Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 3.029 EUR (darin 504,83 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger macht Schadenersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten sowie Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung nach § 13 Abs 1 Z 1 B‑GlBG geltend. Die Beklagte wäre nach § 2 StellenbesetzungsG verpflichtet gewesen, die befristet besetzte Position ihres Geschäftsführers nach Ablauf der Funktionsperiode jeweils öffentlich auszuschreiben. Dessen ungeachtet habe sie die Stelle im Jahre 1998 ohne Ausschreibung vergeben und das befristete Dienstverhältnis mit ihrem Geschäftsführer in der Folge mehrmals, wiederum ohne Ausschreibung, zuletzt bis Jahresende 2014 verlängert.
Der Kläger wäre für diese Position höchst qualifiziert gewesen, sei aber wegen der fehlenden Ausschreibung an der beabsichtigten Bewerbung gehindert worden. Die Vorgangsweise der Beklagten bewirke zudem eine Diskriminierung des Klägers aus weltanschaulichen Gründen, da er im Gegensatz zum aktuellen Geschäftsführer der Beklagten keiner österreichischen politischen Partei oder Gruppierung angehöre. Dem Kläger seien durch die Verhinderung seiner Bewerbung laufende Geschäftsführerbezüge in den (nur pauschal begehrten) Klagsbetrag übersteigender Höhe entgangen, außerdem stütze er sein Begehren auf § 17 B-GlBG.
Die Beklagte wandte (soweit im Revisionsverfahren noch aufrecht erhalten) ein, das StellenbesetzungsG gewähre den möglichen Bewerbern keine subjektiven Rechte, insbesondere kein Recht auf Einstellung. Der Kläger hätte auch im Fall einer Ausschreibung und Bewerbung die Stelle nicht erlangen können, weil seine fachliche Qualifikation nicht an jene des tatsächlichen Stelleninhabers heranreiche. Das Vorbringen über eine Diskriminierung des Klägers aus weltanschaulichen Gründen sei unschlüssig geblieben. Zudem wären die Ansprüche nach § 17 B-GlBG überhöht und verjährt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwischen den Streitteilen sei es noch zu keinem vorvertraglichen Schuldverhältnis, aus dem Ansprüche abgeleitet werden könnten, gekommen. Eine allfällige Verletzung von im öffentlichen Interesse statuierten Ausschreibungspflichten verschaffe dem Kläger keine subjektiven Rechtsansprüche. Auch der auf § 17 B‑GlBG gegründete Schadenersatzanspruch setze zumindest eine Stellenausschreibung voraus.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge und bekräftigte die rechtliche Begründung des Erstgerichts. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Fragen, ob ein potentieller Stellenbewerber aus dem Unterbleiben einer nach dem StellenbesetzungsG gebotenen Ausschreibung Schadenersatzansprüche ableiten kann, allenfalls ob die bloße Aufforderung zur Ausschreibung bereits ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet, in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt seien.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Weder können behauptete Nichtigkeitsgründe oder Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die das Berufungsgericht bereits geprüft und ‑ wenn auch nur implizit ‑ verneint hat, in der Revision neuerlich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042981; RS0039226 [T6]; RS0042963), noch kennt das Gesetz einen Revisionsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen und unrichtigen Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0042903 [T1]). Verhindert das Fehlen von Feststellungen zu einem bestimmten Thema die umfassende rechtliche Beurteilung, ist dieser Mangel im Rahmen der Rechtsrüge geltend zu machen.
2. Die rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts sind zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).
