OGH 7Ob182/13k

OGH7Ob182/13k29.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gunther Nagele und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, und der Nebenintervenientin 3 ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Waltraud Walch, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Mag. Dietmar Czernich und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 213.732,18 EUR sA, über die Revisionen der klagenden Partei und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. Juli 2013, GZ 4 R 119/13a‑23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 25. März 2013, GZ 69 Cg 15/12y‑18, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.368,92 EUR (darin enthalten 894,82 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Nebenintervenientin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt in S***** das Schigebiet „B*****“. Sie schloss bei der Beklagten mit Beginn 1. 10. 2007 einen „All‑Inklusiv‑Schutz für Seilbahnunternehmen“ ab. Bei Abschluss dieses Versicherungsvertrags wurde sie von der Nebenintervenientin, einer freien Versicherungsmaklerin, beraten. Der Versicherungsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

All‑Inklusiv‑Schutz für Seilbahnunternehmen

Risikoort:

Sämtliche dem Versicherungsnehmer gehörenden, gemieteten, gepachteten oder in Verwendung stehenden Seilbahnen und Lifte sowie Betriebsgrundstücke samt zugehöriger Pisten, Loipen, Rodelwege und Beschneiungsanlagen

Versichertes Risiko :

Seilbahnbetrieb inklusiv aller Nebenbetriebe

Versicherungsumfang :

‑ Sachversicherung

‑ Betriebsunterbrechungsversicherung

‑ Betriebshaftpflicht

[...]

All‑Risk‑Sachversicherung:

Versicherte Sachen und Kosten :

‑ Sämtliche Gebäude, welcher Bauart auch immer, zum Neubauwert

‑ Gesamte kaufmännische und technische Betriebseinrichtung inklusive Pistengeräte, Schidoos, Bagger, Beschneiungsanlagen, Seile, Stützen, Fundamente, Beleuchtungen, etc zum Neuwert

‑ Sämtliche Vorräte und Betriebsmittel zum Wiederbeschaffungspreis.

‑ Weiters gelten nachstehende Sachen und Kosten auf I. Risiko mitversichert:

Gebrauchsgegenstände der im Betrieb Beschäftigten zum Neuwert

[...]

Außenanlagen

Grundstücksinfrastruktur zum Neuwert

[...]Lawinenverbauungen für Pistenschutz, Lawinennetze, Pistenabsicherungen (Planen, Netze, Absperrungen, Hinweisschilder zum Neuwert)

[...]

All‑risk‑Betriebsunterbrechungsversicherung

[...]

Haftpflichtversicherung

[...]

Vertragsgrundlagen :

‑ Allgemeine Bedingungen für Sachversicherung (Fassung 4/2007)

‑Allgemeine Bedingungen für die All‑risk‑Versicherung gewerblicher und industrieller Risiken (Fassung 7/2006)

‑ [...]

‑ Gruppierungserläuterung (F 980)

‑ [...]

‑ Besondere Vereinbarungen gemäß Beiblatt:

Diese Besonderen Vereinbarungen lauten auszugsweise wie folgt:

„[...]

B. 1. Sachversicherung

[...]

Ersetzt werden bis zur vereinbarten Versicherungssumme auf I. Risiko Architekten‑ und Ingenieurgebühren sowie Planungs‑ und Konstruktionskosten, die für den Wiederaufbau und/oder die Wiederbeschaffung bzw Wiederherstellung notwendig sind, und tatsächlich entstehen.

Außenanlagen/Grundstücksinfrastruktur

Zu den Außenanlagen zählen Einfriedungen, Fahnenmasten, Beleuchtungsanlagen, Wege, Parkplätze, Schrankenanlagen. Der Versicherungsschutz wird im Rahmen der vereinbarten Versicherungssumme gewährt.

Versicherung von Entsorgungskosten mit Erdreich

Bis zur vereinbarten Versicherungssumme für Entsorgungskosten sind Untersuchungs‑, Behandlungs‑ und Deponierungskosten versichert.

