OGH 6Ob98/14a

OGH6Ob98/14a28.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler sowie Univ.‑Prof. Dr. Kodek und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. E. Solé als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen E***** Privatstiftung mit dem Sitz in W***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Begünstigten 1. Dipl.‑Ing. (FH) N***** B*****, 2. S***** B*****, 3. So***** B*****, alle vertreten durch Eiselsberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 2. April 2014, GZ 28 R 3/14p‑32, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 17. Dezember 2013, GZ 72 Fr 17031/12b‑28, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Stiftungsurkunde vom 24. 10. 2002 wurde die E***** Privatstiftung errichtet; der Stifter E***** B***** behielt sich dabei das Recht vor, die Stiftung zu seinen Lebzeiten zu widerrufen und die Stiftungserklärung in allen Belangen zu ändern (§ 7 Stiftungsurkunde).

Die beiden Töchter und die Ehegattin des Stifters (die nunmehrigen Revisionsrekurswerberinnen) sind zum einen die eingeantworteten Erbinnen nach dem am 27. 11. 2012 verstorbenen Stifter (Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 5. 7. 2013, 8 A 176/12y) und zum anderen (infolge Todes des Stifters) aktuell Begünstigte laut Punkt III. der Stiftungszusatzurkunde vom 24. 10. 2002.

Der Stiftungsvorstand beantragte am 27. 12. 2012 die Eintragung der vom Stifter am 16. 11. 2012 in Notariatsaktsform vorgenommenen Änderung der Stiftungsurkunde, mit welcher dieser deren § 2 folgenden Absatz angefügt hatte:

Auf Wunsch des Stifters oder ‑ nach Ableben oder Verlust der uneingeschränkten Geschäftsfähigkeit des Stifters ‑ auf gemeinsamen Wunsch der Töchter des Stifters, N***** B***** und S***** B*****, ist das Stiftungsvermögen, auch zur Gänze, auf eine andere von der Privatstiftung gemeinsam mit dem Stifter oder gemeinsam mit den Töchtern oder gemeinsam mit dem Stifter und den Töchtern errichtete und nach den Wünschen des Stifters oder ‑ nach Ableben oder Verlust der uneingeschränkten Geschäftsfähigkeit des Stifters ‑ nach den Wünschen seiner Töchter gestaltete Privatstiftung durch Widmung zu übertragen.

Bereits im Antrag teilte der Stiftungsvorstand dem Firmenbuchgericht seine Bedenken gegen eine volle Geschäftsfähigkeit des Stifters bei Errichtung des Notariatsakts und gegen die inhaltliche Zulässigkeit der Änderung mit.

Die Töchter des Stifters, die bereits im Verfahren erster Instanz Parteistellung für sich reklamierten, traten den Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit ihres Vaters entgegen und beantragten ausdrücklich die Eintragung der Änderung.

Das Erstgericht bejahte die Geschäftsfähigkeit des Stifters bei Errichtung des Notariatsakts und nahm die beantragte Eintragung vor.

Das Rekursgericht behob diesen Beschluss ersatzlos und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es vertrat die Auffassung, die Eintragung von Änderungen der Stiftungsurkunde habe der Stiftungsvorstand zu veranlassen. Aufgrund dessen Bedenken sei es bereits im Verfahren erster Instanz fraglich gewesen, ob er überhaupt einen Eintragungsantrag gestellt habe; jedenfalls im Rekurs habe er aber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich gegen eine Eintragung ausspreche. Damit liege gar kein Eintragungsbegehren vor.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Töchter und der Witwe des Stifters ist unzulässig.

1.1. Die Revisionsrekurswerberinnen berufen sich zur Frage ihrer Rechtsmittellegitimation zunächst auf ihre Stellung als Erbinnen nach dem Stifter; daraus wollen sie auch ihre verfahrensrechtliche Stellung ableiten. Dem steht allerdings die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entgegen, wonach es im Gesetz an jeglicher Grundlage für eine subsidiäre Anmeldungsbefugnis des Stifters fehlt (6 Ob 87/07y SZ 2007/86 = GesRZ 2007, 349 [N. Arnold]; 6 Ob 194/10p GesRZ 2011, 250 [Bauer] = PSR 2011/22 [Zollner/Paulsen, 2012, 66]; N. Arnold, PSG³ [2013] § 33 Rz 70). Vor diesem Hintergrund steht dem Stifter dann aber auch eine Rechtsmittellegitimation gegen die Abweisung eines Eintragungsbegehrens nicht zu; die Entscheidung 6 Ob 194/10p ändert daran nichts, wurde dort doch ‑ ganz im Gegenteil ‑ durch eine erfolgte Eintragung einer Änderung in die Stiftungserklärung und damit in die Rechte des Stifters eingegriffen.

Wäre der Stifter und Erblasser selbst nicht rechtsmittellegitimiert gewesen, können die Revisionsrekurswerberinnen aus dessen verfahrensrechtlicher Stellung nichts für sich ableiten.

1.2. Als Begünstigte sind die Revisionsrekurswerberinnen nicht Parteien des Firmenbuchverfahrens (N. Arnold aaO Rz 72e), vor allem können sie die Eintragung der Änderung der Stiftungserklärung nicht herbeiführen (N. Arnold aaO Rz 70a). Wie dem Stifter (1.1.) kommt dann aber auch den Begünstigten eine Rechtsmittellegitimation gegen die Abweisung des Eintragungsbegehrens nicht zu.

1.3. Schließlich leiten die Revisionsrekurswerberinnen ihre Rechtsmittellegitimation noch aus einer unmittelbaren Beeinflussung ihrer Rechtsstellung durch die Entscheidung des Rekursgerichts ab; durch die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde durch das Erstgericht seien sie „berechtigt [worden], zur Errichtung einer weiteren Stiftung Wünsche anzubringen“; diese rechtlich geschützte Stellung dürften sie nunmehr verteidigen.

