Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508 Abs 1 ZPO). Die Revision ist nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage abhängt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich daher auf die Ausführungen der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
1. Die §§ 1415 Satz 2 und 1416 ABGB stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Sie stellen eine gesetzliche Tilgungsregelung für den Fall auf, dass zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner mehrere Verbindlichkeiten (Schuldposten) bestehen und der Schuldner eine Leistung erbringt, die zur Erfüllung aller seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Gläubiger nicht ausreicht (RIS‑Justiz RS0033403).
2.1 Nach der Systematik der §§ 1415 und 1416 ABGB ist für die Lösung der Frage, auf welche der mehreren Schuldposten die Leistung angerechnet werden soll, primär die Widmungserklärung des Schuldners maßgeblich, sofern diese auf das Einverständnis des Gläubigers trifft. Welcher Teil der Forderung getilgt wird, richtet sich somit nach der zwischen den Parteien bestehenden Vereinbarung. Sofern Schuldner und Gläubiger keine Vereinbarung getroffen haben, welche von mehreren Schuldposten getilgt werden soll, gilt jene Schuld als abgetragen, die der Schuldner (ausdrücklich oder schlüssig) bezeichnet, es sei denn, der Gläubiger würde dagegen Widerspruch erheben. Bei fehlender oder zweifelhafter Widmungserklärung greift die gesetzliche Tilgungsfolge des § 1416 ABGB ein (RIS‑Justiz RS0034703, RS0033523, RS0109835).
2.2 Diese sieht eine Rangfolge unter den Gesichtspunkten der bereits eingeforderten oder der schon fälligen Schuld sowie in letzter Linie der Beschwerlichkeit der einzelnen Schulden vor (RIS‑Justiz RS0033505). Tilgungspriorität kommt also jener Schuldpost zu, die der Gläubiger bereits eingefordert hat. Einforderung bedeutet gerichtliche oder außergerichtliche Geltendmachung, also das Dringen des Gläubigers auf Erfüllung auf einem dieser beiden Wege. Unter mehreren eingeforderten Schuldposten entscheidet die Intensität der Einforderung, die von der Rechtsprechung zum Teil auch unter dem Blickwinkel der Beschwerlichkeit beurteilt wird (RIS‑Justiz RS0033531).
3. Die vom Berufungsgericht als erheblich qualifizierte Rechtsfrage, ob es im Fall einer Mehrheit von (Werkleistungs‑)Rechtsverhältnissen durch die Anweisung des Gläubigers, der Schuldner solle an eine bestimmte Zahlstelle zahlen, zu einer Änderung der Allgemeinen Tilgungsregeln komme, wonach die Zahlung auf die älteste Schuld anzurechnen sei, stellt sich nicht.
3.1 Die Klägerin führte 2008 und 2009 umfangreiche Sanierungsarbeiten an den beiden Häusern des Beklagten durch. Unter anderem erteilte der Beklagte den Zusatzauftrag betreffend die Sanierung der Lichthoffassade, wofür ein Werklohn von 7.500 EUR netto vereinbart wurde. Am 1. 7. 2009 stellte die Klägerin den Betrag von 7.500 EUR (netto) fällig und bezifferte den insgesamt ‑ also unter Berücksichtigung anderer Bauvorhaben ‑ offenen Betrag mit 22.500 EUR (netto). Am 25. 8. 2009 folgte eine Zahlungserinnerung mit dem Ersuchen, den genannten Betrag an ein näher bezeichnetes Finanzamt zu überweisen. Von der Klägerin wurden weitere ‑ hier nicht gegenständliche - Leistungen erbracht. Am 1. 9. 2009 forderte die Klägerin den nunmehr offenen Betrag von 39.080 EUR (netto) unter Wiederholung des Ersuchens auf Überweisung an das Finanzamt. Am 22. 10. 2009 überwies der Beklagte 35.000 EUR an das genannte Finanzamt.
3.2 Nach diesen Feststellungen war die geforderte Schuldpost von 22.500 EUR netto, die die hier strittige Verbindlichkeit von 7.500 EUR netto umfasste, nicht nur im Sinn des Revisionswerbers die „älteste Schuld“, sondern auch die am intensivsten eingeforderte. Sie war fällig gestellt und bereits zweimal eingemahnt worden. Dass die Vorinstanzen die Zahlung damit auf die Schuldpost von 7.500 EUR ‑ selbst ohne entsprechende Widmung ‑ anrechneten, ist nicht korrekturbedürftig.
3.3 Die Klägerin führt weiters aus, das Erstgericht hätte klären müssen, ob eine Ist‑ oder Sollbesteuerung vorliege, wann die Fälligkeit ihrer Umsatzsteuerschuld eingetreten sei und ob nicht eine „ältere“ (Umsatzsteuer‑)Forderung bestanden habe, auf die die Zahlung an das Finanzamt tatsächlich angerechnet hätte werden müssen. Da die Klägerin im erstgerichtlichen Verfahren weder Vorbringen zum Bestehen einer solchen (Umsatzsteuer‑)Forderung noch zu deren Einforderung erstattete, hatte das Erstgericht die vermisste Klärung nicht vorzunehmen. Tatsächlich stellte die Klägerin überhaupt keine Behauptungen darüber auf, dass zum Zeitpunkt der Zahlung an das Finanzamt irgendeine „ältere“ Forderung gegenüber der Beklagten ausgehaftet hätte.
4. Die Klägerin begehrt auch die Zahlung der vormals nicht eingeforderten Umsatzsteuer von 1.500 EUR.
Eine Umbuchung ist die Übertragung eines Guthabens oder einer Gutschrift auf ein anderes Konto desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen derselben Abgabebehörde; eine Überrechnung ist eine derartige Übertragung auf ein Konto desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen bei einer anderen Abgabebehörde (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO³ § 211 Anm 11).
Nach den Feststellungen war vereinbart, dass die Klägerin dem Beklagten Nettobeträge verrechnet und die Umsatzsteuer überrechnet werden soll. Dabei handelt es sich um die Vereinbarung eines bestimmten, von § 905 ABGB abweichenden Modus bei der Zahlung (5 Ob 50/07z). Zeit und Ort der Leistung, sowie die Art und Weise, in der diese zu erbringen ist, können nicht einseitig ohne Zustimmung des Vertragspartners geändert werden (Heidinger in Schwimann ABGB³ Vor § 1413 Rz 1).
Die Klägerin hat im erstgerichtlichen Verfahren auch kein Vorbringen erstattet, aus dem ihr Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer an sich ‑ abweichend von der getroffenen Vereinbarung über die Zahlungsmodalität ‑ abgeleitet werden könnte.
5. Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
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