Diese Kosten müssen verursacht werden durch

‑ eine in diesem Vertrag versicherte Gefahr,

‑ an am Versicherungsort befindlichen versicherten Sachen und/oder am Versicherungsort befindliches Erdreich,

‑ radioaktive Isotope

[...].“

Die „Gruppierungserläuterungen F 980“ der Beklagten enthält folgende Gruppierungen:

Gruppe A: Gebäude

Gruppe B: Technische und kaufmännische Betriebseinrichtung

Gruppe C: Vorräte

Gruppe D: Sonstige Sachen

Gruppe E: Ergänzungen.

Sie lauten auszugsweise:

„Gruppe B: Technische und kaufmännische Betriebseinrichtung

Zur technischen und kaufmännischen Betriebseinrichtung gehören die dem Betrieb dienenden Einrichtungen, die sich auf dem Betriebsgrundstück befinden, unabhängig davon, ob in Gebäuden oder im Freien, oberhalb oder unterhalb des Erdniveaus.

Dazu gehören insbesondere:

‑ Maschinen, Einrichtungen, Anlagen und Installationen zur Erzeugung, Umwandlung, Fortleitung, Speicherung und Verbrauch von Energie in allen Formen, auch Heizungs‑, Lüftungs‑, Klima‑, Trocknungs‑ und Brennanlagen, technische Öfen, Gas‑ und Elektroinstallationen samt dazugehörigen Messgeräten, sowie Beleuchtungsanlagen;

‑ Maschinen, Einrichtungen, Anlagen und Installationen zur Erstellung, Verarbeitung, Übertragung, Weiterleitung und Speicherung von Daten, Informationen und Nachrichten aller Art (jedoch ohne Datenträger ‑ siehe D.2);

‑ Arbeitsmaschinen aller Art samt ihren Antriebselementen und allem Zubehör;

‑ selbstfahrende Arbeitsmaschinen (nicht jedoch soweit sie Kraftfahrzeuge mit behördlicher Zulassung sind ‑ siehe D.1);

‑ Anlagen, Einrichtungen, Geräte und Installationen zum Messen, Prüfen, Anzeigen, Regeln und Steuern von Produkten, Betriebszuständen und Arbeitsvorgängen aller Art;

‑ Maschinen, Einrichtungen, Anlagen und Installationen zur Beförderung von Personen, Materialien, Waren und Stoffen aller Art, auch Wasserleitungsinstallationen, das sind alle Wasserver‑ und ‑entsorgungsanlagen samt dazugehörigen Messgeräten, Armaturen, Filteranlagen und Zubehör, Absauganlagen sowie Personen‑ und Lastenaufzügen;

‑ Einrichtungen, Anlagen sowie Behältnisse und Gefäße zur Lagerung von Materialien, Waren und Stoffen aller Art, auch wiederverwertbare Verpackungsmittel, Paletten, Container und dergleichen;

‑ der gesamte Fuhrpark auch Gleisanlagen, Eisenbahnwaggons, Anhänger und Stapler aller Art, jedoch mit Ausnahme von Kraftfahrzeugen, Wasser‑ und Luftfahrzeugen mit behördlicher Zulassung (Ausnahmen ‑ siehe D.1);

‑ Handmaschinen und Gerätschaften aller Art;

‑ Werkzeuge und sonstige Erzeugungsmittel aller Art für Hand‑ und Maschinengebrauch soweit sie nicht als Reproduktionsmittel nach D.3 anzusehen sind;

‑ Büroeinrichtungen aller Art, auch Zeitschriften und Bücher;

‑ versetzbare Zwischenwände;

‑ Feuerlösch‑, Brandschutz‑, Brandbetriebs-schutz‑, Sanitäts‑ und Sporteinrichtungen sowie Dienstausrüstungen und Dienstkleidungen aller Art;

‑ Einrichtungen von Gemeinschafts‑, Unterkunfts‑ und Gasträumen, sowie von Küchen, Kantinen, Büchereien und dergleichen;

‑ Sanitäranlagen, das sind Klosetts, Bad‑ und Wascheinrichtungen;

‑ Firmenschilder und Werbeanlagen;

‑ Kühltürme, auch in Mauerwerk oder Beton ausgeführt;

‑ Katalysatoren;

‑ außerbetrieb und/oder in Reserve gestellte technische und kaufmännische Betriebseinrichtung;

‑ Ersatzteile und noch nicht 'eingebaute' für Neueinrichtungen bestimmte Gegenstände aller vorgenannten Arten, auch Ersatzteile für Kraftfahrzeuge nach D.1.

