European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00140.14A.1218.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden William I***** des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§ 148a Abs 1 und Abs 2 erster und dritter Fall, 15 Abs 1 StGB sowie Reka T***** des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§ 12 dritter Fall, 148a Abs 1 und Abs 2 erster und dritter Fall, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach haben in W*****
I./ William I***** mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Unternehmen dadurch, dass er an deren Datenverarbeitungsanlage das Ergebnis der automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Daten beeinflusste, indem er auf deren Internetseiten mit der Funktion zur Bestellung von Waren, nämlich elektronischer Geräte, Bekleidung und Kosmetika, unrichtige Namen und Geburtsdaten sowie nicht existierende Kreditkartennummern bzw ‑angaben eingab, wobei er die Tat gewerbsmäßig begangen und einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden, nämlich in Höhe von 69.392,64 Euro herbeigeführt hat bzw herbeiführen wollte,
A./ am Vermögen geschädigt, und zwar
1./ am 6. Mai 2013 die F***** GmbH in Höhe von 487,80 Euro;
2./ das Unternehmen O*****
a./ am 15. Oktober 2013 in Höhe von 662,90 Euro;
b./ am 23. Oktober 2013 in Höhe von 812,85 Euro;
c./ am 24. Oktober 2013 in Höhe von 1.487,75 Euro;
3./ die Sn***** GmbH
a./ am 13. November 2013 in Höhe von 339,85 Euro;
b./ am 20. Dezember 2013 in Höhe von 299,95 Euro;
c./ am 23. Dezember 2013 in Höhe von 709,85 Euro;
d./ am 24. Dezember 2013 in Höhe von 1.099,95 Euro;
4./ die l***** GmbH
a./ am 14. Dezember 2013 in Höhe von 427 Euro;
b./ am 19. Dezember 2013 in Höhe von 697 Euro;
c./ am 30. Dezember 2013 in Höhe von 794 Euro;
d./ am 6. Jänner 2014 in Höhe von 1.137 Euro;
e./ am 14. Jänner 2014 in Höhe von 1.124 Euro;
5./ am 30. Dezember 2013 die k***** GmbH und Co KG in Höhe von 437,90 Euro;
6./ am 6. Jänner 2014 die G***** GmbH in Höhe von 1.047,30 Euro;
7./ am 16. Jänner 2014 die P***** GmbH in Höhe von 1.787,90 Euro;
B./ versucht, am Vermögen zu schädigen, und zwar
1./ die F***** GmbH
a./ am 6. Mai 2013 in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 437,80 Euro;
b./ am 8. Mai 2013 in Höhe von 929 Euro;
c./ am 8. Mai 2013 in Höhe von 848 Euro;
d./ am 8. Mai 2013 in Höhe von 478 Euro;
e./ am 11. Mai 2013 in Höhe von 899,80 Euro;
f./ am 11. Mai 2013 in Höhe von 1.027,80 Euro;
g./ am 7. Juli 2013 in Höhe von 486,80 Euro;
h./ am 15. August 2013 in Höhe von 486,80 Euro;
i./ am 10. Dezember 2013 in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 676,80 Euro;
j./ am 12. Dezember 2013 in Höhe von 407,80 Euro;
2./ am 12. Mai 2013 die C***** GmbH in Höhe von 769 Euro;
3./ am 12. Mai 2013 die A***** GmbH in Höhe von 710,08 Euro;
4./ das Unternehmen S*****
a./ am 10. Juni 2013 in Höhe von 520 Euro;
b./ am 16. Jänner 2014 in drei Angriffen in Höhe von jeweils 666 Euro;
5./ die Ko***** GmbH
a./ am 22. November 2013 in Höhe von 633,90 Euro;
b./ am 4. Dezember 2013 in Höhe von 370,90 Euro;
c./ am 4. Dezember 2013 in Höhe von 633,90 Euro;
d./ am 13. Dezember 2013 in Höhe von 285,90 Euro;
e./ am 14. Dezember 2013 in Höhe von 285,90 Euro;
f./ am 16. Jänner 2014 in drei Angriffen in Höhe von jeweils 355,90 Euro;
6./ am 30. Dezember 2013 die Sn***** GmbH in Höhe von 911,52 Euro;
