OGH 9ObA102/14m

OGH9ObA102/14m29.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hopf als Vorsitzenden und durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Dehn, sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Harald Kohlruss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Stadt Wien *****, vertreten durch Dr. Peter Döller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei O***** T*****, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Mag. Johann Huber, Dr. Melanie Haberer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kündigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses (Streitwert: 21.800 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. Juni 2014, GZ 10 Ra 23/14x‑19, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 5. Dezember 2013, GZ 26 Cga 115/13s‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00102.14M.0129.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.329,84 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 221,64 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Beklagte war seit dem 1. 8. 1997 bei der Klägerin als Hausbesorger beschäftigt, ihm wurde eine Dienstwohnung überlassen.

Die Klägerin brachte am 3. 7. 2013 die gerichtliche Aufkündigung des Dienstverhältnisses des Beklagten gemäß § 18 Abs 7 HbG unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum 31. 10. 2013 beim Erstgericht ein. Sie bot dem Beklagten in der Aufkündigung an, die bisherige Dienstwohnung als Ersatzwohnung iSd § 18 Abs 7 HbG gegen einen aufgeschlüsselt dargestellten Mietzins zu mieten. Die Klägerin begehrte die Räumung der Dienstwohnung oder den Abschluss eines Mietvertrags über die bisherige Dienstwohnung.

Das Erstgericht bewilligte die Aufkündigung mit Beschluss vom 3. 7. 2013, sie wurde dem Beklagten am 17. 7. 2013 zugestellt.

Der Beklagte erhob dagegen fristgerecht Einwendungen. Er machte darin geltend, dass der Antrag der Klägerin unzureichend sei, weil er keine Angaben über die Höhe des Mietzinses enthalte. Darüber hinaus wandte er ein, dass die Kündigung diskriminierend sei, weil er von der Klägerin wegen seiner Weltanschauung, nämlich wegen seiner politischen Anschauungen, gekündigt worden sei.

Am 30. 7. 2013 brachte der Beklagte zu 32 Cga 143/13b des Erstgerichts gegen die Klägerin eine Klage auf Anfechtung der ihm am 17. 7. 2013 zugestellten Kündigung seines Dienstverhältnisses mit dem Begehren ein, diese für rechtsunwirksam zu erklären; hilfsweise begehrte er die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis über den 31. 10. 2013 hinaus aufrecht fortbestehe. Im Anfechtungsverfahren machte der Kläger geltend, dass die Kündigung diskriminierend sei, weil sie wegen seiner politischen Anschauungen ausgesprochen worden sei.

Das Verfahren 32 Cga 143/13b wurde am 21. 11. 2013 vom Erstgericht bis zur rechtskräftigen Erledigung des vorliegenden Verfahrens unterbrochen.

Das Erstgericht erkannte im Aufkündigungsverfahren, dass die Kündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses zum 31. 10. 2013 rechtswirksam und der Beklagte schuldig sei, die Hausbesorgerdienstwohnung zu räumen, oder über diese Wohnung einen Mietvertrag abzuschließen. Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, führte es aus, dass die Kündigung gemäß § 18 Abs 7 HbG auch dann zulässig sei, wenn dem Hausbesorger eine andere entsprechende Wohnung zur Verfügung gestellt werde. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, der von der Klägerin bereits in der Kündigung angebotene Mietzins sei sehr niedrig und für den Beklagten erschwinglich.

Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung mit der Maßgabe nicht Folge, dass es den vom Erstgericht lediglich pauschal im Spruch genannten Mietzins ziffernmäßig aufschlüsselte, und zwar in Nettomietzins, Betriebskosten, sowie besondere Aufwände und Umsatzsteuer.

Die Anfechtung einer Kündigung als diskriminierend setze eine zivilrechtlich wirksame Aufkündigung voraus. Sei dem Hausbesorger wie hier eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt, so habe die Kündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses durch den Hauseigentümer gerichtlich zu erfolgen. Der die Kündigung erklärende Hauseigentümer habe in dieser Erklärung die Gründe dafür kurz anzuführen; andere Gründe könne er später gemäß § 22 Abs 1 HbG nicht geltend machen. Eine wirksame Kündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses werde erst im gerichtlichen Verfahren geschaffen.