Gruppe E: Ergänzungen

E.1. Aufräumkosten

[...]

E.2. Abbruchkosten

[...]

E.3. Demontage‑ und Remontagekosten

[...]“

Die Allgemeinen Bedingungen für die All‑Risk‑Versicherung gewerblicher und industrieller Risiken (ABR Fassung 7/2006 AR 70) lauten auszugsweise:

„Artikel 1 ‑ Versicherte Gefahren und Schäden :

Der Versicherer ersetzt nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen Schäden an versicherten Sachen, die durch eine plötzliche unvorhergesehene und von außen einwirkende Ursache zerstört oder beschädigt werden bzw anlässlich eines versicherten Schadensereignisses abhanden kommen.

[...]

Artikel 2 ‑ Nicht versicherte Gefahren und Schäden :

1. Von der Versicherung ausgeschlossen sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden entstanden

[...]

1.7 durch Witterungseinflüsse und/oder Abhandenkommen von im Freien befindlichen, beweglichen Sachen [...]

1.11 an Sachen auf Grund oder durch deren Bearbeitung, Verarbeitung und Herstellung

1.12 durch natürliche oder mangelhafte Beschaffenheit, Abnutzung, Verschleiß, Alterung, bestimmungsgemäßem Gebrauch, Konstruktions‑, Planungs- oder Materialfehler.

[...]

1.16 durch Korrosion (Bruchschäden durch Korrosion an den Zu‑ und Ableitungsrohren in der Wasserversorgung oder an Rohren in der Heizungsanlage sind versichert) Feuchtigkeit, Trockenheit, Schwamm.

[...]

1.22 durch Zufuhr oder Ausbleiben von Wasser, Gas, Elektrizität oder sonstiger Energie‑ oder Treibstoffversorgung

[...]

Artikel 3 ‑ Versicherte Sachen und Kosten:

1. Versicherte Sachen

1.1. Versichert sind die im Versicherungsvertrag bezeichneten Sachen, die im Eigentum des Versicherungsnehmers stehen, ihm unter Eigentumsvorbehalt verkauft und übergeben oder ihm verpfändet wurden.

[...]

Artikel 4 ‑ Versicherungsort:

Versicherungsschutz für bewegliche Sachen besteht nur innerhalb des Versicherungsortes

[...]

2. Versicherungsort sind die in dem Versicherungsvertrag bezeichneten Gebäude oder Räume von Gebäuden oder die als Versicherungsort bezeichneten Grundstücke. [...]“

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. 4. 2009, Abteilung Umweltschutz, wurde der Klägerin die naturschutzrechtliche Bewilligung und mit Bescheid vom 22. 5. 2009 die wasser‑ und forstrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer neuen Talabfahrt im Schigebiet B***** erteilt.

Die Abfahrt („M*****‑Piste“) verläuft in einer ‑ steilen ‑ Waldschneise, die bereits für die alte Seilbahn der Klägerin angelegt worden war. Im Zuge der Herstellung dieser Piste wurden im steilsten Stück die Wurzelstöcke flach geschnitten und die flachen Bereiche mit Baggern bearbeitet, dies in Entsprechung der Vorschriften der Naturschutzbehörde. In der Nacht vom 2. auf den 3. 5. 2010 kam es infolge starker Regenfälle auf dieser Piste zu einer Hangrutschung, wobei ein Bereich von ca 200 m² betroffen war. Die Klägerin musste, um die Benützbarkeit und Sicherheit des betroffenen Bereichs wiederherzustellen, umfangreiche Untersuchungs‑, Sanierungs‑ und Rettungsmaßnahmen in die Wege leiten, wobei ihr Kosten von insgesamt 213.732,18 EUR entstanden.