7./ am 31. Dezember 2013 die k***** GmbH und Co KG in Höhe von 970 Euro;
8./ das Unternehmen Q*****
a./ am 3. Jänner 2014 in Höhe von 999 Euro;
b./ am 4. Jänner 2014 in drei Angriffen in Höhe von jeweils 999 Euro;
c./ am 6. Jänner 2014 in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 999 Euro;
d./ am 7. Jänner 2014 in Höhe von 999 Euro;
9./ die G***** GmbH
a./ am 8. Jänner 2014 in Höhe von 1.047,30 Euro;
b./ am 9. Jänner 2014 in Höhe von 1.047,30 Euro;
c./ am 10. Jänner 2014 in Höhe von 1.047,30 Euro;
d./ am 10. Jänner 2014 in Höhe von 694,34 Euro;
e./ am 11. Jänner 2014 in Höhe von 1.233,85 Euro;
f./ am 15. Jänner 2014 in Höhe von 1.047,30 Euro;
g./ am 16. Jänner 2014 in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 1.328,64 Euro;
h./ am 16. Jänner 2014 in Höhe von 517,88 Euro;
i./ am 16. Jänner 2014 in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 1.954,88 Euro;
j./ am 16. Jänner 2014 in Höhe von 803,59 Euro;
10./ am 15. Jänner 2014 die c***** KG in drei Angriffen in Höhe von jeweils 552,40 Euro;
11./ am 16. Jänner 2014 die G***** mbH in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 808,99 Euro;
12./ am 16. Jänner 2014 die Sk***** Ltd in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 390,91 Euro;
13./ die l***** GmbH
a./ am 16. Jänner 2014 in Höhe von 2.202 Euro;
b./ am 20. Jänner 2014 in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 1.561 Euro;
14./ am 16. Jänner 2014 das Warenhaus H***** in drei Angriffen in Höhe von jeweils 1.495 Euro;
15./ am 17. Jänner 2014 die M***** GmbH in Höhe von 574 Euro;
16./ die P***** GmbH
a./ am 17. Jänner 2014 in drei Angriffen in Höhe von jeweils 1.176,90 Euro;
b./ am 20. Jänner 2014 in zwei Angriffen in Höhe von jeweils 1.326 Euro;
17./ am 20. Jänner 2014 das H***** in Höhe von 848,95 Euro;
II./ Reka T***** gewerbsmäßig zu den zu I./ genannten strafbaren Handlungen des William I***** beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem sie vor den genannten Zeitpunkten diesem zusagte und versicherte, dass er ihre Wohnungsadresse als Zustelladresse angeben und ihre Wohnung zur Lagerung der so bestellten Waren nutzen könne, sowie die übersandten Warenlieferungen entgegenzunehmen bzw von der Postfiliale abzuholen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die vom Angeklagten William I***** aus Z 5a und von der Angeklagten Reka T***** aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.
Zum Ablauf des Bestellvorgangs konstatierte das Erstgericht abschließend:
Der gesamte Ablauf der Bestellung des Kunden bis zur Lieferung der bestellten Ware ist derart standardisiert und automatisiert, dass keine Person in diesen Ablauf eingreift bzw diesen auch nicht laufend kontrolliert (US 11).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten William I*****:
Unter dem Prätext, auf Grund der Aktenlage, insbesondere der Faktenaufstellung ON 45, ergäben sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen, strebt die Tatsachenrüge (Z 5a, dSn Z 10) den Entfall der Qualifikation des § 148a Abs 3 dritter Fall StGB an, weil die wiederholten Versuche zu I./B./1./a./, h./ und i./, 4./d./ (gemeint wohl: b./), 5./c./, e./ und s./ (gemeint offenbar: f./), 8./b./, c./ und d./, 9./b./, c./, f./, g./ und i./, 10./, 11./, 12./, 13./b./, 14./ sowie 16./a./ und b./ jeweils nur mit dem jeweiligen Warenwert hätten berücksichtigt werden dürfen.
