European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00062.14T.0917.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Begründung:
Die Klägerin ist Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“, ihr obliegt die redaktionelle Gestaltung dieser Tageszeitung, sowie unter anderem auch die Durchführung von Werbeaktivitäten.
Die Beklagte ist Medieninhaberin der Sonntags-und Feiertagsausgaben des periodischen Druckwerks „Österreich“. Zwischen den Parteien besteht ein Wettbewerbsverhältnis.
Am Sonntag den 4. 12. 2011 veröffentlichte die Beklagte auf Seite 17 der Innenausgabe von „Österreich“ die auf dem folgenden Bild ersichtliche Ankündigung „Österreich morgen um nur 70 Cent“, wobei es sich bei den abgebildeten Sportlern um Benni Raich und Elisabeth Görgl handelt. Am Sonntag den 15. 1. 2012 veröffentlichte sie auf Seite 30 der Innenausgabe ihrer Tageszeitung die auf dem zweitfolgenden Bild ersichtliche Ankündigung „In Österreich der beste Sport um 70 Cent“. Bei den dort abgebildeten Sportlern handelt es sich um Anna Fenninger und Marcel Hirscher.
Bei den genannten Sportlern handelt es sich um Mitglieder des Nationalkaders des Österreichischen Skiverbands (ÖSV). Die Beklagte hat keine Zustimmung zur Veröffentlichung ihrer Lichtbilder eingeholt, weder bei den abgebildeten Sportlern noch beim ÖSV. Die Klägerin begehrt ‑ bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils ‑ die Erlassung der einstweiligen Verfügung, der Beklagten möge geboten werden, es zu unterlassen, bei Herausgabe und/oder Vertrieb periodischer Druckschriften, insbesondere der Tageszeitung „Österreich“ Bildnisse von Mitgliedern des Alpin‑ Nationalkaders des ÖSV ohne deren Zustimmung und/oder ohne Zustimmung des ÖSV zu Werbezwecken zu verwenden, insbesondere es zu unterlassen, das Bildnis der zuvor genannten Sportler im Zusammenhang mit der Bewerbung der Tageszeitung „Österreich“, insbesondere mit deren gleichzeitiger Bezeichnung als „beste Sport-Zeitung“, zu veröffentlichen bzw, zu verwenden.
Die Vorgehensweise der Beklagten verstoße gegen § 1 UWG und sei auch nach § 2 UWG zu beurteilen. Die Veröffentlichungen seien irreführend, weil tatsachenwidrig der Eindruck erweckt werde, dass die Sportler die Zeitung der Beklagten als die Zeitung mit dem besten Sport empfehlen würden. Durch die Veröffentlichung werde auch der Rechtsbruch iSv § 1 UWG verwirklicht. Die konsenslose Verwendung der Fotos verstoße gegen § 78 UrhG. Im Übrigen sei die Durchführung kommerzieller Werbung unter Verwendung von Personenbildnissen ohne Zustimmung des Abgebildeten nach nunmehr geltender Rechtslage eine unlautere Geschäftspraxis iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG. Das Verhalten der Beklagten sei geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen; es führe zu einer Entwertung der von der Klägerin abgeschlossenen Sponsorverträge. Die Beklagte erziele durch die konsenslose Verwertung der Lichtbilder einen Werbewert, ohne dafür einen finanziellen Aufwand zu tätigen und verschaffe sich damit einen Wettbewerbsvorsprung. In der beanstandeten Verwendung dieser Bilder liege eine sonstige unlautere Handlung iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG. Genauso, wie es Standard sei, in der Berichterstattung dem Gebot der journalistischen Sorgfalt zu entsprechen, sei es allgemein gültiger Standard, im Bereich der Werbung jene Rechte vorweg vertraglich zu erwerben, die man für die Durchführung von Werbemaßnahmen benötige.