2.1. Vorvertragliches Schuldverhältnis
Die Revision gibt die Lehre und Rechtsprechung zur Begründung vorvertraglicher Schuldverhältnisse grundsätzlich zutreffend wieder. Vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten können bereits mit der Aufnahme eines Kontaktes zu rechtsgeschäftlichen Zwecken gegenüber jedem entstehen, mit dem der Handelnde zukünftig in rechtsgeschäftlichen Kontakt treten will ( Reischauer in Rummel ³, Vor §§ 918‑933 Rz 14; RIS-Justiz RS0042560). Die Revision lässt allerdings außer Acht, dass diese vorvertraglichen Pflichten naturgemäß zunächst nur den Handelnden selbst und nicht seinen Adressaten treffen. Ratio der Haftung für culpa in contrahendo ist nämlich die Verfolgung eigener Interessen gegenüber dem Geschädigten ( Reischauer aaO mwN).
Im vorliegenden Fall war es der Kläger, der einseitig an die Beklagte mit der Aufforderung zur Ausschreibung des Geschäftsführerpostens herangetreten ist. Die Ablehnung dieses Ansinnens führte nicht zur Begründung eines (vorvertraglichen) Schuldverhältnisses mit beidseitigen Schutz- und Sorgfaltspflichten, sondern schlicht zum Scheitern des Anbahnungsversuchs.
Aus der Entscheidung des erkennenden Senats zu 8 ObA 84/10a, die nur die Frage der sachlichen Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte für eine auf Durchsetzung der Ausschreibungspflicht gerichtete Klage betraf, ist für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts zu gewinnen.
2.2. Schutzgesetzverletzung
Der Oberste Gerichtshof hat zuletzt in der Entscheidung 7 Ob 120/11i mit eingehender Begründung festgehalten, dass der österreichischen Rechtsordnung ein Anspruch auf Begründung eines öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnisses im Sinn eines Kontrahierungszwangs grundsätzlich fremd ist und umso weniger ein subjektiver Rechtsanspruch eines potentiellen Bewerbers auf Einhaltung der Pflichten nach dem StellenbesetzungsG besteht. Ob eine allfällige Verletzung der gesetzlichen Ausschreibungspflichten andere Ansprüche nach sich ziehen kann, ließ die Entscheidung offen. Auch in der Entscheidung des erkennenden Senats zu 8 ObA 1/11x musste nicht geklärt werden, inwieweit nicht nur öffentliche Interessen, sondern auch verhinderte Stellenbewerber in den Schutzbereich des StellenbesetzungsG fallen und Schadenersatzansprüche denkbar sind (vgl Wilhelm , Beiläufige zivilistische Bemerkungen zum Stellenbesetzungsgesetz, ecolex 1998, 826).
Mit der Ausschreibungspflicht verfolgt das StellenbesetzungsG die Interessen von möglichen Bewerbern insofern, als dadurch der spezielle Arbeitsmarkt überhaupt erst für einen unlimitierten Interessentenkreis geöffnet wird. Weiters gewährleistet der in § 2 Abs 3 StellenbesetzungsG definierte Mindestinhalt der Ausschreibung den Interessenten eine Entscheidungsgrundlage für den Bewerbungsentschluss.
Ob allein schon eine Verletzung der Ausschreibungspflicht Schadenersatzansprüche an der Bewerbung gehinderten Interessenten begründen kann, muss auch im vorliegenden Verfahren nicht endgültig geklärt werden, weil die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht daraus abzuleiten sind.
Der Kläger differenziert in seinem Vorbringen nicht deutlich zwischen den Pflichten zur Stellenausschreibung und zur objektiven Bewerberauswahl. Die Ausschreibungspflicht als solche eröffnet nicht mehr als einen Teilnahmeanspruch am Auswahlverfahren; seine Vereitelung kann nur zu einem Vertrauensschaden führen. Derartige Ansprüche (zB Kosten seiner vergeblichen Aufforderungsschreiben) macht der Kläger gerade nicht geltend, sondern Ansprüche aufgrund eines für rechtswidrig gehaltenen Besetzungsergebnisses.
Seine Begründung, er hätte im Fall einer Bewerbung die Position des Geschäftsführers der Beklagten jedenfalls erlangen müssen, weil er objektiv besser dafür geeignet wäre als der tatsächlich (wieder-)bestellte Geschäftsführer, geht von der unzutreffenden Prämisse eines auf zwei Personen beschränkten Bewerberkreises aus.
