Spruch:
Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, dass das die Klage abweisende Urteil erster Instanz wiederhergestellt wird.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 2.774,40 EUR (darin 462,40 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 4.592,44 EUR (darin 333,24 EUR Umsatzsteuer und 2.593 EUR) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
In dem vom Kläger vorgelegten, mit 1. Juli 2008 datierten Mietvertrag (Beilage ./A), dessen Echtheit von der Beklagten (als eingeantwortete Erbin nach dem im Mietvertrag genannten Vermieter, der am 18. Jänner 2009 verstorben ist) bestritten wird, ist eine Klausel enthalten, wonach der Vermieter dem Kläger ein Vorkaufsrecht an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** einräumt. Der Mietvertrag bezieht sich auf eben diese Liegenschaft mit Ausnahme einer Wohnung im zweiten Obergeschoss des „Haupthauses“, „die der Vermieter weiterhin bewohnt und die dem Vermieter alleine zusteht“.
Zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 43.812,06 EUR sA wurde dieses Vorkaufsrecht mit Exekutionsbewilligung vom 2. November 2012 zugunsten eines Gläubigers des Klägers gepfändet; dem Kläger als Verpflichteten wurde jede Verfügung über das gepfändete Vorkaufsrecht untersagt. Das Verfügungsverbot wurde der Beklagten am 9. November 2012 zur Kenntnisnahme zugestellt. Am 30. November 2012 hat das Exekutionsgericht die „Rechtskraft und Vollstreckbarkeit“ der Exekutionsbewilligung bestätigt. Weitere Schritte (etwa in Richtung Verwertung) wurden im Exekutionsverfahren nicht gesetzt.
Am 12. Dezember 2012 richtete die betreibende Gläubigerin dieser Exekution ein Schreiben an eine Kaufinteressentin für die Liegenschaft, dass sie gegen Zahlung eines Betrags von 3.000 EUR bereit sei, auf ihre Rechte aus dem nicht bücherlich einverleibten Vorkaufsrecht zu verzichten; die Kaufinteressentin hat daraufhin 3.000 EUR an die betreibende Gläubigerin überwiesen.
Aus dem in der Streitverhandlung vom 11. Jänner 2013 (ON 18) verlesenen Vorakt ergibt sich, dass der Kläger infolge von Betriebskostenrückständen mit rechtskräftigem Urteil vom 14. August 2012 schuldig erkannt wurde, das Mietobjekt („die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit den darauf errichteten Baulichkeiten mit der Liegenschaftsanschrift …, mit Ausnahme der im Haupthaus [gelegen im nordwestlichen Eck der Liegenschaft] im 1. Stock und im 2. Stock gelegenen Räumlichkeiten, und sämtliche Außenflächen dieser Liegenschaft“) zu räumen (vgl dazu das Vorbringen des Klägers in ON 13 über Vorgänge im Zuge der Räumung der Liegenschaft). Räumungsklage und Räumungsurteil betreffen alle vom (nunmehrigen) Kläger in Anspruch genommenen Teile der Liegenschaft.
Der Kläger begehrt die Einwilligung der Beklagten zur Einverleibung eines bücherlichen Vorkaufsrechts, das ihm der Vermieter (Rechtsvorgänger der Beklagten) im Mietvertrag eingeräumt habe.
Die Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass der Mietvertrag gefälscht sei, der Kläger mangels finanzieller Mittel zur Ausübung des Vorkaufsrechts rechtsmissbräuchlich vorgehe und dass wegen der erfolgten Pfändung des Vorkaufsrechts der Kläger nicht aktiv legitimiert sei. Schließlich verwies die Beklagte auch auf die Rechtskraft des ergangenen Räumungsurteils (ON 12).
Das Erstgericht hat die Klage auf Einwilligung in die Einverleibung des Vorkaufsrechts abgewiesen. Durch die Pfändung des Vorkaufsrechts sei Unmöglichkeit der Leistung auf Herausgabe eingetreten.
Infolge Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil zur Verfahrensergänzung auf. Die Pfändung des Vorkaufsrechts nach Einbringung der Klage beseitige gemäß § 234 ZPO die Aktivlegitimation des Klägers nicht. Grundsätzlich könne auf ein Vorkaufsrecht nach Eintritt des Vorkaufsfalls im Wege der §§ 331 ff EO Exekution geführt werden, sofern das Vorkaufsrecht im Einzelfall einer Verwertung zugänglich sei. Da der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht tragfähig sei, werde sich das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren mit dem Haupteinwand der Beklagten auseinanderzusetzen haben, die vertragliche Vereinbarung über das eingeräumte Vorkaufsrecht sei eine Fälschung.
Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Rekurs mit der Begründung zu, dass die Rechtsprechung betreffend den Verlust der Aktivlegitimation durch eine Pfändung für den Fall der Verwertung eines Vorkaufsrechts ebenso wenig gesichert erscheine wie die Beantwortung der Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen ein Vorkaufsrecht exekutiv verwertet werden könne. In diesem Zusammenhang erscheine auch nicht ausreichend geklärt, ob und wie sich die betreibende Partei als Verwertungsgläubigerin mit einem potenziellen Käufer über den Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts gegen Zahlung eines Entgelts einigen dürfe. Dazu komme, dass betreffend die passive Vererblichkeit des Anspruchs auf Einverleibung eines Vorkaufsrechts keine jüngere Rechtsprechung vorliege, die auf den vorliegenden Fall übertragbar wäre.