Die Beklagte hielt dem entgegen, die abgebildeten Skifahrer hätten keinen Einwand gegen die Veröffentlichung ihrer Bildnisse erhoben. Die Lichtbilder seien im Rahmen der Ankündigung redaktioneller Berichterstattung abgedruckt worden; niemand gewinne den Eindruck, die abgebildeten Rennfahrer würden für die Zeitung „Österreich“ werben. Die Beklagte habe nicht einmal den Eindruck erweckt, dass sich diese Personen der Zeitung „Österreich“ entgeltlich zu Werbezwecken zur Verfügung gestellt hätten. Aber selbst wenn die Beklagte berechtigte Interessen der Abgebildeten verletzt hätte, wäre die Klägerin zur Geltendmachung von daraus abgeleiteten Ansprüchen nicht aktiv legitimiert.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es komme nach der neuen Rechtslage nicht darauf an, ob es sich bei der verletzten Norm um eine allgemein verbindliche Verhaltensnorm für jedermann handle oder um einen Eingriff in Rechte Dritter, über die diese selbst frei disponieren dürfen. Die konsenslose Verwendung von Fotos allgemein bekannter Persönlichkeiten verstoße gegen § 78 UrhG. Die Beklagte habe daher gegen die dem Unlauterkeitsbegriff des § 1 Abs 1 Z 1 UWG zugrunde gelegene berufliche Sorgfalt verstoßen. Diese „berufliche Sorgfalt“ sei der Standard an Fachkenntnis und Sorgfalt, bei dem billigerweise davon ausgegangen werden könne, dass ihn der Unternehmer gemäß den anständigen Marktgepflogenheiten in seinem Tätigkeitsbereich anwende. Bei den Medien sei dies die „journalistische Sorgfalt“ (§ 29 MedienG). Die Maßfigur für die Einhaltung der jorunalistischen Sorgfalt sei der verantwortungsvolle Journalist, für den als Richtschnur jenes Sorgfaltsmaß heranzuziehen sei, das ein mit den rechtlich geschützten Werten entsprechend verbundener, besonnener und einsichtiger Mensch in der entsprechenden Lage aufwenden würde, um die Gefahr einer Rechtsgutbeeinträchtigung hintanzuhalten. Es sei allgemein gültiger Standard, im Bereich der Werbung jene Rechte vorweg vertraglich zu erwerben, die zur Durchführung kommerzieller Werbung benötigt werden. Die kommerzielle Werbung mit Personenbildnissen ohne Zustimmung der Abgebildeten verstoße daher gegen § 1 UWG.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Entscheidung über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme und noch keine einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege. Es sei nicht bescheinigt, dass die Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht an den gegenständlichen Lichtbildern habe. Ebensowenig sei bescheinigt, dass die Sportler das ihnen grundsätzlich höchstpersönlich zustehende Recht auf Verfolgung ihres Anspruchs auf Unterlassung von gegen § 78 UrhG verstoßenden Eingriffen dem ÖSV übertragen hätten. Da die betroffenen Sportler in der Werbung prominent präsent seien, sei es nicht per se herabsetzend und ihre Interessen verletzend, wenn sie von Lesern mit Werbung für die Sportberichterstattung der von der Beklagten herausgegebenen Zeitung in Verbindung gebracht würden. Die beanstandeten Einschaltungen seien auch nicht so gestaltet, dass beim Leser der Eindruck entstehe, den Sportlern werde die Behauptung, Österreich sei die Zeitung mit dem besten Sport, in den Mund gelegt. Die Abbildungen, die zB Sportler im Renndress in jubelnder Pose zeigten, würden vielmehr als eine Illustration zum Hinweis auf die Sportberichterstattung verstanden, sie erweckten nicht den Eindruck, dass der gezeigte Sportler seine Meinung über die angekündigte Sportberichterstattung äußere. Es sei daher den Abgebildeten zu überlassen, zu beurteilen, ob eine Verletzung ihrer höchstpersönlichen Interessen vorliege. Würde man der Klägerin im Wege des Unterlassungsanspruchs nach dem UWG einräumen, ein Unterlassungsbegehren gegen die Beklagte durchzusetzen, ohne dass die Klägerin aber das Recht auf Abwehr von Eingriffen in deren Bildnisschutz von den Berechtigten übertragen erhalten habe, käme es zu einer unerwünschten Einschränkung der Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten, die ihrerseits über den ihnen vom Gesetz eingeräumten Unterlassungsanspruch nicht mehr disponieren könnten. Ihnen würde die Möglichkeit genommen abzuwägen, ob sie die Unterlassung ihrer Abbildung begehren oder einen zusätzlichen Bekanntheitsgrad lukrieren sollen. Aufgrund der vorliegenden Bescheinigungslage, wonach die Klägerin nicht selbst Trägerin eines Ausschließungsrechts sei, sei für das Provisorialverfahren davon auszugehen, dass die Klägerin eine allfällige Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Sportler nicht verfolgen könne.