Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Cecilia B***** und Milciades P***** betreffenden Schuldspruch A/I sowie in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch B/II umfassten Taten dieser Angeklagten jeweils unter mehrere Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Satz erster Fall SMG und demzufolge im Cecilia B***** und Milciades P***** betreffenden Strafausspruch aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden Cecilia B***** und Milciades P***** sowie die Staatsanwaltschaft mit ihrer diese beiden Angeklagten betreffenden Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Cecilia B***** im Übrigen sowie die Beschwerde des Milciades P***** gegen den „Widerrufsbeschluss“ werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Llojaine Po***** betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Den Angeklagten Cecilia B***** und Milciades P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden relevant wurden Cecilia B***** und Milciades P***** mit dem angefochtenen Urteil jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall und Abs 2 Z 3 SMG, § 15 StGB (A/I) sowie jeweils mehrerer Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Satz erster Fall SMG (B/II) schuldig erkannt.
Danach haben Cecilia B***** und Milciades P***** gemeinsam in I*****, W***** und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 31,5 %
A) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge nach Österreich eingeführt,
I. „indem sie durch Bestellung von insgesamt 1.010 g Kokain (318,5 g reines Kokain bzw mehr als 21 Grenzmengen), sohin von Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, verbunden mit dem Ersuchen um Lieferung des Suchtgiftes von den Niederlanden nach Tirol und der Zusicherung der Bezahlung sowie der Empfangnahme des Kuriers, ihre holländischen Kontaktpersonen mit den Spitznamen 'Papin' und 'Gobby' [Genannten], die ihrerseits die Llojaine Po***** mit der Vornahme der Suchtgiftlieferungen beauftragten, zu deren Bestimmungshandlungen bestimmten ('Kettenbestimmung'), nämlich:
1. zu einem unbekannten Zeitpunkt kurz vor dem 05. 11. 2012 zu dem an diesem Tag erfolgten Schmuggel von 10 g Kokain (3,15 g reines Kokain);
2. zu einem unbekannten Zeitpunkt kurz vor dem 01. 12. 2012 zum Schmuggel von 1.000 g Kokain (315 g reines Kokain), wobei Llojaine Po***** am genannten Tag tatsächlich 523,2 g Kokain (164,3 g reines Kokain) nach I***** verbrachte;“
B) II) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, nämlich die oben angeführten, von Llojaine Po***** in ihrem Körper nach I***** verbrachten 523,2 Gramm Kokain (164,3 Gramm reines Kokain; mehr als das Zehnfache der Grenzmenge), am 1. Dezember 2012 mit dem Vorsatz zu erwerben versucht, dass es in Verkehr gesetzt werde.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von Cecilia B***** und Milciades P***** jeweils aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO, von Letztgenanntem auch aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden sind teilweise berechtigt:
Denn der von beiden Beschwerdeführern erhobene Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen, wonach Cecilia B***** und Milciades P***** bei den Hintermännern (Papin und Gobby) in Holland für den 5. November 2012 eine Probelieferung zur Überprüfung der Qualität des Kokains und für den 1. Dezember 2012 die Lieferung von einem Kilogramm Kokain bestellt haben (vgl US 9, 13 und 16), trifft zu.
Tragfähige Erwägungen zu dieser Feststellung finden sich in den Entscheidungsgründen nicht. Denn allein die dazu - im Rahmen der Konstatierungen angeführte - Überlegung der Tatrichter, wonach Suchtgift „generell nicht ohne vorangehende Bestellung durch die betreffende(n) Person(en) an diese geliefert“ wird, „was umso mehr in jenen Fällen gilt, in denen insgesamt beträchtliche Suchtgiftmengen noch dazu grenzüberschreitend verbracht werden“ (US 15), bildet - auch bei vernetzter Betrachtung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe und der darin wiedergegebenen Ergebnisse der Telefonüberwachung sowie der (keine konkreten Angaben zu Bestimmungshandlungen der Beschwerdeführer enthaltenden Aussage der Llojaine Po***** - keine verlässliche Grundlage für die Feststellung, Cecilia B***** und Milciades P***** hätten im bewussten und gewollten Zusammenwirken die vom Schuldspruch A/I umfassten konkreten Suchtgiftmengen auf die im Referat der entscheidenden Tatsachen wiedergegebene Weise und zu den dort ersichtlichen Zeitpunkten bestellt und solcherart holländische Kontaktpersonen dazu bestimmt, Llojaine Po***** zur Verbringung von 1.010 Gramm Kokain am 5. November 2012 und am 1. Dezember 2012 von den Niederlanden nach Tirol zu bestimmen.