Trotz unrichtiger Bezeichnung im Rekurs erkennbar gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der beklagten Partei aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Entscheidung in der Sache im Sinn einer Wiederherstellung des Ersturteils.
Die klagende Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig; er ist auch im Sinne einer Wiederherstellung des die Klage abweisenden Ersturteils berechtigt.
In ihrem Rekurs stellt die beklagte Partei in den Vordergrund, dass § 234 ZPO im vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei, weil das Vorkaufsrecht pfändbar, aber unveräußerlich und unübertragbar sei. Der Kläger habe seine Rechte aus dem behaupteten Vorkaufsrecht durch die Pfändung und das Verfügungsverbot verloren. Spätestens seit der Rechtskraft des Räumungsurteils zu dem gegenständlichen Bestandvertrag sei auch klargestellt, dass dem Kläger das Vorkaufsrecht nicht zustehe. Schließlich könne der Kläger die begehrte Einverleibung gegen die Beklagte schon deshalb nicht erwirken, weil ihr Eigentumsrecht noch nicht verbüchert sei.
Dazu wurde erwogen:
Dem Erfolg des Klagebegehrens steht schon die zwischenzeitige Auflösung des Bestandvertrags entgegen, die sich aus dem gegen den Kläger ergangenen rechtskräftigen Räumungsurteil des BG Salzburg, AZ 16 C 753/11g, vom 14. August 2012 ergibt: Nach der Rechtsprechung erlischt ein als Nebenabrede eines Bestandvertrags vereinbartes Vorkaufsrecht mit Beendigung des Bestandvertrags, ohne dass es einer besonderen ausdrücklichen Erklärung bedürfte (RIS‑Justiz RS0020359).
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 3 Ob 259/57 (= EvBl 1957/397, 628) ausgesprochen, dass dann, wenn zwischen den Parteien ein Mietvertrag geschlossen, in einem zeitlichen Zusammenhang ein Vorkaufsrecht eingeräumt und sowohl das Mietverhältnis als auch das Vorkaufsrecht in einer Urkunde dokumentiert wurden, der Vereinbarung deutlich zu entnehmen sein müsste, dass das Vorkaufsrecht unabhängig vom Mietrecht Bestand haben soll (RIS‑Justiz RS0020359). Diese Ansicht wurde zu 6 Ob 164/61, später auch zu 8 Ob 510/79 explizit bekräftigt. Laut der Entscheidung 5 Ob 131/72 (= JBl 1974, 204 [ Rummel ]) wird dann, wenn ein Vorkaufsrecht in einem Bestandvertrag eingeräumt wird, vermutet, dass das Ende des Vorkaufsrechts mit dem Ende des Bestandrechts zusammenfällt, außer wenn dem Vertrag zu entnehmen ist, dass das Vorkaufsrecht unabhängig vom Bestandvertrag und dessen Beendigung weiter gelten soll.
In der österreichischen Kommentarliteratur wird die dargestellte Rechtsprechung ohne Kritik übernommen, namentlich von Aicher in Rummel 3 § 1072 Rz 6, Binder in Schwimann 3 § 1072 Rz 8, Apathy in KBB 3 § 1072 Rz 5, Schurr in Schwimann , TaKom 2 § 1072 Rz 3 und Verschraegen in ABGB-ON1.02 § 1072 Rz 9. Nach Faistenberger (Das Vorkaufsrecht [1967] 196; siehe auch 19) endet das Vorkaufsrecht, das Nebenbestimmung eines Dauerschuldverhältnisses ist, im Zweifel mit diesem.
Im vorliegenden Fall hat die behauptungspflichtige klagende Partei, die sich selbst in ihrem Vorbringen auf die Räumung des Bestandobjekts bezogen hat (siehe ON 13 über Vorgänge im Zuge der Räumung der Liegenschaft), keine Hinweise darauf gegeben, dass zwischen den Mietvertragsparteien das Vorkaufsrecht unabhängig vom Bestandverhältnis vereinbart worden wäre.
Auch der Umstand, dass sich das Vorkaufsrecht auf die gesamte Liegenschaft bezieht, während vom Umfang des Bestandrechts (und auch des Räumungsurteils) einzelne Räumlichkeiten ausgenommen waren, steht dem Erlöschen des Vorkaufsrechts nicht entgegen, bezieht sich doch der Bestandvertrag auf den Großteil der Liegenschaft. Der Text der Vertragsurkunde lässt nicht erkennen, dass das (auf unbefristete Zeit abgeschlossene) Bestandverhältnis und das Vorkaufsrecht unabhängig voneinander Bestand haben sollten.
Aus diesem Grund ist das im Ergebnis richtige, die Klage abweisende Ersturteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
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