OGH 14Os119/13a

OGH14Os119/13a17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mascha als Schriftführer in der Strafsache gegen Gheorghe A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Gheorghe A*****, Constantin B***** und Daniel S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 4. März 2013, GZ 6 Hv 95/12p-212, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten Gheorghe A*****, Constantin B***** und Daniel S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruht und auch einen rechtskräftigen Schuldspruch der Angeklagten Nicolae M***** enthält, wurden Gheorghe A*****, Constantin B***** und Daniel S***** jeweils eines Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (1) und des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (2), Gheorghe A***** jeweils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (3) schuldig erkannt.

Danach haben in G*****

1. Constantin B*****, Nicolae M***** und Daniel S***** am 25. März 2012 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter mit Gewalt gegen eine Person und unter Verwendung einer Waffe August K***** fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie August K*****, der auf seinem Fahrrad auf einem Radweg fuhr, zu Fall brachten, ihm eine unbekannte Flüssigkeit ins Gesicht sprühten, ihm mehrere Fußtritte und Faustschläge versetzten, ihn sodann hinter ein Dickicht schleiften, ihm dort abermals heftige Fußtritte und Schläge gegen Kopf und Oberkörper versetzten und mit einer Schneestange (Mindestlänge 150 cm, Durchmesser 5 cm und Gewicht ca 1,3 kg) auf ihn einschlugen, seine Jacken- und Hosentaschen durchsuchten und ihm seine Geldtasche mit einem Bargeldbetrag von 120 Euro wegnahmen sowie die auf seinem Fahrrad mitgeführten Schmuckkassetten entleerten und unzählige Schmuckgegenstände wie Ringe, Halsketten, Armketten, Broschen und Uhren im Gesamtwert von rund 8.000 Euro entnahmen und zuletzt Nicolae M***** August K***** in Bauchlage drehte, seinen Kopf erfasste, ihm Mund und Nase zuhielt und ihn mit dem Gesicht in die Erde drückte, bis August K***** das Bewusstsein verlor, wobei August K***** durch die Tat lebensgefährliche schwere Verletzungen (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich Serienrippenbrüche beidseits, Abbrüche der Querfortsätze mehrerer Lendenwirbel, einen Bluterguss der Leber, eine gerissene Nierenzyste links sowie ein Schädelhirntrauma erlitt;

2. Constantin B*****, Nicolae M***** und Daniel S***** durch die zu 1. geschilderten Tathandlungen August Kr***** vorsätzlich zu töten versucht,

3. Gheorghe A***** in den Tagen vor dem und am 25. März 2012 Constantin B*****, Nicolae M***** und Daniel S***** zu den unter 1. und 2. angeführten Tathandlungen bestimmt, indem er das Opfer auswählte, sich mit dessen Gewohnheiten vertraut machte, den Tatplan ausarbeitete, den übrigen Angeklagten die Aufgaben bei der Tatbegehung zuwies, vor der Tat gemeinsam mit Daniel S***** am Tatort aus Ästen und anderen Gegenständen einen Sichtschutz aufbaute, um dahinter nach der Tat die Leiche des Opfers zu verstecken, und die Mittäter am Tattag zum Opfer dirigierte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von Gheorghe A***** aus § 345 Abs 1 Z 5, 10a, 11 lit a und 12 StPO, von Constantin B***** aus § 345 Abs 1 Z 10a und 12 StPO und von Daniel S***** aus § 345 Abs 1 Z 5 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Gheorghe A*****:

Die gegen die Abweisung des Antrags auf Ladung eines noch auszuforschenden Mithäftlings in der Hauptverhandlung vom 1. März 2013 (ON 210 S 17 f) gerichtete Verfahrensrüge (Z 5) scheitert schon daran, dass dieser Beweisantrag in der - wegen des Wechsels eines Mitglieds des Schwurgerichtshofs (§ 32 Abs 1 StPO) wiederholten und der Urteilsfällung unmittelbar vorangegangenen - Hauptverhandlung vom 4. März 2013 (ON 211 S 1 und 5) nicht neuerlich gestellt wurde (vgl RIS-Justiz RS0098869, RS0099049; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 309 f, 313).

Der unvollständige Sachverhaltsermittlung durch Unterlassung (amtswegiger) Ausforschung und Vernehmung dieses Zeugen (der Sache nach Z 10a) kritisierende Beschwerdeführer legt auch nicht dar, wodurch er an einer darauf abzielenden Antragstellung (Z 5; § 238 Abs 1 StPO iVm § 302 Abs 1 zweiter Satz StPO) in der am 4. März 2013 wiederholten Hauptverhandlung gehindert war (siehe auch ON 211 S 9; RIS-Justiz RS0115823; RS0114036).

Der bloß isoliert auf einzelne Passagen der Aussagen der Mitangeklagten M***** und S***** in der Hauptverhandlung Bezug nehmenden Tatsachenrüge (Z 10a) gelingt es nicht, beim Obersten Gerichtshof nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken (vgl RIS-Justiz RS0119583) gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten, insbesondere aus den besonderen Tatumständen und vorgeplanten Tatmodalitäten abgeleiteten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die auf der Behauptung eines unverhältnismäßigen Gewaltexzesses der unmittelbaren Täter aufbauende Kritik an der Zurechnung des Mordversuchs und des schweren Raubes (auch) an den Beschwerdeführer als Bestimmungstäter (Z 12 [nominell auch Z 11 lit a]) ist nicht an den im Wahrspruch der Geschworenen wiedergegebenen Feststellungen der entscheidenden Tatsachen ausgerichtet und verfehlt solcherart die prozessordnungsgemäße Darstellung materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584, 613).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Constantin B*****:

Dessen Tatsachenrüge (Z 10a) erschöpft sich - im Übrigen ohne Bezugnahme auf bestimmt bezeichnete Beweisergebnisse (vgl RIS-Justiz RS0124172) - in der bloßen Bestreitung unmittelbarer Ausführungshandlungen des Mitangeklagten S***** in sämtlichen Phasen des Überfalls und legt nicht dar, welche konkreten Beweisergebnisse gegen die Schuld des Nichtigkeitswerbers sprechen sollen. Damit vermag auch er keine unerträgliche Fehlentscheidung der Laienrichter bei der Beweiswürdigung nahezulegen (vgl RIS-Justiz RS0118780; RS0128874).

In Bekämpfung der rechtlichen Unterstellung der von den Geschworenen als erwiesen angenommenen Tat (1) unter die Qualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB leitet die Subsumtionsrüge (Z 12) die geforderte rechtliche Konsequenz nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (vgl RIS-Justiz RS0118416), indem sie fehlende Gleichwertigkeit mit einer Waffe im Sinn des WaffG bloß behauptet, ohne darzulegen, weshalb eine Schneestange ungeeignet sein soll, beim Einsatz zur Gewaltanwendung gegen eine Person die Abwehrfähigkeit des Opfers unmittelbar herabzusetzen und solcherart den Gewahrsamsbruch zu erleichtern (vgl RIS-Justiz RS0093928).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Daniel S*****:

Mangels Wiederholung in der der Urteilsfällung unmittelbar vorangehenden Hauptverhandlung vom 4. März 2013 fehlt es auch der Verfahrensrüge des Angeklagten S*****, der sich am 1. März 2013 dem bereits erwähnten Beweisbegehren des Angeklagten A***** angeschlossen hatte (ON 210 S 17), an der Voraussetzung aus Z 5 beachtlicher Antragstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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