Für die Beurteilung, ob einem Bewerber durch das ein nicht gesetzmäßiges Auswahlverfahren Schaden entstanden ist, kann aber nicht nur ein Vergleich mit den Qualifikationen des freihändig bestellten Kandidaten genügen, sondern muss auf das fiktive Ergebnis eines rechtmäßigen Bestellungsverfahrens Bedacht genommen werden.
Im Fall einer Ausschreibung der strittigen Geschäftsführerposition wäre die Bewerbung einem unbegrenzten Kreis von weiteren Interessenten offengestanden. Es ist weder offenkundig, noch wahrscheinlich, noch hat der für seinen Anspruch behauptungs- und beweispflichtige Kläger vorgebracht, dass sich niemand außer ihm selbst (und dem Amtsinhaber) auf eine gesetzmäßige Ausschreibung beworben hätte.
Auf eine inhaltliche Beurteilung des vom Kläger angestrebten Vergleichs zwischen seiner fachlichen Eignung und jener des tatsächlichen Stelleninhabers kommt es daher nicht an. Abgesehen davon begründet das Gebot, den bestgeeigneten Bewerber auszuwählen, im Ergebnis lediglich ein Willkürverbot. Welcher Kandidat als besser geeignet befunden wird, hängt nach § 4 Abs 2 StellenbesetzungsG nicht nur von einigermaßen vergleichbaren Kriterien wie Ausbildung und Berufserfahrung ab, sondern wesentlich auch von nicht messbaren Faktoren wie der Fähigkeit zur Menschenführung, organisatorischen Fähigkeiten und der persönlichen Zuverlässigkeit. Die Bewertung dieser Faktoren muss innerhalb einer sachlich begründbaren Bandbreite dem Entscheidungsträger überlassen bleiben.
Einen subjektiven Anspruch auf Einstellung vermittelt das StellenbesetzungsG nicht (vgl dazu allgemein auch RIS-Justiz RS0029686).
2.3. Anspruch nach § 17 B‑GlBG
Auf die von den Vorinstanzen geprüfte Frage, ob eine neutrale politische Einstellung als solche eine geschützte „Weltanschauung“ im Sinn des § 13 Abs 1 B‑GlBG sein kann, kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Eine verbotene Diskriminierung nach § 13 Abs 1 B‑GlBG kann nicht nur durch Benachteiligung eines Bewerbers wegen seiner eigenen, vom Dienstgeber abgelehnten Weltanschauung verwirklicht werden, sondern auch durch Benachteiligung, weil er eine vom Dienstgeber (dem nicht das Privileg eines Tendenzbetriebs nach § 13b Abs 2 B‑GlBG zukommt) bevorzugte Weltanschauung nicht teilt.
Die Vorinstanzen haben jedoch zutreffend erkannt, dass schon abstrakt keiner der gesetzlichen Diskriminierungstatbestände erfüllt sein kann, wenn für die Besetzung einer Stelle keine Ausschreibung durchgeführt wurde und keine konkurrierenden Bewerbungen vorlagen. Die freihändige Vergabe einer Stelle schließt (im Unterschied zu einer auf bestimmte Bewerbermerkmale „maßgeschneiderten“ Ausschreibung) sämtliche theoretisch möglichen Kandidaten gleichermaßen von der Teilnahme am Bewerbungsverfahren aus, egal ob sie die behaupteten Diskriminierungsmerkmale aufweisen oder nicht.
Mit der bloßen Vermutung des Revisionswerbers, dass er mit einer Benachteiligung aufgrund seiner Parteifreiheit zu rechnen gehabt hätte, wenn es denn überhaupt zu seiner Bewerbung gekommen wäre, lässt sich eine (verwirklichte) Diskriminierung nicht begründen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 2 ASGG, 41 und 50 ZPO.
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