Der aufgezeigte Begründungsmangel erfordert die Aufhebung des Schuldspruchs A/I, ohne dass es eines Eingehens auf das übrige diesen Schuldspruch betreffende Vorbringen bedurfte. Im zweiten Rechtsgang wird allenfalls ein sonstiger Beitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zu prüfen sein.
Nominell unter der Z 5 wendet Cecilia B***** erneut zutreffend (inhaltlich Z 10) ein, dass der Schuldspruch wegen mehrerer Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Satz erster Fall SMG ihrer vom Schuldspruch B/II umfassten Tat verfehlt ist.
Denn die zu § 28 Abs 2 SMG aF und in der Folge auch zu § 28a Abs 1 SMG mit Blick auf die dort bestehende Gewerbsmäßigkeitsqualifikation (§ 28 Abs 3 erster Fall SMG aF, nunmehr § 28a Abs 2 Z 1 SMG) entwickelte Judikatur der Verwirklichung des Tatbestands bereits bei Erreichen der Grenzmenge und demzufolge der Annahme mehrerer Verbrechen auch bei einer einzigen Tat nach Maßgabe der Anzahl der durch diese Tat erfassten, gedanklich zu trennenden, jeweils die Grenzmengen (§ 28b SMG) übersteigenden Mengen ist beim Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG (sowohl in der alten als auch in der geltenden Fassung) mangels einer dort bestehenden Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nicht anzuwenden (RIS-Justiz RS0128234, RS0119836).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde der Cecilia B***** war aus demselben Grund die Unterstellung der vom Schuldspruch B/II umfassten Tat des Angeklagten Milciades P***** unter mehrere Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Satz erster Fall SMG, von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) zu kassieren.
In diesem Umfang war das Urteil demnach bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben (§ 285e StPO), was auch die Aufhebung der die Angeklagten Cecilia B***** und Milciades P***** betreffenden Strafaussprüche nach sich zog.
Im zweiten Rechtsgang werden die vom Schuldspruch B/II umfassten Taten der Cecilia B***** und des Milciades P***** jeweils unter ein Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Satz erster Fall SMG zu subsumieren sein.
Dem nicht berechtigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde der Cecilia B***** (zum Schuldspruch B/II) ist zu erwidern, dass entgegen dem Vorwurf einer Scheinbegründung der Feststellung zum Wissen der Angeklagten, dass das gelieferte Suchtgift in Verkehr gesetzt werden sollte (US 16), deren Ableitung unter anderem aus dem objektiven Geschehen (vgl US 26) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (vgl RIS-Justiz RS0116882).
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde der Cecilia B***** bereits bei der nichtöffentlichen Beratung ebenso zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), wie die von Milciades P***** angemeldete Beschwerde gegen einen nicht erfolgten „Widerrufsbeschluss“.
Mit ihren Berufungen waren Cecilia B***** und Milciades P***** ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer diese beiden Angeklagten betreffenden Berufung auf die aufhebende Entscheidung zu verweisen.
Zur Entscheidung über die Llojaine Po***** betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft waren die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zuzuleiten.
Bleibt anzumerken, dass eine amtswegige Maßnahme hinsichtlich der Verurteilung der Llojaine Po***** wegen mehrerer Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG (Schuldspruch B/I) nicht angezeigt war, weil der Subsumtionsfehler per se für sie keinen Nachteil im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO darstellt (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 23), und bei ihr - anders als bei Milciades P***** - das Zusammentreffen mehrerer Vergehen im Rahmen der Strafzumessung (im Hinblick auf einen weiteren Schuldspruch) zutreffend als erschwerend gewertet werden konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO, wobei die amtswegige Maßnahme von der Kostenersatzpflicht nicht umfasst ist (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)