OGH 13Ns31/14h

OGH13Ns31/14h30.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juli 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in der Strafsache gegen Marcin A***** wegen des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs 2 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung in dem zu AZ 13 U 75/14w des Bezirksgerichts Fünfhaus und zu AZ 7 U 128/13a des Bezirksgerichts Landeck zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130NS00031.14H.0730.000

 

Spruch:

1. Das Bezirksgericht Landeck ist zur Führung des zu AZ 13 U 75/14w des Bezirksgerichts Fünfhaus registrierten Strafverfahrens gegen Marcin A***** wegen des Verdachts des Raufhandels nach § 91 Abs 2 erster Fall StGB zuständig.

2. Gemäß § 39 Abs 1 StPO wird das unter Punkt 1. bezeichnete Strafverfahren dem Bezirksgericht Landeck abgenommen und dem Bezirksgerichts Fünfhaus delegiert.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit ‑ beim Bezirksgericht Fünfhaus zu AZ 13 U 75/14w am 6. März 2014 erhobenen Strafantrag ‑ legt die Staatsanwaltschaft Wien Marcin A***** ein dem Vergehen des Raufhandels nach § 91 Abs 2 erster Fall StGB subsumiertes Verhalten zur Last, das dieser am 26. April 2013 in W***** gesetzt haben soll.

Das Bezirksgericht Fünfhaus beschloss am 10. März 2014 die Abtretung des Verfahrens „gem. § 37 StPO“ an das Bezirksgericht Landeck zu AZ 7 U 128/13a. Aus dem VJ‑Register hatte sich die Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen Marcin A***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB ergeben, das dieser am 13. April 2013 in S***** verübt haben soll. Beim Bezirksgericht Landeck langte der Akt am 12. März 2014 ein.

Mit Beschluss vom 4. April 2014 stellte das Bezirksgericht Landeck das Strafverfahren gegen Marcin A***** wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 199 StPO iVm § 200 Abs 5 StPO ein und retournierte den Akt AZ 13 U 75/14w des Bezirksgerichts Fünfhaus mit dem Hinweis, dass infolge diversioneller Erledigung eine Einbeziehung nicht erfolgt sei.

Mit Verfügung vom 25. April 2014 übermittelte das Bezirksgericht Fünfhaus den Akt unter Hinweis auf „§ 38 StPO“ und „RIS‑Justiz RS0126517 (WK‑StPO § 37 Rz 7)“ zur Vorlage an das gemeinsam übergeordnete Gericht an das Bezirksgericht Landeck, welches die Vorlage an den Obersten Gerichtshof zur Entscheidung des Kompetenzkonflikts verfügte (§ 34 Abs 1 Z 5 StPO).

Nach der ‑ auch im Verfahren vor dem Bezirksgericht geltenden (Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 7) ‑ Bestimmung des § 37 Abs 3 StPO sind, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist (somit im Fall subjektiver Konnexität), die Verfahren zu verbinden, wobei sich die Zuständigkeit des Gerichts auch in diesem Fall nach § 37 Abs 1 und 2 StPO bestimmt. Gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO kommt das Verfahren im Falle mehrerer Straftaten dem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt.

Ein ‑ wie hier ‑ zuvor noch nicht mit endgültigem Einstellungsbeschluss beendetes Diversionsverfahren ändert an der den Konnexitätstatbestand des § 37 Abs 3 StPO bedingenden Anhängigkeit des Hauptverfahrens (vgl Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 7 zur zeitlichen Zäsur der Urteilsfällung erster Instanz) nichts (RIS‑Justiz RS0126517).

Unterbleibt die Verfahrensverbindung entgegen § 37 Abs 3 StPO, weil das Gericht eine solche zu Unrecht ablehnt, wird das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 BVG) verletzt. Kann dieser Rechtsfehler nicht mehr saniert werden, weil das ursprünglich anhängige Verfahren ‑ wie hier ‑ mittlerweile endgültig eingestellt wurde, ist dennoch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts anzunehmen, in dessen Kompetenz das Verfahren bei gemeinsamer Verfahrensführung gefallen wäre (Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 10; 12 Ns 67/08m).

Das Bezirksgericht Landeck, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt, ist daher ‑ ungeachtet des zwischenzeitigen Abschlusses seines Verfahrens ‑ nach § 37 Abs 3 iVm § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO für die Durchführung des Strafverfahrens zuständig.

Da jedoch nach der Aktenlage sowohl der Angeklagte wie auch allenfalls als Zeugen zu vernehmende Personen ihren Wohnsitz in Wien haben, ist das Bezirksgericht Fünfhaus in der Lage, das Strafverfahren mit geringerem Aufwand weiter zu führen als ein anderes Bezirksgericht, sodass wichtige Gründe im Sinn des § 39 Abs 1 StPO für eine amtswegige Delegierung der Sache an das Bezirksgericht Fünfhaus gegeben sind.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte