OGH 11Os10/14a

OGH11Os10/14a11.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sattlberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sheni R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Sheni R***** und Bane O***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 14. August 2013, GZ 601 Hv 10/13s‑148, und über die Beschwerde des Sheni R***** gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil und demgemäß auch der Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Korneuburg verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft, Sheni R***** auch mit seiner Beschwerde, auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Sheni R***** und Bane O***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A./), Sheni R***** zudem des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (B./I./) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B./II./) schuldig erkannt.

Danach haben

A./ Sheni R***** und Bane „Ob*****“ (gemeint O*****) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) in der Nacht auf den 8. März 2013 in O***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) und unter der Verwendung zweier Waffen Roland N***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld im Betrag von 12.634 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt, indem sie Roland N***** eine der mitgeführten Schreckschusswaffen der Marke Röhm RG 89 oder EMG an den Kopf hielten, ihn zum Öffnen des Tresors sowie zur Übergabe von Bargeld aufforderten und eine Kellnerbrieftasche aus dem Tresor an sich nahmen;

B./ Sheni R***** mit den abgesondert verfolgten Johann H***** und Samir S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)

I./ zwischen 12. November 2012 und 23. Februar 2013 in G***** und andernorts in 20 Angriffen den im Urteil bezeichneten Personen auf die dort genannte Weise, großteils durch Einbruch, fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von 117.520 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen sowie

II./ die im Urteil bezeichneten Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, unterdrückt, indem sie diese anlässlich der Einbruchsdiebstähle an sich nahmen.

Gegen dieses Urteil richten sich die von Sheni R***** auf Z 3, 5, 5a, 9 lit a und 10 und von Bane O***** auf Z 5 und 10 jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.

Rechtliche Beurteilung

Den Mängelrügen der Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Die Berücksichtigung von Beweismitteln im Urteil, die nicht im Sinn des § 258 Abs 1 StPO zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden, stellt den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 StPO Z 5 vierter Fall StPO her.

In Bezug auf den Schuldspruch A./ reklamieren beide Angeklagten (Z 5 vierter Fall; nominell teilweise verfehlt Z 3) solcherart zu Recht, dass sowohl die Verwertung des Ergebnisses der Observation (US 14 ff) als auch die Berücksichtigung der Angaben des Zeugen Norbert Ha***** (US 18) mangels Vorkommens in der Hauptverhandlung unzulässig war.

Ein entsprechender Begründungsmangel haftet, wie Sheni R***** in seiner Mängelrüge (Z 5 vierter Fall, nominell verfehlt Z 3) im Ergebnis durch Bezugnahme auf einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz zutreffend aufzeigt, auch den zu B./I./ und II./ ergangenen ‑ lediglich ihn betreffenden ‑ Schuldsprüchen an, weil die Tatrichter ihre Überzeugung von der Tatbegehung durch den Beschwerdeführer nicht nur auf seine geständige Einlassung, sondern zur Überprüfung derselben etwa auch auf das nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachte Ergebnis der Darstellung der Fahrzeugroute gründeten (vgl US 13 f).

Dies zwingt ‑ ohne das weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerden erörtern zu müssen ‑ teilweise in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ zu einem Vorgehen nach § 285e StPO.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft, Sheni R***** auch mit seiner Beschwerde, auf diese Entscheidung zu verweisen.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass zum Verfeuern von Platzpatronen eingerichtete Schreckschusspistolen sehr wohl Waffen im „technischen Sinn“ sind (vgl RIS‑Justiz RS0081899).

Stichworte