Ob neben den starken Regenfällen noch weitere Ursachen für die Hangrutschung bestanden, insbesondere die natürliche Beschaffenheit des Hangs, eine über den Starkregen hinausgehende Feuchtigkeits‑ bzw Wasserzufuhr oder die konkrete Bearbeitung der Piste, kann nicht festgestellt werden.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von 213.732,18 EUR sA. Der geltend gemachte Schaden an der Piste sei vom Versicherungsschutz umfasst.

Die Nebenintervenientin brachte vor, dass für sie und die Klägerin stets klar gewesen sei, dass die Piste zur Betriebseinrichtung gehöre und mitversichert sei. Da die Piste eine mechanisch bearbeitete Bodenfläche sei, die zur Betriebseinrichtung eines Schibetriebs gehöre, unterscheide sie sich vom nicht versicherten Grund und Boden.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde nach. Der „All‑Inklusiv‑Schutz“ beziehe sich darauf, dass sowohl eine Sach- als auch eine Betriebsunterbrechungs- und Haftpflichtversicherung im Versicherungsvertrag enthalten seien. Bei der Sachversicherung handle es sich um eine Allgefahrenversicherung, was bedeute, dass die versicherten Sachen (und nur diese) gegen alle Schadensursachen (soweit nicht bedingungsgemäß ausgeschlossen oder eingeschränkt) versichert seien. Die Allgefahrenversicherung spiele dadurch nur für die Frage eine Rolle, welches Risiko versichert sei, nicht aber für die Frage, welche Sachen versichert seien. Es sei undenkbar, eine „Piste“ bzw das „Erdreich (Hang)“, auf dem im Winter die Schipiste verlaufe, unter den Begriff der „kaufmännischen und technischen Betriebseinrichtung“ zu subsumieren. Der „Versicherungsort“ definiere lediglich den Risikoort, also den Ort, wo sich die versicherten Sachen befinden müssten, damit sie überhaupt versichert seien. Die Anführung der Pisten unter „Versicherungsort“ sei darauf zurückzuführen, dass im „All‑Inklusiv‑Schutz“ auch eine Haftpflichtversicherung enthalten sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Betitelung der Versicherungspolizze mit „All‑Inklusiv‑Schutz“ müsse so gedeutet werden, dass in der Versicherung alles inkludiert sein solle, was ein Seilbahnunternehmen betreffen könne, somit auch die für ein solches zwingend erforderlichen Pisten. Die von der Beklagten geforderte klare Unterscheidung zwischen Versicherungsort, versicherten Sachen und versicherten Risiken werde nicht klar durchgehalten, werde doch auf Seite 1 der Versicherungspolizze als „Versichertes Risiko“ der „Seilbahnbetrieb inklusive aller Nebenbetriebe“ angeführt. Auch der Umstand, dass im Rahmen der ‑ beispielhaft ‑ angeführten Betriebseinrichtung das Wort „etc“ verwendet werde, könne von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer nur so verstanden werden, dass darunter alles falle, was nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu einem Schigebiet zähle, somit auch eine Piste. Weiters lasse sich eine Piste zwanglos unter die in der Gruppierungserläuterung enthaltene beispielhafte Anführung der „dem Betrieb dienenden Einrichtungen, die sich auf dem Betriebsgrundstück befinden“ und unter die in der Polizze unter „Versicherte Sachen und Kosten“ angeführten „Außenanlagen/Grundstücksinfrastruktur“ einordnen. Dies gelte umso mehr, wenn man berücksichtige, dass in den Besonderen Vereinbarungen von „Einfriedungen, Fahnenmasten, Beleuchtungsanlagen, Wege, Parkplätze, Schrankenanlagen“ die Rede sei. Ein ausdrücklicher Ausschluss von Grund und Boden von den versicherten Sachen sei nicht vorgenommen worden. Für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer könnten daher die genannten Regelungen nicht anders verstanden werden, als dass die Piste als versicherte Sache erfasst sei.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte das Urteil im Sinne einer Klagsabweisung ab. Der Ansicht des Erstgerichts, auch bei Einschaltung eines selbständigen Versicherungsmaklers habe sich die Auslegung am Maßstab eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren, könne insoweit nicht beigepflichtet werden. Es komme vielmehr darauf an, wie vom Versicherungsmakler (als Sachverständigen im Sinn des § 1299 ABGB) das Offert der Beklagten, welches mit hier nicht relevanten Ausnahmen von Seiten der Klägerin angenommen worden sei, verstanden werden dürfe. Eine an diesem Maßstab orientierte Auslegung ergebe, dass die „Piste“ bzw jene Landfläche, die im Winter als Piste präpariert werde, nicht als versicherte Sache anzusehen sei. Die Übertitelung als „All‑Inklusiv‑Schutz für Seilbahnunternehmen“ dürfe jedenfalls nicht dahin verstanden werden, dass damit alles, was zum Betrieb eines Schigebiets erforderlich sei, als versichert gelte; damit würde sich die Anführung der im Einzelnen versicherten Sachen (und Kosten) in der Polizze samt den Allgemeinen und Besonderen Bedingungen und in der Gruppierungserläuterung als gänzlich überflüssig erweisen. Die Produktbezeichnung verweise darauf, dass in dieser Versicherung die für ein Seilbahnunternehmen (Betreiber eines Schigebiets) möglicherweise benötigten Versicherungssparten, nämlich eine Sach-, eine Betriebsunterbrechungs- und eine Haftpflichtversicherung zusammengefasst seien. Auch der Umstand, dass in der Polizze als Risikoort unter anderem auch die „zugehörigen Pisten“ angeführt seien, lasse keineswegs den Schluss zu, dass damit die Piste als solche in die Sachversicherung einbezogen sei. Dass als „versichertes Risiko“ der „Seilbahnbetrieb inklusive aller Nebenbetriebe“ angeführt werde, könnte als zweideutig allenfalls dann angesehen werden, wenn es nur um eine Sachversicherung, nicht aber auch um eine Betriebsunterbrechungsversicherung und eine Haftpflichtversicherung ginge. Bei einer derartigen „Bündelversicherung“ könne eine aussagekräftige Begriffswahl für ein Unternehmen als Gegenstand der Versicherung wohl kaum gefunden werden. Die in diesem „Bündel“ enthaltene Sachversicherung werde von der Beklagten nicht als „All‑Inklusiv‑Versicherung“, sondern als „All‑Risk‑Sachversicherung“ bezeichnet und es werde im Einzelnen angeführt, welche Sachen versichert seien. Eine „Piste“ (Landfläche, die im Winter zwecks Benutzung durch Schifahrer präpariert werde), könne nicht als „technische Betriebseinrichtung“ angesehen werden, die einen „Neuwert“ aufweise, dies im Gegensatz zu den technischen Gewerken, die auf oder unter der Erdoberfläche (wie Rohre für Beschneiungsanlagen) im (Nahe‑)Bereich einer Piste errichtet würden. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Gruppierungserläuterung.

Eine Piste sei auch nach dem weitest möglichen Wortsinn keine ‑ technische ‑ Einrichtung. Auch unter dem Begriff „Außenanlagen/Grundstücksinfrastruktur zum Neuwert“ könne die Piste nicht eingeordnet werden. Sie sei keine „Außenanlage“, womit die zu einem Gebäude gehörenden (vor allem technischen Anlagen) im Freien beschrieben würden. Sie sei auch nicht unter „Grundstücksinfrastruktur“ zu subsumieren, welche der besseren Benutzung des Grundstücks diene, aber eben nicht mit diesem ident seien. Die Piste sei auch nicht als „Weg“ anzusehen, zumal sich dieser Begriff unter dem Übertitel „Außenanlagen/Grundstücksinfrastruktur“ finde, womit klargestellt sei, dass es sich um Einrichtungen der Grundstücksinfrastruktur handle. Die Piste sei daher vom Versicherungsschutz nicht umfasst.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei, weil die Frage der Bestimmung des Versicherungsumfangs (versicherte Sache) im Einzelfall regelmäßig keine Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO darstelle.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen der Klägerin und der Nebenintervenientin mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte begehrt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revisionen zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Da oberstgerichtliche Judikatur zur Auslegung der Klauseln des „All‑Inklusiv‑Schutzes für Seilbahnunternehmen“ fehlt und die fraglichen Regelungen nicht so eindeutig sind, dass nur eine Möglichkeit der Beurteilung in Betracht kommt, sind die Revisionen entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig. Sie sind aber nicht berechtigt.

