OGH 20Os5/15h

OGH20Os5/15h19.2.2015

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 19. Februar 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Haslinger und Dr. Grassner als Anwaltsrichter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bachl als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen Mag. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtverletzung und der Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung des Kammeranwalts wegen Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 19. August 2013, AZ D 9/13 (DV 15/13), TZ 23, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, des Kammeranwalts der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer Mag. Kammler und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0200OS00005.15H.0219.000

 

Spruch:

Der Berufung wird Folge gegeben und über den Disziplinarbeschuldigten eine Geldbuße von 2.000 Euro verhängt.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Mag. ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt, weil er zu den im Treuhandbuch der OÖ Rechtsanwaltskammer eingetragenen Treuhandschaften TRH 11/1401, 11/1405 und 11/1409 in den Kontoverfügungsaufträgen bei den Treugebern nur die Konten der Verkäuferin, nicht aber der Käufer eintrug und weiters zu den Treuhandschaften TRH 11/1401, 11/1409 und 11/3253 am 22. Dezember 2011 vom Treuhandkonto Auszahlungen von zusammen 114.998,40 Euro vornahm, obwohl hinsichtlich dieser Beträge die Fälligkeit erst am 5. Juni 2012 eingetreten wäre, wodurch er gegen das Statut der Treuhandeinrichtung der OÖ Rechtsanwaltskammer, insbesondere Punkt 7., die Bestimmungen in den Anwartschaftsverträgen und §§ 10, 12 ff BTVG verstieß.

Gemäß § 39 DSt wurde von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen, dies aufgrund des Zugeständnisses des Disziplinarbeschuldigten bereits bei Durchführung der Treuhandrevision, dessen aktive Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung und der Persönlichkeit des Disziplinarbeschuldigten.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichteten (dem Obersten Gerichtshof am 27. Jänner 2015 vorgelegten) Berufung des Kammeranwalts wegen Strafe mit dem Antrag auf Verhängung einer schuld- und tatangemessenen Geldbuße kommt Berechtigung zu.

Zu Recht verweist der Berufungswerber darauf, dass die strikte Einhaltung von Treuhandvereinbarungen zu den grundlegenden Pflichten eines Rechtsanwalts gehört und die Verletzung von Treuhandpflichten ein gewichtiges Standesvergehen darstellt. Das Vertrauen in die Eignung von Rechtsanwälten als Treuhänder ist von besonderem Standesinteresse, da die Nichtzuhaltung von eingegangenen Treuhandpflichten auch bloß durch einzelne Standesmitglieder dem Ansehen der gesamten Anwaltschaft in besonderem Maße schadet, sodass damit auch eine tiefgreifende Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes verbunden ist. Mit der Einordnung als gewichtiges Standesvergehen selbst dann, wenn mit dem treuwidrigen Verhalten kein vermögensrechtlicher Nachteil für die Treuhänder verbunden ist, soll auch die rechtsuchende Bevölkerung vor derartigen Verstößen geschützt werden (16 Bkd 12/09). Die Schwere eines solchen Disziplinarvergehens gebietet in der Regel die Verhängung einer angemessenen Geldbuße selbst in Fällen der Unbescholtenheit und Schuldeinsicht eines Disziplinarbeschuldigten (16 Bkd 7/98).

Ausgehend vom im Erkenntnis festgestellten Sachverhalt hat der Disziplinarbeschuldigte in drei Fällen durch Eintrag bloß der Konten der Verkäuferin in die Kontoverfügungsaufträge gegen die Bestimmungen der Treuhand‑Einrichtung der OÖ Rechtsanwaltskammer und vor allem mehrfach gegen die von ihm übernommenen Treuhandpflichten verstoßen, indem er zwei Mal je 57.499,20 Euro vom Treuhandkonto an die Verkäuferseite überwies, obwohl die Fälligkeit für diese Auszahlungen erst nahezu ein halbes Jahr später eingetreten wäre. Diesen erschwerenden Umständen stehen die vom Disziplinarrat bereits berücksichtigten mildernden Momente gegenüber. Überdies ist der in der Gegenäußerung des Disziplinarbeschuldigten aufgezeigte, nicht von ihm zu vertretende Umstand der unverhältnismäßig langen Dauer des Verfahrens (nach dem Erkenntnis I. Instanz) mildernd zu werten (§ 34 Abs 2 StGB, RIS‑Justiz RS0114926). Die im Hinblick auf den Unrechtsgehalt und die Schuld des Disziplinarbeschuldigten (der zu seinen Einkommensverhältnissen keine konkreten Angaben machte) als angemessen zu wertende Geldbuße von 3.500 Euro war somit zum Ausgleich für die durch die lange Verfahrensdauer bewirkte Grundrechtsverletzung auf 2.000 Euro zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 38 Abs 2 und § 54 Abs 5 DSt.

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