European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00149.14X.0114.000
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem und in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 7. Oktober 2014, GZ 39 Hv 110/14x‑25, wurde Afrim K***** jeweils mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall SMG und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Unter Bezugnahme auf ein jüngst (in einer anderen Sache) ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 23. 10. 2014, 54648/09, Furcht/Deutschland) beantragt der Verurteilte mit Eingabe vom 20. November 2014 die Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO. In dieser behauptet er eine Verletzung des Art 6 Abs 1 MRK, weil die seiner Verurteilung zu Grunde liegenden Taten ohne die durch die Polizei erfolgte Provokation jener Person, von der Afrim K***** den Auftrag zur Begehung der abgeurteilten Taten erhalten habe, nicht begangen worden wären, und es „ohne Verwertung der Ergebnisse dieser Tatprovokation“ zu keiner Verurteilung gekommen wäre. In Kenntnis der zitierten Entscheidung des EGMR hätte „die gesamte Verteidigungsstrategie […] anders ausgelegt werden können“, wobei die im gegenständlichen Urteil bei der Strafbemessung vorgenommene Wertung der „nicht ausschließbare(n) Verleitung durch 'agent provocateur' (Probekauf)“ als Milderungsgrund keinen hinreichenden Ausgleich für den dargelegten Grundrechtsverstoß darstelle.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag erweist sich als unzulässig.
Für einen Erneuerungsantrag, der sich nicht auf ein Urteil des EGMR stützt (RIS‑Justiz RS0122228), gelten die gegenüber diesem normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen (Art 34 und 35 MRK) sinngemäß (RIS‑Justiz RS0122737, RS0128394). Demnach kann (auch) der Oberste Gerichtshof erst nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs angerufen werden (Art 35 Abs 1 MRK). Diesem Erfordernis wird entsprochen, wenn von allen zugänglichen (effektiven) Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht wurde (vertikale Erschöpfung) und die geltend gemachte Konventionsverletzung zumindest der Sache nach und in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften im Instanzenzug vorgebracht wurde (horizontale Erschöpfung; vgl RIS‑Justiz RS0122737 [T13]; Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 13 Rz 26 ff, 34 ff).
Diese Voraussetzungen hat der Antragsteller mit Blick auf das unangefochten in Rechtskraft erwachsene Urteil des Landesgerichts Innsbruck nicht erfüllt.
Dass die Ergreifung einer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung an das Oberlandesgericht (§ 489 Abs 1 StPO) aussichtslos und nicht geeignet gewesen wäre, allenfalls die Anerkennung einer Grundrechtsverletzung und die Schaffung eines (den Vorgaben des EGMR entsprechenden) Ausgleichs herbeizuführen, oder sonstige Umstände vorliegen, die den Erneuerungswerber vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung (die dem Staat frühzeitig die Gelegenheit gibt, allfällige Rechtsverletzungen zu verhindern oder zu beseitigen) freistellen würden, wird von diesem nicht aufgezeigt (vgl Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 13 Rz 28 f; zum ergänzenden Vorbringen in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur vgl RIS‑Justiz RS0123231).
Der solcherart unzulässige Erneuerungsantrag war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ gemäß § 363b Abs 2 StPO (analog) schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0128394 [T1]).
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