OGH 5Ob179/14f

OGH5Ob179/14f16.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. M***** J***** Z*****, geboren am *****, und 2. A***** Z*****, geboren am *****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Clemens Vintschgau, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts und anderer Grundbuchhandlungen ob der EZ 94 GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. August 2014, AZ 47 R 153/14v, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 7. Mai 2014, TZ 1713/2014, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts einschließlich seines in Rechtskraft erwachsenen stattgebenden Teils insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Urkunden

1 Kaufvertrag vom 11.04.2014

2 Reisepass (J*****) vom 30.11.2010

3 Reisepass (A*****) vom 06.07.2006

4 Heiratsurkunde vom 17.05.2010

5 Pfandbestellungsurkunde vom 28.04.2014

6 Beschluss vom 06.05.2013

Bewilligt wird

1 in EZ 94 KG *****

auf Anteil B-LNR 71

71 Anteil: 120/5047

G***** L*****

GEB: ***** ADR: D***** Str. ***** *****

a 4978/1971 Wohnungseigentum an W 4 St III

im Rang TZ 1550/2014 zu 60/5047 (hinsichtlich der Liegenschaft) die Einverleibung des Eigentumsrechts

für M***** J***** Z***** , geb. *****, *****

Verbindung gem § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002

2 in EZ 94 KG *****

auf Anteil B-LNR 71

71 Anteil: 120/5047

G***** L*****

GEB: ***** ADR: D***** Str. ***** *****

a 4978/1971 Wohnungseigentum an W 4 St III

im Rang TZ 1550/2014 zu 60/5047 (hinsichtlich der Liegenschaft) die Einverleibung des Eigentumsrechts

für A***** Z***** , geb. *****, *****

Verbindung gem § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002

3 in EZ 94 KG *****

auf Anteil B-LNR 71

71 Anteil: 120/5047

G***** L*****

GEB: ***** ADR: D***** Str. ***** *****

a 4978/1971 Wohnungseigentum an W 4 St III

auf Anteil gemäß Pkt. 1

auf Anteil gemäß Pkt. 2

im Rang TZ 1598/2013 jedoch nur hinsichtlich EUR 120.000,--

die Einverleibung des Pfandrechts EUR 120.000,--

für B***** AG , FN *****

4 in EZ 94 KG *****

beim Pfandrecht gemäß Pkt. 3

die Anmerkung des Kautionsbandes

Verständigt wird

1) M***** J***** Z*****, geb. *****

2) A***** Z*****, geb. *****

3) B***** AG, FN *****, GZ AT*****

4) Dr. G***** L*****, geb. *****

5) Magistrat der Stadt Wien MA 69 Liegenschaftsmanagement, Lerchenfelderstrasse 4, 1080 Wien

6) Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel, Marxergasse 4, 1030 Wien

7) Dr. Stefan Melhardt, GZ AT171400002440485390m pAdr BMF, Johannesgasse 5, 1010 Wien

8) Dr. Clemens Vintschgau, geb. 27.04.1957, Dominikanerbastei 19, 1010 Wien“

Vollzug und Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Begründung

Die Antragsteller stellten ua aufgrund des Kaufvertrags vom 11. 4. 2014 das aus dem Spruch ersichtliche Begehren.

Das Erstgericht bewilligte die Vormerkung des Eigentumsrechts der Antragsteller sowie die weiter begehrten Eintragungen und wies das Mehrbegehren auf Einverleibung des Eigentumsrechts der Antragsteller ab. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Einverleibung des Eigentumsrechts hätte gemäß § 160 BAO den Nachweis erfordert, dass die Grunderwerb- bzw Schenkungssteuer bezahlt bzw gemäß §§ 11, 13 GrEStG berechnet worden sei und abgeführt werde. Dies wäre durch Vorlage der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung oder einer Bestätigung des Parteienvertreters nachzuweisen gewesen. Dieser hier fehlende Nachweis hätte entweder durch einen Vermerk im elektronischen Antrag, durch Vorlage einer Bestätigungserklärung oder Anbringung eines Stempels am Vertrag erfolgen können, wobei bei letzteren beiden jeweils die Unterfertigung des Vertreters erforderlich gewesen wäre.

