OGH 10Ob30/14f

OGH10Ob30/14f19.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen A*****, geboren am *****, vertreten durch das Land Niederösterreich als Kinder‑ und Jugendhilfeträger, (Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung, Fachgebiet Jugendwohlfahrt), 3400 Klosterneuburg, Leopoldstraße 21, über das als „Berufung“ bezeichnete Rechtsmittel des Vaters D*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 25. März 2013, GZ 23 R 30/13v‑53, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Schwechat vom 27. August 2012, GZ 8 Pu 190/11i‑39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00030.14F.0519.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

Verfahrensgegenstand ist die Festsetzung des gesetzlichen Unterhalts für die mj A*****. Der Kinder‑ und Jugendhilfeträger beantragte namens der Minderjährigen ab 1. 1. 2011 die Erhöhung der vom Vater bisher geleisteten Unterhaltszahlungen von monatlich 66,21 EUR auf monatlich 340 EUR (ab 1. 1. 2011), auf 351 EUR (ab 1. 7. 2011) und auf 412 EUR (ab 1. 1. 2012).

Das Erstgericht gab dem Antrag statt.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des Vaters nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist übersandte der Vater ein selbst verfasstes als „Berufung“ bezeichnetes Rechtsmittel (in polnischer Sprache) an das Erstgericht, das nicht durch einen Rechtsanwalt unterfertigt ist.

Das Erstgericht wertete dieses Rechtsmittel als außerordentlichen Revisionsrekurs und ging davon aus, dass dieser sogleich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sei. Infolge des vom Erstgericht erteilten Hinweises auf die im Revisionsrekursverfahren gegebene rechtsanwaltliche Vertretungspflicht (ON 87), beantragte der Vater die kostenlose Beistellung eines Rechtsanwalts (ON 96). Das Erstgericht erteilte dem Vater einen Auftrag zur Verbesserung dieses Antrags durch vollständige Ausfüllung des beigeschlossenen Antragsformulars binnen drei Wochen. Dieser Verbesserungsauftrag wurde dem Vater laut Aktenlage am 11. 3. 2014 zugestellt (ON 105), die Verbesserungsfrist verstrich jedoch ungenützt.

Daraufhin legte das Erstgericht das Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorlage widerspricht der Rechtslage:

Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur iSd § 62 Abs 4 AußStrG (RIS‑Justiz RS0007110 [T32]). Für das auf Erhöhung der gesetzlichen Unterhaltspflicht gerichtete Begehren errechnet sich der Streitwert mit dem Dreifachen der Jahresleistung des begehrten (höchsten) laufenden Unterhalts von 412 EUR abzüglich des bisherigen Unterhalts von 66,21 EUR, sohin mit insgesamt 12.448,44 EUR (345,79 EUR x 36; RIS‑Justiz RS0046543).

Übersteigt der Entscheidungsgegenstand ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ nicht insgesamt 30.000 EUR und hat das Rekursgericht ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig ist, so kann eine Partei einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung ‑ § 63 Abs 1 AußStrG).

Steht dem Rechtsmittelwerber nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 Abs 1 AußStrG zur Verfügung, ist das Rechtsmittel nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionrekurs erhoben, so hat daher das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (RIS‑Justiz RS0109623 [T13]). Der Oberste Gerichtshof ist für deren Erledigung ‑ somit auch für eine allfällige Zurückweisung ‑ funktionell unzuständig.

Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer weiteren Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T14]). Die unrichtige Benennung des Rechtsmittels als „Berufung“ hindert jedenfalls nicht dessen Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise (RIS‑Justiz RS0036258).

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