1. Im „All‑Inklusiv‑Schutz für Seilbahnunternehmen“ der Beklagten sind eine All‑Risk‑Betriebsunterbrechungsversicherung, eine Haft-pflichtversicherung und die hier interessierende All‑Risk‑Sachversicherung zusammengefasst.

1.1 In der Sachversicherung werden Sachen oder Inbegriffe von Sachen gegen Verlust, Beschädigung und Zerstörung abgesichert.

1.2 Bei der All‑Risk‑Versicherung (Allgefahrenversicherung) handelt es sich um ein Versicherungskonzept, bei dem grundsätzlich alle nur erdenklichen auch unbenannten Risiken im Vertrag als versichert gelten, sofern sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind. Gemäß dem Versicherungsvertrag verpflichtet sich der Versicherer, die versicherte Gefahr oder Gefahren zu tragen. Die Bedingungen des Vertrags konkretisieren dabei, welche Rechtsgüter und welche Gefahren als versichert gelten. Während in den konventionellen Deckungen bestimmte Gefahren namentlich aufgeführt werden, verhält es sich bei der All‑Gefahren‑Deckung grundlegend anders. Hier wird der Versicherungsschutz für versicherten Sachschaden unabhängig von der Verursachung durch eine versicherte benannte Gefahr gewährt (Kollhosser in Prölss/Martin, Versicherungsvertrags-gesetz27, § 49 Rz 7, Schauer in Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz Vorbem zu §§ 49‑68a Rz 13; Segger in Veith/Gräfe, Versicherungsprozess² § 7 Rz 18; Senk in Lindner‑Figura/Oprée/Stellmann³, Geschäftsraummiete Kap 22 Rn 39, 40).

2. Entscheidungswesentlich ist hier, ob das Rechtsgut (die Sache) „Piste“ versichert ist.

2.1 Nach ständiger Rechtsprechung sind Allgemeine Versicherungsbedingungen nach Vertrags-auslegungsgrundsätzen (§§ 914 f ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich am Maßstab eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS‑Justiz RS0050063). Die einzelnen Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand oder Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS‑Justiz RS0008901). Stets ist aber der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Versicherungsbedingungen zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0112256). Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssen daher so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich versierter Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten im Sinn des § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der Bedingungen, regelmäßig also des Versicherers gehen (RIS‑Justiz RS0050063).

2.2 Nach der Systematik des vorliegenden Versicherungsvertrags folgen nach der Überschrift „All‑Inklusiv‑Schutz für Seilbahnunternehmen“ eine Umschreibung vom Versicherungsort und vom versicherten Risiko und die Anführung der Prämiensätze und der Prämienberechnungsbasis für die zusammengefassten Versicherungen (Sach‑, Betriebsunterbrechungs‑ und Haftpflichtversicherung). Daran schließt eine nach den einzelnen Versicherungen gegliederte Konkretisierung vor allem der versicherten Sachen und Kosten (in der Sach‑ und Betriebsunterbrechungsversicherung) und der versicherten Aktivitäten in der Haftpflichtversicherung an.

Die Überschrift stellt die Bezeichnung des Produkts der Beklagten vor allem in Hinblick auf die Bündelung mehrerer Versicherungsarten dar, ohne jedoch den Versicherungsumfang zu umschreiben. Dies muss auch dem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer leicht erkennbar sein, weil an späterer Stelle die versicherten Sachen und Kosten in der Sachversicherung detailliert umschrieben werden. Aus dieser näheren Konkretisierung der versicherten Sachen und Aktivitäten, gegliedert nach den einzelnen Versicherungsarten, lässt sich gleichfalls leicht erschließen, dass die Bestimmung des Versicherungsorts (unter Einbeziehung der Pisten) und des versicherten Risikos (Seilbahnbetrieb inklusive aller Nebenbetriebe) nur programmatisch für alle Versicherungen vorangestellt wurde, ebenfalls ohne bereits den Versicherungsumfang der einzelnen Versicherungsarten konkret zu determinieren. Darüber hinaus ist der Versicherungsort der geografische Bereich, in dem der Versicherungsfall eintreten muss, damit Versicherungsschutz besteht. Die Vereinbarung der Piste als Versicherungsort lässt jedenfalls keinen Schluss darauf zu, für welche Sachen Versicherungsschutz besteht.