Das Rekursgericht gab dem gegen den abweislichen Teil des erstgerichtlichen Beschlusses gerichteten Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass die zulässige elektronische Einbringung einer Urkunde einen Hinweis auf den Speicherort in einem Urkundenarchiv sowie die Erteilung der Ermächtigung zum Zugang und die Bekanntgabe des eindeutigen Urkundenidentifizierungsbegriffs voraussetze (RIS-Justiz RS0124534). Nach der für die Rechtsmittelentscheidung ausschlaggebenden Aktenlage hätten derartige Hinweise im Gesuch der Antragsteller gefehlt. Es sei demnach keine dem § 10 Abs 2 ERV 2006 entsprechende elektronische Eingabe erfolgt. Dieses Formgebrechen hätte spätestens mit der Rekursvorlage beseitigt werden müssen, weil nur in einem solchen Fall das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot durchbrochen worden sei. Zutreffend sei zwar, dass im Kaufvertrag eine dem § 12 GrEStG entsprechende Erklärung abgegeben worden sei, doch seien weder Kaufvertrag noch die weiteren Urkunden nach der Aktenlage in der gesetzlich vorgeschriebenen Form, die eine Übereinstimmung mit dem Original gewährleiste, vorgelegt worden. Das Begehren auf Einverleibung sei daher abzuweisen gewesen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass (auch) dem Antrag der Antragsteller auf Einverleibung ihres Eigentumsrechts stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Ein offenbarer Fehler bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Rekursgericht ist im Hinblick auf den sich aus § 4 Abs 1 GrEStG 1987 (idF BGBl I 2014/36) ergebenden Bewertungsgrundsatz und den aus dem Kaufvertrag ersichtlichen Kaufpreis von 200.000 EUR nicht zu erkennen.

2. Gemäß § 89d Abs 1 GOG gelten elektronische Eingaben (§ 89a Abs 1 GOG) als bei Gericht angebracht, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Ist vorgesehen, dass die Eingaben über eine Übermittlungsstelle zu leiten sind (§ 89b Abs 2 GOG), und sind sie auf diesem Weg bei der Bundesrechenzentrum GmbH tatsächlich zur Gänze eingelangt, so gelten sie als bei Gericht mit demjenigen Zeitpunkt angebracht, an dem die Übermittlungsstelle dem Einbringer rückgemeldet hatte, dass sie die Daten der Eingabe zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat.

3. Der erkennende Senat hat zu der zuvor wiedergegebenen Rechtslage in seiner Entscheidung 5 Ob 188/12a NZ 2013/136 ( Hoyer ) im Ergebnis abgeleitet, dass auch betreffend den Inhalt (den Umfang) des bei Gericht eingelangten Antrags der in § 89d Abs 1 GOG genannte Zeitpunkt maßgeblich ist. Es ist daher ‑ offenbar entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ‑ nicht etwa darauf abzustellen, ob beim Ausdruck des ERV-Antrags bei Gericht bestimmte Inhalte der elektronische Eingabe nicht (vollständig) wiedergegeben werden. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:

4. Die Antragsteller haben durch Vorlage ihres Antragsausdrucks (Grundbuchsantrag Zusammenfassung [Antrag 2]) versehen mit dem „Ergebnis: (OK) Angenommen“ nachgewiesen, dass der darin enthaltene Inhalt vollständig gemäß § 89d Abs 1 GOG bei Gericht angebracht wurde. Aus diesem Antragsinhalt ist ersichtlich, dass die Antragsteller zu allen dem Gesuch zugrunde gelegten Urkunden die vom Rekursgericht vermissten Archivierungsdaten angeführt haben. Der Eintrag für den Kaufvertrag lautet:

„1. Kaufvertrag archiviert in Archivium (2014050D4KYX0000 Prüfsumme: FA) errichtet am 11.04.2014“

Ein Gesuchsdefizit betreffend den Hinweis auf den Speicherort in einem Urkundenarchiv sowie die Urkundenidentifizierung liegt somit ‑ entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ‑ nicht vor. Der Umstand, dass der Ausdruck des ERV-Antrags bei Gericht insoweit unvollständig war, geht nicht zu Lasten der Antragsteller.

5. Da der Kaufvertrag auch die vom Antragstellervertreter unterfertigte Selbstberechnungserklärung gemäß §§ 11 ff GrEStG 1987 enthält, liegen die von den Vorinstanzen angenommenen Bewilligungshindernisse insgesamt nicht vor. Das Gesuch war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses zur Gänze zu bewilligen.

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