European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00020.14S.0520.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger war als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr bei einem Einsatz zur Löschung eines vom Beklagten verursachten Brandes eingeschritten und hat dabei einen Unfall erlitten. Er hatte ohne ausdrückliche Weisung des Einsatzleiters den Brand vom Dach eines neben dem Brandobjekt befindlichen Schuppens bekämpft und war ‑ mangels Absturzsicherung ‑ vom Dach gestürzt.
Das Erstgericht wies das auf Zahlung von Schmerzengeld und auf Feststellung der Haftung für „sonstige“ Schäden gerichtete Begehren ab. Das Verschulden des Beklagten am Ausbruch des Brandes und ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen Brandereignis und Körperverletzung seien nicht zweifelhaft, die Zurechnung der Schadensfolge an den Beklagten sei aber nicht gerechtfertigt, weil das Belastungsmoment auf Seiten des Klägers, der die Eigensicherung nicht hätte außer Acht lassen dürfen, gegenüber der Fahrlässigkeit des Beklagten überwiege.
Das Berufungsgericht erkannte mit Teil‑Zwischenurteil das Zahlungsbegehren dem Grunde nach mit zwei Drittel zu Recht, wies das Mehrbegehren auf Zahlung eines Drittels des Klagebetrags und das Feststellungsbegehren zu einem Drittel ab und hob das erstgerichtliche Urteil im Umfang der Abweisung von zwei Dritteln des Feststellungsbegehrens und im Kostenausspruch (ohne Zulassungsausspruch) auf und verwies die Rechtssache insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Um eine erfolgreiche Brandbekämpfung zu gewährleisten, dürften die Anforderungen an Feuerwehrleute hinsichtlich ihrer eigenen Sicherheit nicht allzu hoch gestellt werden. Der Kläger, der ‑ eine mögliche Personenrettung vor Augen ‑ die Eigensicherung vernachlässigt habe, habe leicht fahrlässig gehandelt; demgegenüber seien die Belastungsmomente auf Seiten des Beklagten als überwiegend anzusehen. Eine Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten des Beklagten sei angemessen.
Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich mit der Begründung zu, es sei zu klären, ob Feuerwehrleute bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruchs strikt Dienst nach Vorschrift zu verrichten hätten und unter welchen Voraussetzungen der Entschluss eines Feuerwehrmannes als durch den Dienst nicht herausgefordert anzusehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung des Ersturteils anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Die Revision macht geltend, die fehlende Eigensicherung des Klägers sei einzige Ursache für seinen Sturz vom Schuppendach, sein Stellungswechsel auf das Schuppendach sei weder einsatztaktisch notwendig, noch für den Erfolg des Löscheinsatzes ausschlaggebend gewesen. Der Löschangriff vom Schuppendach aus beruhe auf dem eigenen Entschluss des Klägers und nicht auf einer Weisung des Vorgesetzten. Es sei daher das Verhalten des Beklagten für den Schadenseintritt nicht kausal.
2. Ob im Einzelfall ein Schaden noch als adäquate Folge eines schädigenden Ereignisses anzusehen ist, betrifft im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, weil dabei die Umstände des Einzelfalls maßgebend sind und der Lösung dieser Frage keine über den Anlassfall hinausgehende und daher keine erhebliche Bedeutung im Sinn der angeführten Gesetzesstelle zukommt (RIS‑Justiz RS0110361).
3. Die Adäquanz fehlt, wenn das schädigende Ereignis für den eingetretenen Schaden nach allgemeiner Lebenserfahrung gleichgültig ist und nur durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen eine Bedingung für den Schaden war (RIS‑Justiz RS0098939). Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs ist objektiv und nicht danach zu beurteilen, was dem Schädiger subjektiv vorhersehbar war. Das Hinzutreten einer gewollten, rechtswidrigen Handlung eines Dritten ist adäquat, wenn diese nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit lag (RIS‑Justiz RS0022940).
4. Bei Feuerwehrleuten ist zu berücksichtigen, dass diese bei der Brandbekämpfung ihr Augenmerk in erster Linie auf diese Tätigkeit und nicht so sehr auf ihre persönliche Sicherheit richten. Häufig ist gerade ihr entschlossenes Eingreifen ohne allzu große Rücksichtnahme auf die eigene Gesundheit Voraussetzung für eine erfolgreiche Brandbekämpfung. Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an Feuerwehrleute bezüglich ihrer eigenen Sicherheit nicht zu hoch gestellt werden (vgl 7 Ob 566/78 = JBl 1979, 597).
5. Das Berufungsgericht bejahte die Adäquanz der Handlung des Beklagten (Außerachtlassen der Bratpfanne auf dem E‑Herd) für die eingetretene Verletzung und ging von einem bloß leicht fahrlässigem Verhalten des Klägers aus, da er ‑ wenngleich irrtümlich ‑ eine mögliche Personenrettung vor Augen gehabt habe, er die Haftung am Schuppendach in 2 bis 2,5 m Höhe überprüft und für ausreichend befunden habe und die Eigensicherung aus objektiv-technischer Sicht mangels ortsfester Befestigungspunkte nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre. Dem gegenüber würden die Belastungsmomente auf Seiten des Beklagten überwiegen, sodass nach Lage des Einzelfalls eine Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten des Beklagten angemessen sei.
6. Diese Beurteilung ist vertretbar. Der erhöhte Standort auf dem Schuppendach führte (nach dem den Feststellungen der Tatsacheninstanzen zugrunde liegenden Gutachten des Sachverständigen für Feuerwehrwesen) dazu, dass der Kläger näher an das Brandobjekt heran kam, und war somit für den Löschvorgang zweckmäßig. Wenn das Berufungsgericht die Hintanstellung der eigenen Sicherheit aufgrund der Einnahme dieser Löschposition durch den Kläger bloß als leicht fahrlässig und die Unachtsamkeit des Beklagten für schwerwiegender qualifiziert, so liegt darin keine grobe ‑ vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende ‑ Fehlbeurteilung bzw Überschreitung seines Ermessensspielraums.
Allgemein gültige konkrete Richtlinien, welches Verhalten bzw welche Beschlüsse eines Feuerwehrmanns noch durch den Brand herausgefordert werden, kann der Oberste Gerichtshof angesichts der jeweils individuellen Fallkonstellationen nicht geben.
7. Mangels Aufzeigens erheblicher Rechtsfragen nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision zurückzuweisen.
8. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hinwies, hat er die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
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