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen. Die Unlauterkeit einer Geschäftspraktik sei auch im Bereich des Mitbewerberschutzes an der beruflichen Sorgfalt zu messen. Diese sei im hier vorliegenden Fall einer die journalistische Sorgfalt verletzenden Medienberichterstattung nicht gegeben. Es liege daher eine unlautere Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 1 UWG vor. Dabei komme es nach neuer Rechtslage nicht mehr darauf an, ob es sich bei der verletzten Norm um eine allgemein verbindliche Verhaltensnorm für jedermann handle oder um einen Eingriff in Rechte Dritter, über die diese selbst frei disponieren können. Die „Qualität“ der Rechtsverletzung, bei deren Beurteilung ein objektiver Maßstab anzulegen sei, bliebe dieselbe. Die lauterkeitsrechtliche Verfolgung dieser ‑ iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG relevanten ‑ Rechtsverletzung durch Konkurrenten schließe eine gleichzeitige Wahrnehmung von Persönlichkeitsrechten durch die abgebildeten Personen nicht aus.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
1. Der Rechtsfrage, ob die konsenslose Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit Medienwerbung gegen die berufliche Sorgfalt von Medienunternehmen verstößt und ‑ bejahendenfalls ‑ ob der Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt als solcher lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet, kommt in Ermangelung einer diesbezüglichen oberstgerichtlichen Rechtsprechung erhebliche Bedeutung iSv § 528 Abs 1 ZPO zu.
1.1. In der Entscheidung 4 Ob 20/08g hat der Oberste Gerichtshof die Frage geprüft, ob die Benutzung von Bildnissen öffentlich bekannter Personen ohne deren Zustimmung für die Bewerbung des eigenen Medienprodukts einen Wettbewerbsverstoß iSd § 1 UWG idF vor der Novelle 2007 verwirklicht, und ist zum Ergebnis gekommen, dass die Bildnisveröffentlichung nicht schon deshalb unzulässig sei, weil sie ohne Einwilligung des Abgebildeten erfolgte. Schutzobjekt sei nicht das Bild an sich, sondern bestimmte, mit dem Bild verknüpfte Interessen. Es entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 78 UrhG, wenn ein Mitbewerber des Verletzers eine allfällige Verletzung der Interessen des Abgebildeten geltend machen könnte. Es könne aber auch nicht Zweck des Lauterkeitsrechts sein, allfällige Verletzungen des Rechts am eigenen Bild als Persönlichkeitsrecht eines Dritten zu verfolgen, wenn dieser Dritte darüber selbst frei disponieren und seine Rechte entsprechend wahrnehmen könne oder diese Rechte ‑ aus welchen Gründen auch immer ‑ nicht wahrnehme. Es sei daher nur der durch die Bildnisveröffentlichung in seinen Interessen schutzwürdige Beeinträchtigte berechtigt, den Schutz seines Bildnisses in Anspruch zu nehmen. Ob das beanstandete Verhalten als „unlautere Geschäftspraktik“ gegen §§ 1 und 2 UWG idgF verstoße, wurde in der Entscheidung offen gelassen.
1.2. G. Korn argumentiert in einer Glosse zu dieser Entscheidung (MR 2008, 123 [126]), dass nach objektiven Kriterien zu beurteilen sei, ob die von einer Bildveröffentlichung tangierten Interessen des Abgebildeten schutzwürdig seien. Die konsenslose Verwendung von Personenbildnissen ‑ auch von Personen des öffentlichen Lebens ‑ für Zwecke der kommerziellen (Wirtschafts‑)Werbung sei generell unzulässig, da es keine öffentlichen Berichtsinteressen geben könne, die das Interesse des Abgebildeten am Unterbleiben der Verwendung seines Personenbildnisses für Zwecke einer von ihm gewollten (gemeint: nicht gewollten) Werbung überwiegen könnten.
1.3. In ÖBl 2008/37 führt derselbe Autor aus, die Durchführung kommerzieller Werbung unter Verwendung von Personenbildnissen ohne Zustimmung des Abgebildeten sei eine die journalistische Sorgfalt verletzende Medienberichterstattung und daher nach der nunmehr geltenden Rechtslage als „unlautere Geschäftspraktik“ iSd § 1 Abs 1 Z 2 UWG zu qualifizieren.
1.4. Horak (ecolex 2008/317) vermeint hingegen, es seien keine zwingenden Gründe zu erkennen, die gegen eine Beibehaltung der oben wiedergegebenen Rechtsprechung sprächen.
