OGH 12Os124/14y

OGH12Os124/14y27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Oshidari und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Isabella M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 17. Juli 2014, GZ 37 Hv 58/14g‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00124.14Y.1127.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Isabella M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien (§ 147 Abs 2 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, zwischen dem Jahr 2008 und Ende Juli 2013 in zahlreichen Angriffen auf die im Urteil bezeichnete Weise, insbesondere durch Vorspiegelung ihrer Zahlungs- bzw Rückzahlungsbereitschaft, die dort genannten Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich vor allem zur (zum Teil mehrfachen) Gewährung von Darlehen, zu Dienstleistungen und zu Warenlieferungen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der Verfahrensrüge zuwider durfte das Erstgericht den Antrag, „eine Bestätigung bei der Firma A***** einzuholen, dass die Angeklagte, wie von ihr angegeben, als Spielerin dort registriert ist, zum Beweis ihrer Spielsucht“ (ON 42 S 7), ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten ablehnen, weil es das behauptete Beweisthema ohnedies als erwiesen angenommen hat (US 5, 9).

Aber auch das Begehren auf „Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die Angeklagte an einer krankheitswertigen Spielsucht leidet, zum Beweis ihrer Motivation“ (ON 42 S 2), verfiel zu Recht der Abweisung, weil dieser Antrag keineswegs, wie die Beschwerde behauptet, deutlich und bestimmt erkennen lässt, dass damit Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB, also die Unfähigkeit, wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung, das Unrecht ihrer Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zum Zeitpunkt der Begehung der Betrügereien unter Beweis gestellt werden sollte, sondern ‑ wie die Tatrichter ohnedies zutreffend erkannten (ON 42 S 8) ‑ bloß das Motiv für die Tatbegehung berührt.

Die in der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde

nachgetragenen Argumente als Versuch einer Fundierung des Antrags unterliegen dem Neuerungsverbot und sind somit unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).

Im Übrigen kann Spielsucht zwar in Ausnahmefällen Zurechnungsunfähigkeit bewirken, doch nur dann, wenn der Täter unter Anführung dafür sprechender Umstände tatsächlicher Art eine Diskretions- und/oder Dispositionsunfähigkeit aufgrund einer Spielsucht von Krankheitswert behauptet ‑ die sich ja nicht allein auf die Beherrschung seiner Spielleidenschaft, sondern auch auf die Begehung strafbarer Handlungen zu deren Finanzierung erstrecken muss ‑ oder Verfahrensergebnisse eine solche indizieren, sind hiezu nach entsprechender Beweisaufnahme klärende Feststellungen zu treffen (11 Os 18/06x, 14 Os 20/08k). Vorliegend ergeben sich solche Anhaltspunkte jedoch keineswegs aus der Verantwortung der zur Gänze geständigen Angeklagten, die ihre ihr erst im Nachhinein bewusst gewordene, einmal mehr und einmal weniger vorhandene Spielsucht beschrieb und lediglich davon sprach, sich anscheinend den großen Gewinn erhofft zu haben, damit sie alles wieder gutmachen kann (ON 42 S 3 bis 5).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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