OGH 15Os46/14z

OGH15Os46/14z27.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Oktober 2013, GZ 111 Hv 17/13b‑178, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (I), des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 und 2 StGB (II) und der Verbrechen der Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, welche diese in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, indem er als Vertreter der S***** GmbH die Errichtung von Einfamilienhäusern samt Eigengrund inklusive Keller zu einem besonders günstigen Kaufpreis anbot, obwohl er wusste, dass er diese Anbote nicht erfüllen werde können, nachgenannte Kaufinteressenten zur Übergabe von Vermittlungsprovisionen (1/a, 2 bis 5) oder zur Überweisung einer Anzahlung (1/b) verleitet, wobei der Schaden jeweils in Höhe der geleisteten Beträge eintrat, nämlich

1./ Halina und Wolfgang Se*****

a.) am 14. August 2009 zur Übergabe einer Vermittlungsprovision in Höhe von 5.400 Euro für die vermeintliche Errichtung eines Einfamilienhauses mit 150 m2 Wohnfläche, unterkellert, auf dem Grundstück in *****;

b.) am 18. September 2009 zur Überweisung eines Betrags von 7.200 Euro als Anzahlung für die vermeintliche Errichtung des „zu Punkt A/1“ beschriebenen Einfamilienhauses;

2./ am 7. Mai 2010 Johann G***** zur Übergabe einer Vermittlungsprovision in Höhe von 6.000 Euro für die vermeintliche Errichtung eines Einfamilienhauses mit 150 m2 Wohnfläche, unterkellert, auf einem Grundstück in S*****;

3./ am 11. Mai 2010 Lihu H***** zur Übergabe einer Vermittlungsprovision in Höhe von 6.000 Euro für die vermeintliche Errichtung eines Einfamilienhauses mit 150 m2 Wohnfläche, unterkellert, auf einem Grundstück in S*****;

4./ am 27. Mai 2010 Dr. Mohammed E***** zur Übergabe einer Vermittlungsprovision in Höhe von 6.000 Euro für die vermeintliche Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 150 m2, unterkellert, auf einem Grundstück in S*****;

5./ am 30. August 2010 Ernest M***** zur Übergabe einer Vermittlungsprovision in Höhe von 6.000 Euro für die vermeintliche Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 150 m2, unterkellert, in S*****;

II./ von 6. April 2009 bis Mai 2010 als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der S***** GmbH, sohin als Dienstgeber die Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung von insgesamt 1.041,84 Euro dem berechtigten Sozialversicherungsträger, nämlich der Wiener Gebietskrankenkasse, vorenthalten;

III./ durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung an Freiheit und Vermögen nachgenannte Personen zu Handlungen, nämlich zur Bezahlung von 46.440 Euro als Honorar bzw Provision für die vermeintliche Vermittlung eines Einfamilienhauses zu nötigen versucht, die diese oder einen anderen am Vermögen schädigen sollten, wobei er mit dem Vorsatz handelte, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

A./ Daniela W*****

1.) am 17. November 2010, indem er gegenüber Andrea K***** telefonisch äußerte, Strafanzeige gegen Daniela W***** wegen Betruges zu erstatten, sollte Daniela W***** den Betrag nicht bezahlen, wobei er in der Absicht handelte, dass Daniela W***** diese Aussage zur Kenntnis gebracht werde;

2.) am 14. Dezember 2010, indem er Daniela W***** in einer E‑Mail androhte, Strafanzeige verbunden mit dem Antrag auf Erlassung eines Haftbefehls gegen sie zu erstatten und weiters die Eröffnung des Konkurses gegen ihr Unternehmen zu erwirken, sollte sie den Betrag nicht bezahlen;

B./ am 13. Dezember 2010 Gustav und Inge N***** durch Übermittlung einer Rechnung vom 30. November 2010 über den Betrag von 46.440 Euro unter gleichzeitiger Androhung, Strafanzeige wegen Betruges verbunden mit dem Antrag auf Erlassung eines Haftbefehls zu erstatten, einen Konkursantrag beim Handelsgericht Wien einzubringen und gegen Rechtsanwalt Dr. R***** Anzeige wegen Anstiftung zum Betrug zu erstatten, sollten sie diesen Betrag nicht bis 23. Dezember 2010 bezahlen;

C./ am „13. November 2010“ (US 13: 13. Dezember 2010) DI Felix Na***** durch Übermittlung einer Rechnung vom 31. November 2010 über den Betrag von 46.600 Euro per E‑Mail unter gleichzeitiger Androhung, bei Nichtbezahlung dieses Betrags Strafanzeige wegen Betruges zu erstatten, einen Haftbefehl gegen ihn zu beantragen und einen Konkursantrag gegen ihn und seine Gattin einzubringen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Indem die Verfahrensrüge (Z 3 iVm § 240a StPO) bloß auf die Vorgänge in der (wegen eines Wechsels des Vorsitzenden) gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 11. April 2013 (ON 106) abstellt, geht sie aktenwidrig davon aus, dass die Schöffen im Kalenderjahr 2013 nicht beeidigt wurden. Tatsächlich hatten diese ihren Eid jedoch bereits in der zur selben Strafsache noch unter dem Vorsitz von Richterin Dr. Kr***** durchgeführten Verhandlung vom 26. Februar 2013 (ON 93) abgelegt, worauf vom neuen Vorsitzenden im Übrigen auch ausdrücklich hingewiesen wurde (ON 106 S 2 und ON 177 S 2).

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung zur Voraussetzung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist (RIS-Justiz RS0099810).

Indem die Rechtsrüge zu III (Z 9 lit a) bloß nach Art einer - im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen - Schuldberufung mit dem Hinweis auf seine leugnende (von den Tatrichtern unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen, der objektiven Vorgangsweise des Angeklagten und seiner als widersprüchlich gewerteten Angaben zu angeblich vorhandenen, aber nicht vorgelegten Tonbandprotokollen und Bildaufzeichnungen als unglaubwürdig verworfene) Verantwortung sowie auf die Entfaltung von Maklertätigkeiten für den Verkäufer der schlussendlich von Daniela W***** erworbenen Liegenschaft einen auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz desselben bestreitet und die gegenteiligen Urteilsannahmen ignoriert, wonach er wusste, dass er mangels Verdienstlichkeit in Bezug auf die konkrete Liegenschaftstransaktion keinen Anspruch auf die geforderte Provision hatte (US 13 f und 22 f), verfehlt sie die gebotene, oben dargestellte Ausrichtung am Verfahrensrecht.

Soweit der Beschwerdeführer unter - bloß isolierter - Hervorhebung einer per E-Mail geäußerten Verärgerung der Daniela W*****, einer Aussagepassage des DI Felix Na*****, wonach er das Schreiben nicht ernst genommen habe, und des Umstands, dass die geforderten Geldbeträge ohnehin nicht gezahlt wurden, auch die objektive Eignung der Drohungen in Frage stellt, die Betroffenen in Furcht und Unruhe vor einer Verwirklichung des angedrohten Übels im Fall der Ablehnung seiner Provisionsforderungen zu versetzen, leitet er nicht aus dem Gesetz ab, weshalb es bei Beurteilung dieser Frage darauf ankommen soll, ob sich die Opfer im konkreten Fall durch sein Vorgehen einschüchtern ließen (vgl RIS-Justiz RS0092753; 14 Os 68/09w).

Der daran anschließend (nominell aus Z 5) erhobene Einwand, das Erstgericht habe sich mit dem bei den Betroffenen durch seine Mitteilungen ausgelösten Eindruck nicht auseinandergesetzt und die entscheidende Frage der Eignung zur Besorgniseinflößung nicht begründet, verkennt, dass es sich dabei nicht um eine im Sinn der Z 5 begründungsbedürftige entscheidende Tatsache, sondern eben um eine Rechtsfrage handelt (vgl abermals RIS-Justiz RS0092753). Im Übrigen ist die implizit im Zusammenhang mit den Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite (US 14 und 23) und in der rechtlichen Begründung (US 26) zum Ausdruck kommende Einschätzung der Tatrichter von der objektiven Eignung des konkreten Verhaltens des im Wissen um das Fehlen eines berechtigten Provisionsanspruchs agierenden Angeklagten auch nicht zu beanstanden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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