European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0280OS00006.14P.1120.000
Spruch:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 17. März 2014, D 11/13, wurde Mag. Franz H***** der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt, weil er
1./ unzulässig Druck dadurch ausübte, dass er Gabriele B***** mit Schreiben vom 27. August 2012 zur Durchsetzung der Zahlung seiner Honorarforderung mit der Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs drohte, sowie
2./ mit Schreiben vom 6. November 2012 für die im Zusammenhang mit einer Kostenbeschwerde an den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich zu AZ 790/12 gerichtete Stellungnahme samt Nebenleistungen rechtsgrundlos eine Honorarforderung stellte.
Über den Disziplinarbeschuldigten wurde hiefür unter Anwendung des § 16 Abs 1 Z 1 DSt die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt. Zugleich wurde er dazu verpflichtet, die Verfahrenskosten zu ersetzen.
Beide Schuldsprüche bekämpft der Disziplinarbeschuldigte mit einer Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld.
Mit dem Ziel eines Freispruchs behauptet der Disziplinarbeschuldigte zu Punkt 1./ des Schuldspruchs eine unrichtige rechtliche Beurteilung (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO), bestreitet inhaltlich jedoch bloß mit eigenen Erwägungen die vom Disziplinarrat festgestellte subjektive Tatseite. Solcher Art orientiert sich die Berufung wegen Nichtigkeit prozessordnungswidrig nicht am festgestellten Sachverhalt.
Indem der Berufungswerber der Sache nach eine unvollständige Begründung (§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) in Ansehung offener Pflegeheimrechnungen zum Zeitpunkt der Übernahme der Sachwalterschaft der Aloisia M***** (der Mutter von Gabriele B*****) durch den Disziplinarbeschuldigten, eine von Gabriele B***** angestrebte rasche Löschung des Fruchtgenussrechts der Aloisia M***** an einem im Eigentum von Gabriele B***** stehenden Grundstück und offene Honorarforderungen gegenüber letztgenannter in Ansehung eines eingeholten Bewertungsgutachtens geltend macht, legt er nicht dar, wieso diese Umstände für eine gehörige Prüfung des Sachverhalts durch ihn sprechen würden, die ihn zur Androhung einer Strafanzeige berechtigt hätten bzw geeignet wären, einen auf Täuschung und unrechtmäßige Bereicherung sowie Schädigung gerichteten Betrugsvorsatz anlässlich der Auftragserteilung durch Gabriele B***** an den Disziplinarbeschuldigten zu begründen.
Das nach Mitteilung des Bruders der Gabriele B***** diese Verbindlichkeit zahlen müsse (ES 3), Gabriele B***** trotz Mahnung, gerichtlicher Betreibung und geschlossener Ratenzahlungsvereinbarung keine Zahlungen an Mag. Franz H***** leistete (ES 2) und die eingeholte Drittschuldnererklärung eine Verpfändung zugunsten eines Bankinstituts im Umfang von 35.081,37 Euro (eine Nachrangigkeit wurde nicht festgestellt) aufwies (ES 2), hat der Disziplinarrat ohnehin berücksichtigt.
Zu einer Erörterung sämtlicher im Beweisverfahren hervorgekommenen, zu den nicht entscheidungswesentliche Umstände betreffenden Details war der Disziplinarrat hingegen nicht verhalten (RIS‑Justiz RS0098778).
Zu Punkt 2./ des Schuldspruchs orientiert sich die Rechtsrüge ebenfalls nicht an den getroffenen Feststellungen, wonach der Disziplinarbeschuldigte ‑ indiziert durch die Bezeichnung der von ihm erhobenen Forderung als „Honorarklage“ ‑ Gabriele B***** trotz hiezu fehlenden Auftragsverhältnisses (ES 4) für die Verfassung seiner standesintern an den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich gerichteten Stellungnahme mit Schreiben vom 6. November 2012 ein Honorar in Rechnung stellte und in der Folge auch gerichtlich geltend machte. Das es sich bei diesem Anspruch dem Grunde nach um einen ‑ vom Disziplinarrat im Übrigen ohnehin erwogenen (ES 4) ‑ möglichen Schadenersatzanspruch handelt, vermag an der Unzulässigkeit nichts zu ändern, eine solche Forderung ‑ schon mangels aufrechter Auftragserteilung ‑ gegenüber einer rechtlich nicht versierten Person als Honorar zu verrechnen (vgl VfGH B 16/00).
Unter dem Aspekt einer inhaltlich erhobenen Berufung wegen Schuld vermögen die Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten keine Umstände aufzuzeigen, die geeignet wären, Zweifel an der Beweiswürdigung des Disziplinarrats zu begründen. Dieser hat die Verfahrensergebnisse einer widerspruchsfreien und lebensnahen Würdigung unterzogen und logisch‑empirisch nachvollziehbar dargetan, wie er zu den getroffenen Feststellungen gelangte, wobei er die Angaben des Disziplinarbeschuldigten berücksichtigte (ES 3).
Zwar gilt gemäß § 49 letzter Satz DSt 1990 eine Anfechtung wegen des Ausspruchs über die Schuld auch als Anfechtung des Strafausspruchs. Der über den Disziplinarbeschuldigten verhängte schriftliche Verweis stellt aber ohnehin die gelindeste Disziplinarstrafe dar, sodass eine weitere Strafreduktion nicht möglich war.
Von einem als außergewöhnlich zu beurteilenden singulären Bagatellverhalten, dass auch mit Blick auf die Persönlichkeit des Disziplinarbeschuldigten ein Vorgehen nach § 39 DSt 1990 rechtfertigen würde, konnte unter Berücksichtigung der Wiederholung des festgestellten disziplinären Fehlverhaltens nicht ausgegangen werden.
Bleibt anzumerken, dass ein Rechtsanwalt bei der Geltendmachung seiner Honorarforderungen nicht in Ausübung seiner Berufspflichten tätig wird (Feil/Wennig AnwaltsR8 § 9 RAO Rz 20). Die vorgeworfenen, nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt 1990 disziplinären Verfehlungen des Berufungswerbers können daher ‑ entgegen der rechtlichen Beurteilung in der angefochtenen Entscheidung ‑ nicht auch als Verletzung von Berufspflichten qualifiziert werden. Da sich aber diese fehlerhafte Rechtsansicht nicht zum Nachteil des Disziplinarbeschuldigten auswirkte, zumal das Erkenntnis des Disziplinarrats die angenommene zweifache disziplinäre Verfehlung nicht erschwerend gewichtete, konnte dieser Umstand auf sich beruhen (§§ 54 Abs 4, 77 Abs 3 DSt 1990 iVm § 290 StPO).
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt 1990 iVm § 36 Abs 2 DSt 1990.
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