European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0110OS00129.14A.1125.000
Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 13. November 2012, GZ 13 Hv 58/12k‑40, verletzt im Agron E***** betreffenden Schuldspruch nach § 27 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 2 SMG § 35 Abs 1 SMG iVm § 37 SMG.
Es werden das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im genannten Schuldspruch, demgemäß auch im entsprechenden Strafausspruch sowie der Beschluss nach §§ 50 Abs 1, 51 StGB aufgehoben und dem Landesgericht St. Pölten aufgetragen, das Verfahren nach §§ 35 Abs 1, 37 SMG durchzuführen.
Text
Gründe:
Mit dem ‑ zulässig gekürzt ausgefertigten, auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch des Angeklagten und eines Mitangeklagten enthaltenden ‑ Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 13. November 2012, GZ 13 Hv 58/12k‑40, wurde Agron E***** des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 2 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er von 24. Februar 2012 bis 4. März 2012 in W***** ausschließlich zum (zu ergänzen: eigenen ‑ US 4) persönlichen Gebrauch (zu ergänzen: vorschriftswidrig) Suchtgift, nämlich insgesamt 10 Gramm Heroin von unbekannten Dealern erworben.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde die nach dem privilegierenden Strafsatz des § 27 Abs 2 SMG bemessene Freiheitsstrafe von zwei Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und dem Angeklagten gemäß §§ 50 Abs 1, 51 StGB mit zugleich ergangenem Beschluss die Weisung erteilt, sich einer psychosozialen Beratung und Betreuung beim Verein Caritas zu unterziehen und dies dem Gericht alle drei Monate unaufgefordert nachzuweisen.
Die Entscheidungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Der Schuldspruch steht ‑ wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt ‑ mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Nach § 35 Abs 1 SMG hat die Staatsanwaltschaft unter den in den Abs 3 bis 7 leg cit genannten Voraussetzungen und Bedingungen von der Verfolgung einer Straftat nach §§ 27 Abs 1 und 2 oder 30 SMG, die ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen worden ist, ohne dass der Beschuldigte daraus einen Vorteil gezogen hat, unter Bestimmung einer Probezeit von einem bis zu zwei Jahren vorläufig zurückzutreten. Gemäß § 37 SMG hat nach Einbringen der Anklage das Gericht die §§ 35 und 36 SMG sinngemäß anzuwenden und das Verfahren unter den für die Staatsanwaltschaft geltenden Voraussetzungen bis zum Schluss der Hauptverhandlung mit Beschluss einzustellen.
Das Schöffengericht hätte daher im Hinblick auf die ausdrückliche Bejahung ausschließlich zum eigenen persönlichen Gebrauch begangener Straftaten nach § 27 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 2 SMG die an keine weiteren Voraussetzungen gebundenen zwingenden Diversionsbestimmungen nach §§ 35 Abs 1, 37 SMG anzuwenden und demzufolge grundsätzlich eine Auskunft sowie eine Stellungnahme gemäß § 35 Abs 3 Z 1 und 2 SMG und die Zustimmung des Angeklagten zu allfälligen notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen (§ 35 Abs 6 SMG) einzuholen gehabt (RIS‑Justiz RS0113620 [T9]). Feststellungen, die die Nichtanwendung der Diversion rechtfertigen könnten, finden sich in der gekürzten Urteilsausfertigung nicht.
Aufgrund der Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten, sah sich der Oberste Gerichtshof zu der aus dem Spruch ersichtlichen Vorgangsweise veranlasst (§ 292 letzter Satz StPO).
Festzuhalten bleibt, dass diese keinen Einfluss auf das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 15. Jänner 2013, GZ 13 Hv 58/12k‑55, das auf das nunmehr kassierte Urteil Bedacht (§§ 31, 40 StGB) nahm, entfaltet.
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