Diese Argumentation trifft zunächst einmal nicht auf die Drittrevisionsrekurswerberin zu. Außerdem verkennt der außerordentliche Revisionsrekurs, dass § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG weder wirtschaftliche oder ideelle Betroffenheit noch eine Reflexwirkung einer Entscheidung erfasst (G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG [2013] § 2 Rz 57 ff). Der vorliegende Sachverhalt ist auch nicht mit dem der Entscheidung 6 Ob 244/11t (ZfS 2012, 45 [Haslwanter] = GesRZ 2012, 311 [Hochedlinger]) zugrundeliegenden vergleichbar. In beiden Fällen geht es zwar um Begünstigte, denen aufgrund erstinstanzlicher Beschlussfassungen Verfahrenserfolge zufielen (Abberufung des Vorstands beziehungsweise Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde, aus welcher Rechte abgeleitet werden), die jeweils durch die Entscheidungen der Rekursgerichte wieder beseitigt wurden; in beiden Fällen stellten außerdem die Begünstigten im Verfahren erster Instanz Anträge, nämlich auf Abberufung des Vorstands beziehungsweise Eintragung der Änderung (siehe ON 14). Allerdings lassen sich die Grundsätze der Entscheidung 6 Ob 244/11t (da die Begünstigten beim Erstgericht eine Abberufung des Vorstands erreicht hatten, komme ihnen umfassende Parteistellung zur Verteidigung ihres bereits erzielten Verfahrenserfolgs zu, wobei der Grund dafür nicht im Schutz von Individualinteressen der Begünstigten, sondern in der Vermeidung eines andernfalls bestehenden Kontrolldefizits liege) nicht auf Eintragungsverfahren übertragen.

1.4. Damit kommt den Revisionsrekurswerberinnen aber keine Rechtsmittellegitimation zu, weshalb der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

2. Lediglich der Vollständigkeit halber ist zum Einwand der Revisionsrekurswerberinnen, das Rekursgericht hätte den gegen die Eintragung gerichteten Rekurs des Stiftungsvorstands und der Privatstiftung zurückweisen müssen, klarzustellen:

2.1. Nach § 33 Abs 3 PSG hat der Stiftungsvorstand die Änderung der Stiftungsurkunde zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Hat er Bedenken etwa hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit des Stifters bei Änderung der Stiftungsurkunde, darf er sich eine eigenständige Beurteilung dieser Frage nicht anmaßen, indem er die Antragstellung unterlässt; diese Beurteilung würde dann nämlich keinerlei Kontrolle unterliegen. Der Stiftungsvorstand hat vielmehr einen Antrag auf Eintragung der Änderung beim Firmenbuchgericht zu stellen und diesem seine Bedenken unverzüglich mitzuteilen. Diesem obliegt es dann, die Bedenken in einem geordneten Verfahren zu prüfen (6 Ob 233/09x ZfS 2010, 14 [Lauß] = GeS 2009, 394 [Lauss] = GesRZ 2010, 165 [Hochedlinger]). Diese Überlegungen haben auch dann zu gelten, wenn der Stiftungsvorstand sonstige (rechtliche) Bedenken gegen die Zulässigkeit der Eintragung hat (vgl Karollus, Änderungserklärung und Tod des Stifters, in FS Torggler [2013] 585).

2.2. Der Stiftungsvorstand ist im vorliegenden Fall seinen Verpflichtungen durch Antragstellung und Mitteilung am 27. 12. 2012 ordnungsgemäß nachgekommen. Geht man aber davon aus, dass der Stiftungsvorstand die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit des Stifters oder sonstiger Bedenken durch Antragstellung und Mitteilung in die Hände des Firmenbuchgerichts zu legen hat, ist die Überlegung des Rekursgerichts inkonsequent, eine Eintragung der Änderung sei in „Ermangelung eines Eintragungsbegehrens des Stiftungsvorstands unzulässig“, wenn dieser sich im Verfahren erster Instanz oder im Rekurs gegen die Eintragung ausspricht. In diesem Fall käme es ja dann erst recht wieder nicht zu einer gerichtlichen Prüfung der Eintragungsfähigkeit der Änderung.

2.3. Nach herrschender Auffassung ist der Stiftungsvorstand im Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs 3 PSG auch rechtsmittellegitimiert (6 Ob 78/06y; 6 Ob 261/09i PSR 2010/17 [Arnold] = ZfS 2010, 62 = EvBl 2010/74 [Schimka] = GesRZ 2010, 230 [Csoklich]; N. Arnold aaO Rz 72d). Dass diese Legitimation ‑ wie der außerordentliche Revisionsrekurs unter Hinweis auf Karollus (aaO) meint ‑ nur im Fall der Abweisung des Eintragungsbegehrens gegeben sein sollte, lässt sich so allgemein nicht sagen: Auch wenn sich im Regelfall der Stiftungsvorstand gegen die Abweisung seines Eintragungsbegehrens wehren wird, muss ihm doch bei einer Konstellation wie der hier zu beurteilenden eine Rechtsmittellegitimation auch dann eingeräumt werden, wenn das Firmenbuch die Eintragung entgegen seinen mitgeteilten Bedenken vornimmt.

2.4. Im Übrigen ist die Privatstiftung nicht nur bei Ablehnung der Eintragung einer Änderung der Stiftungsurkunde, sondern auch generell bei Unrichtigkeit der Eintragung beschwert und daher als Partei (§ 2 Abs 1 Z 2 AußStrG, § 15 FBG) rechtsmittellegitimiert (N. Arnold aaO Rz 72c).

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