2.3 So zählen zu den versicherten Sachen Kosten der gesamten kaufmännischen und technischen Betriebseinrichtung inklusive Pistengeräte, Schidoos, Bagger, Beschneiungsanlagen, Seile, Stützen, Fundamente, Beleuchtungen etc.

In der Gruppierungserläuterung (Gruppe B) werden zu den kaufmännischen und technischen Betriebseinrichtungen die „dem Betrieb dienenden Einrichtungen, die sich auf dem Betriebsgrundstück befinden“, gezählt und es wird eine umfangreiche, wenn auch nicht abschließende Auflistung vorgenommen.

Unter „kaufmännischer Betriebseinrichtung“ sind Einrichtungsgegenstände zu verstehen, die der Verwaltung des Betriebs dienen, wie zum Beispiel Büromöbel, Aktenschränke, Telekommunikationsanlagen, Kopierer. Die „technische Betriebseinrichtung“ umfasst die zum Schibetrieb erforderlichen Maschinen und Anlagen wie Beförderungseinrichtungen, Pistengeräte und Beschneiungsanlagen.

Dieses dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende Verständnis ergibt sich auch aus den aufgezählten kaufmännischen und technischen Betriebseinrichtungen. Kein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer kann dieser Umschreibung des Inventars eine Piste unterstellen.

2.4 Vom Versicherungsschutz umfasst sind auch „Außenanlagen/Grundstücksinfrastruktur“. Nach den Besonderen Bedingungen (B1) zählen dazu Einfriedungen, Fahnenmaste, Beleuchtungsanlagen, Wege, Parkplätze, Schrankenanlagen. Pisten sind demnach davon nicht umfasst. Sie können auch nicht mit dem Begriff „Weg“ gleichgesetzt werden. Richtig ist, dass von der Judikatur eine Schipiste eine allgemein zugängliche, durch Markierungen bezeichnete und in ihrer Ausdehnung abgegrenzte, regelmäßig gespurte, zur Abfahrt mit Schiern vorgesehene und geeignete Strecke angesehen (RIS‑Justiz RS0023447) und für die Haftung § 1319a ABGB herangezogen wird (RIS‑Justiz RS0030361). Daraus ist aber für die hier wesentliche Frage, wie ein Versicherungsnehmer den Begriff „Weg“ versteht, nichts gewonnen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird eine Schipiste nicht als Weg und ein Weg nicht als Schipiste bezeichnet. Abgesehen davon nennt der Versicherungsvertrag unter dem Versicherungsort ausdrücklich Pisten, womit auch im Vertragstext selbst eine Differenzierung zwischen Weg und Piste vorgenommen wird, die auch einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer eine Gleichsetzung verbietet.

3. Der Versicherungsschutz bezieht sich demnach ‑ bereits für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer erkennbar ‑ nicht auf Pisten, weshalb auch kein ausdrücklicher Ausschluss notwendig war.

4. Der Frage, ob sich bei Einschaltung eines selbständigen Versicherungsmaklers die Auslegung am Maßstab eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers oder am Verständnis des sachverständigen Versicherungsmaklers zu orientieren hat, stellt sich nicht.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die (hier nicht gemäß §§ 14, 20 ZPO streitgenössische) Nebenintervenientin trifft keine Kostenersatzpflicht (RIS‑Justiz RS0035816). Da hier die Überreichung je einer Revisionsbeantwortung zu den Revisionen der Klägerin und der auf ihrer Seite einschreitenden Nebenintervenientin zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war, hat die Klägerin der Beklagten die Kosten beider Revisionsbeantwortungen zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0036148).

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