OGH 17Os37/14s

OGH17Os37/14s13.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Oktober 2014 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tagwerker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus K***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 12. Mai 2014, GZ 17 Hv 82/13t-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0170OS00037.14S.1013.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus K***** im zweiten Rechtsgang (ungeachtet des bereits im ersten Rechtsgang zu 17 Os 12/13p gegebenen Hinweises auf RIS‑Justiz RS0121981 erneut verfehlt) mehrerer Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (A) und des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) in R***** als zur Vornahme wiederkehrender Begutachtungen gemäß § 57a KFG Ermächtigter, mithin als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch den Staat in seinem Recht auf Ausschluss nicht verkehrs-, betriebssicherer und umweltverträglicher Fahrzeuge von der Teilnahme am Straßenverkehr sowie den jeweiligen Fahrzeuglenker und andere Verkehrsteilnehmer in ihrem Recht auf Sicherheit zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs 1 KFG vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er am 25. November 2011 (Punkt 1 des Schuldspruchs) und am 24. Jänner 2012 (Punkt 2) positive Prüfgutachten hinsichtlich zweier im Urteil näher bezeichneter PKW ausstellte, obwohl er wusste, dass diese Fahrzeuge wegen schwerer Mängel nicht den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie des Umweltschutzes entsprachen;

(B) zwischen 6. Februar und 9. September 2013 in F***** als Schuldner mehrerer Gläubiger einen Bestandteil seines Vermögens veräußert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen geschmälert, indem er zwei im Urteil näher bezeichnete, vom Bezirksgericht F***** gepfändete Gegenstände (ein Schweißgerät und eine Reinigungsmaschine) verschenkte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 8 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Zum Schuldspruch B kritisiert die Mängelrüge die Begründung der Feststellungen zur Werthaltigkeit der verschenkten Gegenstände (und damit zur wirklichen Vermögensverringerung [US 6]) als offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall). Sie vermag allerdings nicht aufzuzeigen, dass die Erwägungen der Tatrichter, der Beschwerdeführer hätte hinsichtlich dieser Geräte, wären sie tatsächlich (wie von ihm behauptet) wertlos gewesen, wohl kaum einen Antrag auf Ausscheidung aus dem Exekutionsverfahren gestellt (US 12), den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprächen (RIS‑Justiz RS0118317).

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite zum Schuldspruch A ergaben sich nach den Entscheidungsgründen insbesondere aus „einer lebensnahen Betrachtung des äußeren Sachverhaltes“ (US 9), den die Tatrichter unmissverständlich dahin konstatierten, dass der Beschwerdeführer die schweren Mängel an den beiden Fahrzeugen tatsächlich erkannt und dessen ungeachtet die (demnach inhaltlich unrichtigen) Gutachten ausgestellt habe (US 4 f und 10; vgl dazu 17 Os 12/13p). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wissen und Wollen ist bei einem (wie hier) leugnenden Angeklagten methodisch in aller Regel nicht zu ersetzen und unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116882).

Der Vorwurf der Anklageüberschreitung (Z 8), weil „die §§ 302 Abs 1 StGB und 156 Abs 1 StGB“ nicht „die sog 'Identität der Tat'“ beträfen, übersieht, dass das vom Schuldspruch B erfasste Verhalten Gegenstand eines nachträglich eingebrachten Strafantrags war und das Verfahren über diesen gemäß § 37 Abs 3 StPO mit jenem über den Vorwurf des Missbrauchs der Amtsgewalt verbunden wurde (ON 1 S 3 und ON 7 in ON 57; vgl auch ON 63 S 2).

Die im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch B aufgestellte Behauptung, das konstatierte Verschenken gepfändeter Gegenstände stelle keine im Sinn des § 156 Abs 1 StGB tatbildliche Veräußerung dar, lässt eine geordneter Gedankenführung entsprechende, mithin methodengerechte (vgl RIS‑Justiz RS0118416), Ableitung aus dem Gesetz vermissen, weshalb diese Handlung keine Verringerung des Schuldnervermögens darstellen soll (vgl im Übrigen Kirchbacher in WK2 StGB § 156 Rz 11).

Spekulative Überlegungen zu den (zivilrechtlichen) Konsequenzen unterschiedlicher Übergabeformen einer Schenkung übergehen die unmissverständlichen Feststellungen zu einer durch die inkriminierte Schenkung tatsächlich herbeigeführte Schmälerung des Befriedigungsfonds (US 6).

Zum Schuldspruch A legt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht in nachvollziehbarer Weise dar, inwieweit aus der Formulierung, Markus K***** sei mit „Bescheid des Amtes der Vorarlberger Landesregierung“ (der nach dem Beschwerdeeinwand keine Behördenqualität zukomme) die Ermächtigung zur „Überprüfung von Fahrzeugen nach § 57a KFG 1967“ erteilt worden (US 3 f), ein Rechtsfehler mangels Feststellungen im Zusammenhang mit der vom Tatbestand vorausgesetzten Beamteneigenschaft resultieren soll. Im Übrigen ist dem (im Urteil näher bezeichneten) Bescheid unmissverständlich zu entnehmen (ON 4 S 17), dass die gegenständliche Ermächtigung vom Landeshauptmann erteilt wurde (vgl allgemein zur Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung durch die Ämter der Landesregierungen Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 826 und 837).

Ebenso unschlüssig bleibt die Beschwerdebehauptung, aus § 57a Abs 4 KFG ergebe sich „e contr, dass im Fall der Nichtbehebung festgestellter Mängel dieselben nicht ins Gutachten aufzunehmen sind“, weshalb das inkriminierte Verhalten (Nichtbehebung erkannter schwerer Mängel und Ausstellung positiver Prüfgutachten) „rechtmäßig“ gewesen sei.

Angedeutete Bedenken an der Verfassungskonformität von § 57a Abs 4 KFG sind ebenso wenig nachvollziehbar.

Schließlich übergeht der Einwand, die Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs sei nicht festgestellt worden (Z 9 lit a), prozessordnungswidrig die genau in diesem Sinn getroffenen Konstatierungen, denen zufolge der Beschwerdeführer um den durch die (ungeachtet des Erkennens schwerer Mängel vorgenommene) Ausstellung der positiven Prüfgutachten bewirkten Befugnismissbrauch gewusst habe (US 4 bis 6 und 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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