Durch das Angebot des Hauseigentümers, dem Hausbesorger eine entsprechende andere Wohnung, die auch die ehemalige Dienstwohnung sein könne, zur Verfügung zu stellen, werde der besondere Kündigungsschutz des Hausbesorgers gemäß § 18 Abs 6 HbG beseitigt, wobei ein solches Angebot nur dem Schutz vor Obdachlosigkeit Rechnung trage, aber keine arbeitsvertragliche Komponente aufweise. In arbeitsvertraglicher Hinsicht genieße der Hausbesorger, dem iSd § 18 Abs 7 HbG unter Beistellung einer Ersatzwohnung gekündigt werde, keinen besonderen Kündigungsschutz, sodass grundsätzlich der allgemeine Kündigungsschutz gemäß § 105 ArbVG zur Anwendung gelange. Auch die Anfechtung einer Kündigung wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots nach § 26 Abs 7 GlBG bzw nach § 54d VBO 1995 erfolge mit einer dem allgemeinen Kündigungsschutz nachgebildeten Anfechtungsklage und setze wie diese eine zivilrechtlich wirksame Aufkündigung voraus.

Da Gegenstand des Aufkündigungsverfahrens der Klägerin nur die Wirksamkeit der gerichtlichen Aufkündigung vom 3. 7. 2013 und die Zurverfügungstellung einer angebotenen Ersatzwohnung sei, habe der Beklagte die von ihm behauptete Diskriminierung durch die Kündigung der Klägerin zutreffend mit einer eigenen gesonderten Anfechtungsklage geltend gemacht. Diese setze eine wirksame Aufkündigung voraus, sodass über sie erst nach Beendigung des vorliegenden Verfahrens entschieden werden könne. Es bedürfe daher im vorliegenden Verfahren keiner Auseinandersetzung mit den Berufungsausführungen des Beklagten, soweit sie sich gegen die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über die Motive der Klägerin für die Kündigung richteten. Diese Feststellungen könnten für das Kündigungsanfechtungsverfahren des Beklagten auch keine Bindungswirkung entfalten.

Gegen die Feststellungen des Erstgerichts zur Beschaffenheit der als Ersatzwohnung angebotenen bisherigen Dienstwohnung, zum marktüblichen Mietzins für eine derartige Wohnung, sowie zur rechtlichen Beurteilung der qualitativen und finanziellen Zumutbarkeit der angebotenen Ersatzwohnung nach § 18 Abs 7 HbG enthalte die Berufung des Beklagten keine Ausführungen, sodass ihr ‑ abgesehen von der erforderlichen und dem Kündigungsantrag entsprechenden Aufgliederung des Mietzinses ‑ keine Berechtigung zukomme.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil für die hier zu beurteilende Verfahrenskonstellation eines Kündigungsverfahrens des Hauseigentümers über ein Hausbesorgerdienstverhältnis im Zusammenhang mit einer Anfechtung der Kündigung durch den Hausbesorger wegen Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die von der Klägerin beantwortete Revision des Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil der Streitfall bereits aufgrund vorhandener höchstgerichtlicher Rechtsprechung, insbesondere der Entscheidung 8 ObA 298/99b gelöst werden kann; die Revision des Beklagten ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen (vgl RIS‑Justiz RS0042656 [T48]).

1.  Unstrittig sind auf das vor dem 1. 7. 2000 abgeschlossenen Dienstverhältnis der Streitteile die Bestimmungen des Hausbesorgergesetzes (HbG), BGBl 1970/16, gemäß § 31 Abs 5 HbG anzuwenden.

