2012 in W***** im Rahmen der erwähnten kriminellen Vereinigung Nikolina P***** unter Einsatz unlauterer Mittel, und zwar unter Ausnützung ihrer Zwangslage, sich ohne alternative Wohn‑ und Arbeitsmöglichkeit und ohne jegliches soziales Umfeld in Österreich zu befinden, sowie gegen Annahme eines Vorteils für die Übergabe der Herrschaft über die Person, mit dem Vorsatz, dass sie sexuell und in ihrer Arbeitskraft durch Prostitutionsausübung ausgebeutet werde, dem abgesondert verfolgten Nurdin M***** weitergegeben, indem er sie diesem gegen eine Ablöse von 1.000 Euro und ein Fahrzeug im Wert von 1.500 Euro überließ und sie anwies, in weiterer Folge für diesen als Prostituierte zu arbeiten (Faktum C./ der Anklage).
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Freispruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt.
Der auf den Freispruch vom Anklagefaktum B./ bezogenen Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider kann von einer fehlenden bzw unzureichenden Begründung der erstgerichtlichen Beurteilung der Aussage der Zeugin P***** zur Frage ihrer Ausbeutung angesichts der dazu angestellten und ausdrücklich auf deren entgegengesetzte Angaben in ihrer kontradiktorischen Vernehmung einerseits und ihrer eidesstättigen Erklärung andererseits eingehenden Erwägungen keine Rede sein (US 8).
Im Hinblick darauf, dass die Tatrichter zu diesem Vorwurf ausdrücklich festhielten, im Zweifel nicht feststellen zu können, dass der Angeklagte das Opfer als dessen Zuhälter ausgebeutet habe (US 6 letzter Absatz), liegt in Bezug auf dieses Tatbestandsmerkmal auch keine Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall vor.
Da die solcherart erfolglos bekämpfte Negativfeststellung zum Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung (US 6 letzter Absatz) der angestrebten Verurteilung nach § 216 Abs 2 StGB jedenfalls entgegensteht, erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Ausführungen der Rüge zu diesem Faktum.
Soweit die sich gegen den Freispruch vom Anklagefaktum C./ richtende Beschwerde eine fehlende Begründung der Konstatierung zur Nicht-Feststellbarkeit eines Ausbeutungsvorsatzes und der Ausnützung einer Zwangslage (US 6 f) moniert, übersieht sie, dass das Erstgericht insoweit der nicht geständigen Verantwortung des Angeklagten ausdrücklich folgte (US 8 iVm ON 34 S 7 f), und verfehlt damit die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370).
Schon die ‑ mangels erfolgreicher Bekämpfung aktuell aufrechte ‑ Negativfeststellung zum Ausbeutungs-vorsatz schließt eine Verurteilung nach § 104a StGB jedenfalls aus, sodass der auf die Urteilsannahmen zur fehlenden Nachweisbarkeit einer Weitergabe sowie eines Einsatzes unlauterer Mittel durch Annahme eines Vorteils bezogene Einwand, die Tatrichter hätten diesen Konstatierungen entgegenstehenden Angaben des Zeugen Nurdin M***** (vgl ON 34 S 14 ff) übergangen (Z 5 zweiter Fall), ins Leere geht. Auch der Geltendmachung eines Feststellungsmangels zum Ausbeutungsvorsatz des Angeklagten (inhaltlich Z 9 lit a) ist solcherart die Grundlage entzogen (15 Os 69/13f).
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
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