1.5. Nach Gamerith (ÖBl 2008/57) sollte auch in Fällen, in denen durch die Verletzungen des Urheberrechts Täuschungen anderer Marktteilnehmer herbeigeführt werden, Ansprüche aus den §§ 1 und 2 UWG zugelassen werden, zumal das Verbraucherinteresse, vor (relevanter) Irreführung bei der Kaufentscheidung bewahrt zu bleiben, nicht zur Disposition des Urhebers stehen könne. Die Rechtsprechung, dass die Verletzung fremder Ausschlussrechte für sich allein keine Unlauterkeit begründe, die ein Dritter als Vorsprung durch Rechtsbruch geltend machen könne, bleibe aber aufrecht, soweit außenstehende Marktbeteiligte nicht betroffen seien.
2. Der Senat hat dazu erwogen:
2.1. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UWG idF der UWG‑Novelle 2007 handelt derjenige unlauter, der im geschäftlichen Verkehr eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung anwendet, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen.
2.2. Der Begriff der (wettbewerbsrechtlichen) Unlauterkeit wird im Gesetz nicht näher definiert. Nach der Rechtsprechung ist dieser Begriff durch Bedachtnahme auf Unternehmer‑, Verbraucher‑ und Allgemeininteressen zu konkretisieren, wobei in § 1 Abs 1 Z 1 UWG die Interessen der Mitbewerber im Vordergrund stehen. Das nach dem Wortlaut nur für § 1 Abs 1 Z 2 UWG maßgebende Erfordernis der Einhaltung der beruflichen Sorgfalt ist auch dem mitbewerberschützenden Tatbestand der Z 1 zugrunde zu legen (vgl RIS‑Justiz RS0123245; 4 Ob 225/07b; 4 Ob 185/08x ‑ gezielte Behinderung von Mitbewerbern).
2.3. § 1 Abs 4 Z 8 UWG definiert den Begriff der beruflichen Sorgfalt als „den Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, bei dem billigerweise davon ausgegangen werden kann, dass ihn der Unternehmer gemäß den anständigen Marktgepflogenheiten in seinem Tätigkeitsbereich anwendet“. Darüber hinaus verweist Art 2 lit h RL‑UGP noch auf den Grundsatz von „Treu und Glauben“ als rechtlichen Maßstab, der im Rahmen der richtlinienkonformen Interpretation ebenfalls zu berücksichtigen ist. Die beruflichen Sorgfaltspflichten ergeben sich daher aus den anständigen Marktgepflogenheiten sowie dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl Heidinger in Wiebe/Kodek, UWG2 § 1 Rz 184 mwN). Aus der Sicht der Kommission sollte mit dem Begriff der „beruflichen Sorgfalt“ an den in den meisten Mitgliedstaaten bekannten Begriff des „ordnungsgemäßen Geschäftsgebarens“ oder der „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ bzw der „unternehmerischen Sorgfalt“ angeknüpft werden (vgl Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG32 § 3 Rn 39).
2.4. Die Klägerin leitet die Verletzung von beruflichen Sorgfaltspflichten durch die Beklagte aus einem Verstoß gegen die „journalistische Sorgfalt“ iSd § 29 MedienG sowie gegen die „Grundsätze für die publizistische Arbeit“ des Österreichischen Presserats („Ehrenkodex für die österreichische Presse“) ab.
Der „Ehrenkodex“ hat zwar keinen rechtsverbindlichen Charakter, ihm kommt aber als Festschreibung der Branchenusancen eine für die Interpretation von Normen wie der §§ 6 ff MedienG (Persönlichkeitsschutz), 29 MedienG (Wahrnehmung journalistischer Sorgfalt) bzw der §§ 1330 ABGB und 111 StGB (üble Nachrede) wichtige Bedeutung zu (Noll in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG PraxKomm2 § 2 Rz 14).
2.5. Gemäß Punkt 8.1. dieses Ehrenkodex dürfen bei der Beschaffung mündlicher und schriftlicher Unterlagen sowie von Bildmaterial keine unlauteren Methoden angewendet werden und Punkt 8.4. verlangt bei der Verwendung von Privatfotos die Zustimmung der Betroffenen, es sei denn, an der Wiedergabe des Bildes bestehe ein berechtigtes öffentliches Interesse. Laut Punkt 10.1. ist es in konkreten Fällen, insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens, notwendig, das schutzwürdige Interesse der Einzelperson an der Nichtveröffentlichung eines Berichts bzw Bildes gegen ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Veröffentlichung sorgfältig abzuwägen.
