OGH 1Ob8/15f

OGH1Ob8/15f22.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** K*****, 2. Mag. E***** K*****, und 3. W***** K*****, alle vertreten durch Dr. Andreas König und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. I***** S*****, vertreten durch Dr. Johannes Stieldorf, Rechtsanwalt in Wien 1, wegen Unterlassung, über die „außerordentliche“ Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. November 2014, GZ 3 R 251/14d‑14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 17. Juli 2014, GZ 31 C 395/13x‑10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00008.15F.0122.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab der auf Unterlassung der Zuleitung von Abwässern gerichteten und von den Klägern mit 6.000 EUR bewerteten Klage statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche“ Revision der Beklagten legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision ‑ außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ‑ wie hier ‑ für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Nach der unanfechtbaren und bindenden Bewertung durch das Berufungsgericht nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO ‑ die Beklagte macht eine offenbare Unterbewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht (RIS‑Justiz RS0109332) gar nicht geltend ‑ liegt der Wert des Streitgegenstands im dargestellten Zwischenbereich.

Zwar hat der Kläger das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachtet. Der Revision fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO) gestellt werde. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO); dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS‑Justiz RS0109623; RS0109501 [T4]).

Das Rechtsmittel wäre demnach ‑ auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird ‑ dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Das wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob die im Schriftsatz enthaltenen Ausführungen, wonach die Revision zulässig sei, den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T5], RS0109501 [T12]).

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

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