European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00029.14H.0519.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Der Vater ist aufgrund eines aus Anlass der einvernehmlichen Scheidung der Ehe der Eltern vor dem Bezirksgericht Favoriten am 11. 3. 2009, GZ 40 P 11/09p‑2, abgeschlossenen Vergleichs verpflichtet, den beiden Minderjährigen einen monatlichen Unterhalt in Höhe von jeweils 105 EUR seit 1. 4. 2009 zu zahlen, wobei bei der Unterhaltsbemessung von einem monatlichen Einkommen des Vaters aus Arbeitslosengeldbezug in Höhe von 772 EUR ausgegangen wurde.
Der Vater befindet sich nach einem Schlaganfall seit 29. 4. 2013 dauerhaft im Pflegewohnhaus L*****. Er bedarf einer 24‑Stunden‑Betreuung.
Die Minderjährigen beantragten die Erhöhung des monatlichen Unterhalts für die mj M***** auf 270 EUR ab 1. 6. 2013 und für den mj Q***** auf 250 EUR ab 1. 6. 2013 und auf 270 EUR ab 1. 10. 2013 im Wesentlichen mit der Begründung, ihre Bedürfnisse seien gestiegen, ihr Unterhalt sei gegenüber den Kosten für das Pflegeheim bevorrechtet und ihr Vater werde im Pflegewohnhaus umfassend versorgt.
Der Vater, vertreten durch den bestellten Sachwalter, beantragte die Abweisung des Erhöhungsbegehrens. Der tatsächliche Pflegeaufwand könne mit dem ihm gewährten Pflegegeld nicht finanziert werden. Zur teilweisen Deckung seiner Verpflegungskosten gingen 80 % seiner Bezüge auf den Kostenträger über, während ihm nur 20 % seiner Pension verblieben.
Das Erstgericht wies den Unterhaltserhöhungsantrag der Minderjährigen ab. Es stellte im Wesentlichen fest, dass sich die beiden Minderjährigen in Pflege und Erziehung ihrer Mutter befinden. Der Vater bezieht eine Invaliditätspension in Höhe von 1.335 EUR inklusive Kinderzuschuss und anteiligen Sonderzahlungen. Zusätzlich bezieht der Vater Pflegegeld der Stufe 4 in Höhe von 664,30 EUR monatlich. Der Vater befindet sich im Pflegewohnhaus L*****, weil er nach seinem Schlaganfall einer 24‑Stunden‑Betreuung bedarf. Diese Pflege und Betreuung des Vaters kostet pro Tag 211,37 EUR, somit monatlich ca 6.445 EUR. Dem Vater verbleibt ein monatliches Taschengeld von 119,24 EUR. Es treffen ihn keine weiteren Sorgepflichten.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Pflegegeld decke nicht die tatsächlichen Kosten der Pflege und es bestehe ein Fehlbetrag von 5.780,77 EUR monatlich, welcher von der Bemessungsgrundlage des Vaters abzuziehen sei. Dieser Fehlbetrag werde teilweise vom Fonds Soziales Wien und teilweise aus der Pension des Vaters abgedeckt. Für eine höhere als die bisher titelmäßig festgesetzte Unterhaltsleistung bestehe keine Leistungsfähigkeit des Vaters.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Minderjährigen teilweise Folge und verpflichtete den Vater zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 270 EUR für die mj M***** ab 1. 6. 2013 und von (im Rekurs beantragt) 248 EUR ab 1. 6. 2013 sowie von 270 EUR ab 1. 10. 2013 für den mj Q*****. Es vertrat im Wesentlichen die Rechtsansicht, das Pflegegeld sei nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage des Vaters einzubeziehen, weil die tatsächlichen Pflegekosten das gewährte Pflegegeld bei weitem übersteigen. Gemäß § 324 Abs 3 ASVG gehe, wenn ein Pensionsberechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in bestimmten, näher bezeichneten Einrichtungen untergebracht sei, für die Zeit der Pflege der Anspruch auf Pension einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge bis zur Höhe der Verpflegungskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH dieses Anspruchs, auf den Träger der Sozialhilfe über. Wenn der Pensionsberechtigte aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung für den Unterhalt eines Angehörigen zu sorgen habe, gingen bis zu 50 vH dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe über. Der vom Anspruchsübergang erfasste Betrag vermindere sich für jeden weiteren unterhaltsberechtigen Angehörigen um je 10 vH dieses Anspruchs. Die dem Pensionsberechtigten für seine Angehörigen zu belassenden Beträge könnten vom Versicherungsträger unmittelbar an die Angehörigen ausbezahlt werden.
Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass der Träger der Sozialhilfe und die beiden unterhaltsberechtigten Kinder jeweils Anspruch auf 40 % des Pensionseinkommens des Vaters hätten. Das Rekursgericht stellte in diesem Zusammenhang ergänzend fest, dass von dem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters (exklusive Pflegegeld) in Höhe von 1.335 EUR (inklusive Sonderzahlungen) monatlich 40 % an den Kostenträger übergehen und dem Vater nach Abzug dieses Kostenbeitrags durchschnittlich etwa 800 EUR monatlich für sich und seine beiden mj Kinder verbleiben. Die von den beiden Minderjährigen begehrten Unterhaltsbeträge in Höhe von insgesamt 520 EUR ab 1. 6. 2013 und von 540 EUR ab 1. 10. 2013 fänden darin zur Gänze Deckung, wobei auch berücksichtigt sei, dass dem Vater jedenfalls ein Taschengeld in Höhe von 119,24 EUR monatlich verbleibe. Da der Vater aufgrund seiner ständigen Betreuung und Pflege im Pflegewohnhaus nur geringe Lebenserhaltungskosten habe, könne als Freibetrag nicht das Unterhaltsexistenzminimum gemäß Tabelle 2bm erste Spalte herangezogen werden. Im Übrigen habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 3 Ob 24/07v ausgesprochen, dass die Gewährung von Hilfe zur Sicherstellung des Lebensbedarfs durch Unterbringung in einem Heim und die darauf beruhende Legalzession gerade jene existenznotwendigen Bedürfnisse decken wolle, für die dem Verpflichteten das sogenannte Existenzminimum verbleiben solle, sodass dem Verpflegten nicht einmal 20 % seines Pensionseinkommens als Freibetrag verbleiben müssten. Der Oberste Gerichtshof habe dabei auch berücksichtigt, dass neben dem Naturalunterhalt, der dem Unterstützten durch den Sozialhilfeträger gewährt werde, noch kleinere persönliche Bedürfnisse des Unterstützten verbleiben, die er nach seiner Wahl mit Bargeld decken sollte, wofür das gewährte Taschengeld vorgesehen sei.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs im Hinblick auf das Fehlen einer gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage der Unterhaltsbemessung bei Unterhaltsverpflichteten, die gemäß § 324 Abs 3 ASVG fremdversorgt werden und infolge der Legalzession über ihr Einkommen (zum Teil) nicht frei verfügen können, zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des antragsabweisenden Beschlusses des Erstgerichts. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Minderjährigen, vertreten durch den Kinder-und Jugendhilfeträger, beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters erweist sich als unzulässig, weil darin keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage angesprochen wird.
Der Vater macht in seinem Rechtsmittel geltend, das Pflegegeld sei nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Weiters sei es im Hinblick auf die Regelung des § 324 Abs 3 ASVG nicht regelkonform, einfach 40 % seines Pensionseinkommens dem Träger der Sozialhilfeeinrichtung rechnerisch zuzuordnen und ihm so eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 800 EUR pro Monat zu belassen, da ihm tatsächlich nur 20 % seiner Nettopension als Freibetrag verblieben.
Zu diesen Ausführungen ist zu bemerken, dass das Rekursgericht das dem Vater ausgezahlte Pflegegeld, welches der teilweisen Abdeckung seiner Pflegekosten dient, im Sinne der ständigen Rechtsprechung (vgl RIS‑Justiz RS0013251, RS0111082) ohnedies nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen hat.
Die weiteren Rechtsmittelausführungen lassen den Inhalt der bereits vom Rekursgericht zitierten ausdrücklichen Regelung des § 324 Abs 3 ASVG außer Betracht. Nach dieser Bestimmung geht, wenn ein Pensionsberechtigter ‑ wie der Rechtsmittelwerber ‑ auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in bestimmten, näher bezeichneten Einrichtungen untergebracht ist, für die Zeit der Pflege der Anspruch auf Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegungskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, wenn der Pensionsberechtigte aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung für den Unterhalt eines Angehörigen zu sorgen hat, bis zu 50 vH dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe über. Der vom Anspruchsübergang erfasste Betrag vermindert sich für jeden weiteren unterhaltsberechtigten Angehörigen um je 10 vH dieses Anspruchs. Die dem Pensionsberechtigten für seine Angehörigen zu belassenden Beträge können vom Versicherungsträger unmittelbar an die Angehörigen ausbezahlt werden.
Aus der dargelegten Regelung des § 324 Abs 3 ASVG ergibt sich, dass die auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einer stationären Einrichtung untergebrachten Personen nicht von ihren Unterhaltspflichten befreit sind (VwGH 26. 2. 2002, 2001/11/0052), sondern dem primär Leistungsberechtigten ein bestimmter Betrag zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsansprüche von der Legalzession frei bleiben soll (JBl 1971, 49). Es vermindert sich daher der grundsätzlich zur Deckung der Verpflegungskosten auf den Sozialhilfeträger übergehende Anteil von (bis zu) 80 vH des Pensionsanspruchs (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) auf 50 vH, wenn der hinsichtlich der betreffenden Leistung Anspruchsberechtigte aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung für den Unterhalt eines Angehörigen zu sorgen hat. Mit jedem weiteren unterhaltsberechtigten Angehörigen vermindert sich dieser Betrag noch einmal um je 10 vH des betreffenden Anspruchs. Es ergibt sich somit bereits aus der gesetzlichen Regelung zweifelsfrei, dass im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Vaters für die beiden Minderjährigen höchstens 40 vH der monatlichen Pension auf den Sozialhilfeträger übergehen können. Die Regelung des § 324 Abs 3 ASVG geht weiters offenkundig davon aus, dass mit der Unterbringung in einem Heim neben der Unterkunft und Verpflegung auch der bestehende Betreuungs‑ und Hilfsaufwand grundsätzlich abgegolten ist (vgl 3 Ob 24/97v, SZ 70/78; VwGH 13. 12. 2010, 2009/10/0011 mwN).
Der Rechtsmittelwerber legt nicht dar, warum die im Einklang mit der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 324 Abs 3 ASVG stehende rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts unrichtig sein soll. Auch die Richtigkeit der weiteren Überlegungen des Rekursgerichts zum Unterhaltsexistenzminimum wird vom Rechtsmittelwerber nicht in Zweifel gezogen.
Aus diesen Gründen war der Revisionsrekurs mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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