OGH 27Os3/14i

OGH27Os3/14i10.7.2014

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 10. Juli 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und die Rechtsanwälte Dr. Gerhard Schlager und Dr. Wolfgang Kretschmer als Anwaltsrichter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Moritz als Schriftführer in der Disziplinarsache gegen Mag. Werner T*****, Rechtsanwalt in Wien, über die Berufung des Kammeranwalts gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 19. April 2013, D 164/09, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, des Kammeranwalts Dr. Meyenburg und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Berufung wird keine Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 19. April 2013, D 164/09‑37, wurde Rechtsanwalt Mag. Werner T***** vom Vorwurf freigesprochen, er habe (zu ergänzen: in Wien)

a./ mit Honorarnote vom 7. Mai 2009 von seinem Mandanten Roland F***** für dessen Verteidigung im Verfahren AZ 33 Hv 144/08y des Landesgerichts für Strafsachen Wien im Zeitraum zwischen Mai 2008 bis März 2009 ein überhöhtes Honorar begehrt, und

b./ nach Bestreitung des Honoraranspruchs die bereits an ihn bezahlten Honorarakkonti im Gesamtbetrag von 10.000 Euro nicht spätestens mit Klagseinbringung im Oktober 2009 gerichtlich hinterlegt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Berufung des Kammeranwalts kommt keine Berechtigung zu.

Dem Einwand mangelnder Begründung zu den Feststellungen, wonach mit den verzeichneten Haftbesuchen des Disziplinarbeschuldigten stets auch Kommissionen zum Staatsanwalt bzw Richter samt Akteneinsicht verbunden waren, übergeht die dazu angestellten Erwägungen des Disziplinarrats, wonach diese Konstatierungen aus der Einlassung des Disziplinarbeschuldigten in der Disziplinarverhandlung (ON 36) abzuleiten sind (ES 5).

Dem Berufungsstandpunkt zuwider ist auch die auf die Schwere der dem Mandanten des Disziplinarbeschuldigten vorgeworfenen Taten und dem Umfang des mehrbändigen Strafakts gestützte ‑ rechtliche ‑ Annahme einer Notwendigkeit dieser Leistung zur Verteidigung (ES 4) keineswegs unbegründet geblieben.

Ausgehend von den Entscheidungsannahmen, wonach zugleich mit den verzeichneten Haftbesuchen des Disziplinarbeschuldigten stets auch Kommissionen zu Staatsanwaltschaft und Gericht einhergingen, ging der Disziplinarrat zu Recht davon aus, dass derartige Leistungen von Mag. Werner T***** nach TP 7 Abs 2 RATG zu honorieren sind.

Damit kann die vom Berufungswerber relevierte Frage der Notwendigkeit der jeweiligen Haftbesuche und deren Abrechnung nach TP 8 RATG auf sich beruhen.

Die Berufungsausführungen zu einer „unzulässigen Vermengung der Kostenverrechnung nach Einzelleistungen und mit Einheitssatz“ können nicht nachvollzogen werden, weil ein Verzeichnis von unter TP 5, 6 und 8 fallenden Nebenleistungen neben dem Einheitssatz (§ 23 Abs 1 RATG) nicht festgestellt wurde (vgl dazu überdies das Leistungsverzeichnis Beilage ./2).

Auch eine „Verrechnung von Wegzeiten nach TP 9“ ist den Rechtsmittelausführungen zuwider weder Gegenstand des Erkenntnisses noch des Leistungsverzeichnisses des Disziplinarbeschuldigten.

Entgegen der Rechtsrüge ist die zum Freispruchpunkt b./ vertretene Auffassung des Disziplinarrats, wonach Honorarakkonti des Mandanten (bzw dritter Personen für diesen) nicht der Erlagspflicht nach § 19 Abs 3 RAO unterliegen, keineswegs zu beanstanden:

Nach § 19 Abs 1 RAO ist der Rechtsanwalt berechtigt, von dem für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes, insoweit sie durch erhaltene Vorschüsse nicht gedeckt sind, in Abzug zu bringen.

Schon vom Wortlaut dieser Bestimmung her folgt, dass sie auf Vorschüsse für Auslagen und Verdienst ‑ gleich ob sie vom Mandanten oder einem Dritten für diesen geleistet wurden ‑ nicht anzuwenden ist und demzufolge aus § 19 Abs 3 RAO eine auf solche Vorschüsse bezogene Erlagspflicht des Rechtsanwalts nicht abgeleitet werden kann.

Im Übrigen wird die Wendung „für seine Partei an ihn eingegangene Barschaften“ in § 19 Abs 1 RAO in Lehre und Rechtsprechung allgemein so verstanden, dass es sich um Geldbeträge handeln muss, die dem Rechtsanwalt von einem Dritten, also nicht vom Mandanten übergeben wurden und dem Klienten zugedacht sind (vgl RIS‑Justiz RS0116394).

Der Berufung war daher keine Folge zu geben.

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