2.6. Die Veröffentlichung der Bilder von prominenten Sportlern ‑ somit von Personen des öffentlichen Lebens ‑ im Zusammenhang mit Eigenwerbung des Mediums kann jedenfalls nicht mit einem Interesse der Öffentlichkeit gerechtfertigt werden. Auch sonst ist kein schützenswertes Interesse der Beklagten ersichtlich, die Bilder prominenter Sportler ‑ ohne deren Zustimmung ‑ für Zwecke der Eigenwerbung zu nutzen. In sinngemäßer Anwendung der oben dargestellten Branchenusancen wäre nach den anständigen Marktgepflogenheiten daher vor der beanstandeten Veröffentlichung die Zustimmung der Abgebildeten zur Verwendung ihrer Bilder zu Werbezwecken einzuholen gewesen. Da dies ‑ zugestandenermaßen ‑ nicht erfolgte, liegt somit eine Verletzung der beruflichen Sorgfalt seitens der Beklagten vor.
2.7. Die Beklagte kann die unterbliebene Einholung der Zustimmung zur Bildnisveröffentlichung auch nicht damit rechtfertigen, sie habe damit rechnen können, die Sportler würden wegen der damit verbundenen Erhöhung ihrer Bekanntheit der Veröffentlichung ihrer Bilder zu Werbezwecken zustimmen. Denn Sportlerfotos genießen einerseits einen hohen merkantilen Wert ‑ wie aus der häufigen Heranziehung von Sportlern als Werbeträger geschlossen werden kann ‑ und andererseits haben die dem österreichischen Skiverband (ÖSV) angehörenden Skirennläufer bekanntermaßen diesem die entsprechenden Rechte abgetreten. Die Beklagte musste daher davon ausgeben, dass die abgebildeten Sportler ‑ anders als dies bei Politikern der Fall wäre (vgl 4 Ob 20/08g) ‑ kein Interesse daran haben, auf diese Weise im Zusammenhang mit kommerzieller Werbung in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Insoweit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt ganz wesentlich von dem der Entscheidung 4 Ob 20/08g zugrunde liegenden.
2.8. Die Sorgfaltsverletzung der Beklagten bewirkt mittelbar auch eine Verletzung des Bildnisschutzes der abgebildeten Sportler gemäß § 78 UrhG. Die Klägerin macht aber nicht deren Abwehransprüche nach dem UrhG geltend, sondern stützt sich zur Begründung des Unterlassungsanspruchs auf eine Verletzung der beruflichen Sorgfalt durch zustimmungslose Bildveröffentlichung, von der die Klägerin als Mitbewerberin der Beklagten betroffen ist (vgl Gamerith in ÖBl 2008/57). Damit greift die Klägerin nicht in die Verfolgungsrechte der Abgebildeten ein. Diesen steht es unabhängig vom Lauterkeitsrechtsanspruch der Klägerin frei, ihre Rechte gegenüber der Beklagten geltend zu machen bzw dieser die Veröffentlichung zu gestatten. Eine nachträgliche Gestattung würde allerdings nichts an der bestehenden Wiederholungsgefahr ändern (vgl 4 Ob 124/09b ‑ Betrieb einer Anlage vor deren behördlicher Bewilligung). Im Vorhinein durfte die Beklagte ‑ wie gesagt ‑ jedenfalls nicht mit einer Zustimmung der Sportler zur Bildveröffentlichung rechnen.
Zusammengefasst ist der Verstoß der Beklagten gegen die berufliche Sorgfalt unlauter iSv § 1 Abs 1 Z 2 UWG und begründet als solcher einen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch.
2.9. Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist zweifellos geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmern nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Bei den abgebildeten Sportlern handelt es sich um Weltmeister, Weltcupsieger bzw Olympiasieger. Der Werbewert dieser Spitzensportler ist enorm, sodass sich Leser zum Kauf der mit diesen beworbenen Zeitungen entschließen bzw Anzeigenkunden zur Schaltung von Inseraten.
3. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist daher bescheinigt, sodass ihrem Revisionsrekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluss abzuändern und die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung wiederherzustellen ist.
4. Die Kostenentscheidung gründet auf § 393 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)