OGH 5Ob81/14v

OGH5Ob81/14v30.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Dipl.‑Ing. ***** M*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Rietenauer, Mieterschutzverband Österreichs, Döblergasse 2, 1070 Wien, gegen die Antragsgegnerin N***** AG, *****, vertreten durch Schuppich, Sporn und Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 iVm § 16 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Jänner 2014, GZ 38 R 391/13a‑29, mit dem infolge Rekurses des Antragstellers der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 12. Oktober 2013, GZ 10 Msch 3/13v‑22, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Mit seinem am 2. 4. 2012 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag begehrte der Antragsteller die Feststellung des zulässigen Mietzinses für das im 4. Stock des Hoftrakts gelegene Mietobjekt im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die Voraussetzungen für die Vereinbarung des angemessenen Hauptmietzinses gemäß § 16 Abs 1 MRG würden nicht vorliegen.

Die Antragsgegnerin wendete ein, der Hoftrakt sei ursprünglich als Fabriksgebäude genutzt und aufgrund der Baubewilligung vom 2. 2. 1987 zu einem Wohnhaus mit mehreren Mieteinheiten umgebaut worden.

Das Rekursgericht hob den Sachbeschluss des Erstgerichts (welches den monatlich zulässigen Hauptmietzins ab Oktober 2009 im Einzelnen der Höhe nach feststellte, weiters die teilweise Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung in diesen Zeiträumen sowie die daraus resultierenden Überschreitungen) auf, verwies die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens zurück und ließ den Revisionsrekurs zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) nicht zulässig, was kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) zu begründen ist.

1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Revisionsrekurswerberin zwar die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob das Vorhandensein von einzelnen Räumen in einem sonst nicht zu Vermietungszwecken geeigneten Geschoss bei späterer Gesamtumgestaltung des Gebäudes die Anwendung des § 16 Abs 1 Z 2 MRG hindere, zwar wiedergibt, in Ausführung ihres Rekurses inhaltlich dazu aber nicht Stellung nimmt (vgl RIS‑Justiz RS0102059). Ob solche Räume vor Beginn der Baumaßnahmen im Hoftrakt überhaupt vorhanden waren, steht auch noch gar nicht fest. Das Rekursgericht erachtete die Feststellungen des Erstgerichts zur Bau‑ und Nutzungssituation des Hoftrakts vor der Umgestaltung demgemäß für ergänzungsbedürftig. Danach ist unter anderem nicht ausreichend klargestellt, ob überhaupt ein 4. Stock, in dem sich die im Zulassungsausspruch angesprochenen Räume befunden haben sollen, bereits ursprünglich vorhanden war oder erst durch die mit Bescheid vom 2. 2. 1987 bewilligten Umbaumaßnahmen geschaffen wurde. Es ist aber nicht Sache des Obersten Gerichtshofs, theoretisch zu einer Rechtsfrage Stellung zu nehmen (vgl RIS‑Justiz RS0102059 [T8]). Das gilt auch in Verfahren nach § 37 MRG (vgl 5 Ob 9/08x), weswegen darauf nicht näher einzugehen ist. Auch sonst zeigt die Revisionsrekurswerberin keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf.

2. Ob weitere Feststellungen zu treffen sind, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (vgl RIS‑Justiz RS0043304 [T5]). Es stellt daher auch kein die Mangelhaftigkeit der Rekursentscheidung begründendes Abgehen von Feststellungen des Erstgerichts dar, wenn das Rekursgericht aus rechtlichen Überlegungen eine Ergänzung des Sachverhalts für erforderlich hält.

3. Zu den Voraussetzungen des Vorliegens einer Neuschaffung eines Mietgegenstands iSd § 16 Abs 1 Z 2 MRG liegen bereits zahlreiche höchstgerichtliche Entscheidungen vor. Das ist nur dann der Fall, wenn durch bauliche Maßnahmen Mietgegenstände gewonnen wurden, die bisher überhaupt nicht zur Verfügung standen, oder zur Verwendung als Wohnräume oder Geschäftsräume nicht geeignet waren (vgl RIS‑Justiz RS0069647; RS0070741; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 16 MRG Rz 32; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht § 16 MRG Rz 14). Dieses Erfordernis wurde stets sehr restriktiv (im Sinn von „völlig unbenützbar“ oder im Sinn von „für den bestimmungsgemäßen Zweck unbrauchbar“) verstanden (vgl 2 Ob 618/90 = wobl 1992/10; 5 Ob 54/91 = wobl 1992/93 [Würth]; 5 Ob 141/08h; zuletzt 5 Ob 38/09p immolex 2009, 314/112 [Limberg] = wobl 2010, 67/28). Dass bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen ausschließlich auf eine vor Durchführung der Baumaßnahmen fehlende Nutzungsmöglichkeit als Wohnung abzustellen wäre, kann weder dem Wortlaut des Gesetzes (arg: „Mietgegenstand“) noch der von der Revisionsrekurswerberin zur Stützung ihres Standpunkts herangezogenen Belegstelle (T. Hausmann aaO § 16 MRG Rz 32a) und den dort angeführten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs entnommen werden.

4. Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs liegt weder eine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung zu dieser Frage noch ein Abgehen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs durch das Rekursgericht vor. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung 7 Ob 343/97k Bezug nimmt und aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ableitet, dass die Voraussetzungen für den Tatbestand des § 16 Abs 1 Z 2 MRG bereits nach den Feststellungen des Erstgerichts vorlägen, lässt sie außer Acht, dass das Erstgericht zwar Feststellungen zum Umfang der Baubewilligung des Jahres 1898, nicht aber zur tatsächlichen Beschaffenheit des Hoftrakts vor Beginn der mit Bescheid vom 2. 2. 1987 bewilligten Umbaumaßnahmen getroffen hat. Wenn das Rekursgericht bei dieser Sachlage die Tatsachenfeststellungen unter Verweis auf die von ihr im Verfahren vor der Schlichtungsstelle vorgelegten Baupläne für ergänzungsbedürftig hält, kann dem nicht entgegengetreten werden, weil dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, die Prüfung, ob weitere Beweise aufzunehmen sind, verwehrt ist (vgl RIS‑Justiz RS0043414; RS0007236).

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Erstantragsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Antragsgegnerin nicht hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979; RS0035962).

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