OGH 13Os84/13x

OGH13Os84/13x19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ostojic als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Vojo N***** und einen anderen Angeklagten wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 11 dritter Fall FinStrG über die Beschwerde des Angeklagten Milan Ni***** gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Juli 2013, GZ 13 Hv 93/12g-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. März 2013, GZ 13 Hv 93/12g-29, welches auch einen rechtskräftigen Freispruch eines anderen Angeklagten enthält, wurde Milan Ni***** mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG, teilweise als Beteiligter gemäß § 11 dritter Fall FinStrG, schuldig erkannt.

Im Anschluss an die Urteilsverkündung meldete der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 28 S 65). Die Urteilsausfertigung (ON 29) wurde seinem Wahlverteidiger Dr. S***** am 24. April 2013 zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel zugestellt (ON 1 S 3 verso). Damit begann die vierwöchige Frist für die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285 Abs 1 StPO).

In einem mit 17. Mai 2013 datierten und am selben Tag im Elektronischen Rechtsverkehr beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingebrachten Schriftsatz gab Dr. S***** die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt und beantragte namens des Angeklagten „unter Hinweis auf seine Vermögensangaben in der Hauptverhandlung“ die „Beigebung eines Verfahrenshelfers zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie der Berufung wegen Schuld und Strafe“ (ON 32).

Nach zunächst erfolgter beschlussmäßiger Abweisung dieses Antrags im Hinblick auf die gemäß § 63 Abs 2 StPO und § 11 Abs 2 RAO fortwirkende Vertretungspflicht des Wahlverteidigers (ON 33) beschloss der Vorsitzende des Schöffengerichts am 20. Juni 2013 - nach erfolgloser Aufforderung an den Angeklagten, einen neuen Wahlverteidiger für das Rechtsmittelverfahren bekannt zu geben, jedoch ohne weiteren Verfahrenshilfeantrag des Angeklagten - die Beigebung eines Verfahrenshilfe- verteidigers für das Rechtsmittelverfahren zur Ausführung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (ON 37 S 1). Am 28. Juni 2013 wurde dieser Beschluss sodann dem vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien am 27. Juni 2013 bestellten Verteidiger Mag. F***** zugestellt (ON 37 S 1 und 41 S 1).

Mit Beschluss vom 4. Juli 2013 wies der Vorsitzende des Schöffengerichts die ohne deutliche und bestimmte Bezeichnung von Gründen angemeldete und bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285a Z 2 StPO zurück (ON 39).

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde des Angeklagten kommt - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - keine Berechtigung zu.

Die durch Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Wahlverteidiger am 24. April 2013 ausgelöste Rechtsmittelfrist wurde durch den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers nach § 61 Abs 2 StPO nicht beeinflusst (RIS-Justiz RS0116182). Entgegen dem Beschwerdevorbringen bewirkt ein Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe keine Unterbrechung der bereits einmal in Gang gesetzten Rechtsmittelfrist. Der Wahlverteidiger war gemäß § 63 Abs 2 zweiter Satz StPO verpflichtet, die Interessen des Angeklagten weiterhin zu wahren und die angemeldeten Rechtsmittel fristgerecht auszuführen, es sei denn, Milan Ni***** hätte ihm dies ausdrücklich untersagt (Fabrizy, StPO11 § 63 Rz 2; vgl § 11 Abs 2 RAO). Jedoch vermögen weder die Auflösung eines Vollmachtsverhältnisses, noch die Beigebung eines Verteidigers gemäß § 61 Abs 2 StPO, noch ein explizites Ausführungsverbot eine Änderung des Fristenlaufs zu bewirken (14 Os 42/09x, EvBl-LS 2009/170, 1020; 11 Os 204/09y, RZ 2011/1 [18]; RIS-Justiz RS0125686; RS0116182 [T12]), weil die Regelung des § 63 Abs 1 StPO nur für den zuvor unvertretenen Angeklagten gilt.

Nachdem vom Angeklagten auch bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285a Z 2 StPO), erfolgte die Zurückweisung somit zu Recht.

Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 11).

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