2. Schon in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 8 ObA 298/99b, in der ebenfalls die Kündigung eines Hausbesorgers gemäß § 18 Abs 7 HbG zu behandeln war, hatte sich der Oberste Gerichtshof mit dem Verhältnis des § 18 HbG zu § 105 ArbVG auseinanderzusetzen. Er führte in dieser Entscheidung ua aus:

„Der durch § 18 Abs 6 HbG gewährte Kündigungsschutz ist davon abhängig, dass dem Hausbesorger eine Dienstwohnung zusteht. Ist das nicht der Fall, besteht auch kein Kündigungsschutz. Demgemäß kann gemäß § 18 Abs 7 HbG dem Hausbesorger ohne Vorliegen eines der in § 18 Abs 6 HbG genannten Gründe gekündigt werden, wenn ihm gleichzeitig vom Hauseigentümer eine andere entsprechende Wohnung zur Verfügung gestellt wird. Durch ein solches Angebot des Hauseigentümers wird daher der besondere Kündigungsschutz nach § 18 Abs 6 HbG beseitigt, wobei ein solches Angebot aber nur dem Schutz vor Obdachlosigkeit Rechnung trägt, aber keinerlei arbeitsvertragliche Komponente aufweist. In arbeitsvertraglicher Hinsicht genießt daher der Hausbesorger, dem iS § 18 Abs 7 HbG unter Beistellung einer Ersatzwohnung gekündigt wird, keinerlei Schutz, sodass die Annahme, in einem solchen Fall verdränge der Kündigungsschutz des HbG den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 105 ArbVG, jeglicher Grundlage entbehrt. Ob diese Annahme im Umfang der Anwendbarkeit des § 18 Abs 6 HbG gerechtfertigt ist, braucht hier nicht erörtert zu werden. Hier wurde der Hausbesorgerin unter Berufung auf § 18 Abs 7 HbG gekündigt, sodass sie sich jedenfalls auf den Schutz des § 105 ArbVG berufen kann.“

3. An diesen Ausführungen ist festzuhalten. Sie lassen sich auf den hier vorliegenden Fall übertragen. Die vom Beklagten im von ihm angestrengten Kündigungsanfechtungsverfahren geltend gemachte Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge der Weltanschauung (§ 54d VBO 1995) folgt in ihrer Konzeption der Anfechtung einer verpönten Motivkündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG (9 ObA 81/05k; RIS‑Justiz RS0120846; Hopf/Mayr/Eichinger , GlBG § 12 Rz 77). Dass damit keine unlösbaren Verwicklungen mit § 18 Abs 7 HbG verbunden sind, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 8 ObA 298/99b in Bezug auf § 105 ArbVG dargelegt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Geltendmachung der Diskriminierung durch die Kündigung nicht bloß einredeweise im Aufkündigungsverfahren gemäß § 18 Abs 7 HbG, sondern durch Klage im Verfahren über die Anfechtung der Kündigung zu erfolgen hat, steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Dies deckt sich auch mit dem Rechtsfolgenkonzept und Verjährungsregime der VBO 1995, die zu den § 54d Abs 1 und 2, § 54h Abs 1 auf eine Klage abstellt. Der Beklagte hat sichtlich ohnehin davon ausgehend und auch insofern vergleichbar zu 8 ObA 298/99b die Kündigung bereits in einem eigenen Verfahren mit Klage angefochten.

4.  Dem Argument, des Revisionswerbers, der Einwand der Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung sei schon deshalb im vorliegenden Verfahren zu prüfen, weil es keine ausdrücklichen Vorschriften zur Diskriminierung von Hausbesorgern im österreichischen Recht gebe, kommt im hier zu beurteilenden Fall keine Berechtigung zu. Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht auf § 54d VBO 1995 hingewiesen. Diese Bestimmung ist ausdrücklich gemäß § 54k Abs 1 VBO 1995 auch für die in § 1 Abs 2 Z 1 VBO 1995 genannten Personen, die dem Hausbesorgergesetz 1970 unterliegen, anwendbar.

5. Die vom Revisionswerber geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz hat bereits das Berufungsgericht verneint, sodass sie in der Revision nicht neuerlich aufgegriffen werden kann (RIS‑Justiz RS0042963 ua).

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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