Zur Fundierung dieses Rechtsstandpunkts wird aber bloß begründungslos behauptet, die mehrfachen, überwiegend unmittelbar aufeinanderfolgenden Versuche der Bestellung einer Ware seien bei Errechnung der qualifizierenden Schadenssumme mehrfach berücksichtigt worden, statt sie als einen Versuch zu werten und mit dem Wert der jeweiligen Ware anzusetzen, nicht jedoch mit der Anzahl der Versuche zu multiplizieren, ohne dass die Beschwerde dies ‑ wie geboten (vgl RIS-Justiz RS0116569, RS0116565) ‑
methodisch vertretbar aus dem Gesetz ableitet.
Damit wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund jedoch nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§ 285a Z 2 StPO; vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 588, § 285d Rz 12 ff).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Reka T*****:
Weshalb die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) isoliert hervorgehobenen beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts zur Frage, warum „die Zweitangeklagte den Erstangeklagten wegen der Pakete nicht zur Rechenschaft zog“ (vgl US 24 f), mit einem „Feststellungsmangel“ (zum Begriff: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600 ff) behaftet seien, legt die Beschwerde nicht nachvollziehbar dar. Solcherart ist das Vorbringen einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich.
Die von der Beschwerde vermissten Konstatierungen zu gewerbsmäßigem Handeln finden sich auf US 19.
Auch soweit die Nichtigkeitswerberin erkennbar fehlende Feststellungen zu einem über die Bagatellgrenze hinausreichenden beabsichtigten Einkommen anspricht, versagt sie. Da die von der Rechtsprechung bei der Auslegung des § 70 StGB vorgenommene Einschränkung, wonach dann, wenn das beabsichtigte Einkommen insgesamt die Bagatellgrenze nicht hätte überschreiten sollen, gewerbsmäßige Begehung ausscheidet, eine negative Tatbestandsvoraussetzung begründet, hätte es zur prozessförmigen Darstellung mangelnder derartiger Urteilsannahmen eines Hinweises auf darauf deutende, in der Hauptverhandlung vorgekommene Indizien bedurft (11 Os 74/08d mwN).
Bei ihrem abschließenden Einwand, das Erstgericht habe nicht durch Feststellungen untermauern können, ob sie bei allen Straftaten beteiligt gewesen sei, übergeht die Beschwerdeführerin die tatrichterliche Annahme, sie habe William I***** vor dessen Internetbestellungen zugesagt und versichert, dass er ihre Wohnungsadresse als Zustelladresse angeben und ihre Wohnung zur Lagerung der so bestellten Waren nutzen könne, sowie die übersandten Warenlieferungen entgegenzunehmen bzw von der Postfiliale abzuholen (US 18). Damit geht sie nicht von der Gesamtheit der tatrichterlichen Konstatierungen aus und verfehlt solcherart den gerade darin gelegenen gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu ergangenen Äußerung der Zweitangeklagten bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO bleibt anzumerken, dass die Wertung der mangelnden Bereitschaft der Zweitangeklagten zur Verantwortungsübernahme, also im Ergebnis deren leugnende Verantwortung, als eine für die Ablehnung der ‑ auch teilweisen ‑ Gewährung bedingter Strafnachsicht (mit-)entscheidende Tatsache (US 31 letzter Absatz) eine iSd § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO unrichtige Gesetzesanwendung darstellt (RIS-Justiz RS0090897). Diesem von der Beschwerde nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Berufungsentscheidung Rechnung zu tragen haben (RIS-Justiz RS0122140).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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