OGH 12Os129/13g

OGH12Os129/13g14.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Buchner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alma H***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 3 (§ 81 Abs 1 Z 3) StGB, AZ 28 U 52/13z des Bezirksgerichts Leopoldstadt, über den Antrag der Generalprokuratur gemäß § 362 Abs 1 Z 2 StPO in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

In Stattgebung des Antrags der Generalprokuratur wird der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Berufungsgericht vom 18. September 2013, AZ 139 Bl 55/13p, aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung über die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 26. Juni 2013, GZ 28 U 52/13z-13, an dieses Landesgericht verwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 26. Juni 2013, GZ 28 U 52/13z-13, wurde Alma H***** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 3 (§ 81 Abs 1 Z 3) StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt (ON 13).

Unmittelbar nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung erklärte die nach dem Protokoll in der Hauptverhandlung zu diesem Zeitpunkt unvertretene (ON 12 S 4) Angeklagte auf Rechtsmittel gegen das Urteil zu verzichten.

Mit am 1. Juli 2013 per Telefax beim Bezirksgericht eingebrachter Eingabe meldete Alma H*****, vertreten durch die im Verfahren als „Verteidigerin“ auftretende, nach Erhebungen des Gerichts aber nicht in der Liste der Rechtsanwälte der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragene MMag. Barbara S*****, Berufung an (ON 8; ON 12 S 1; ON 18). Eine Unterschrift weist diese Eingabe nicht auf (ON 14).

Am 12. Juli 2013 wurde eine weitere, mit 1. Juli 2013 datierte, mit Unterschrift der MMag. Barbara S***** versehene Berufungsanmeldung überreicht (ON 15).

Nach einem Kanzleivermerk wurde die ON 14 falsch journalisiert und irrtümlich an die ON 15 angeheftet (ON 21).

Die von MMag. Barbara S***** im Namen der Angeklagten mit Schriftsatz eingebrachte Ausführung der Berufung wurde zur Verbesserung, und zwar zur Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt zurückgestellt (vgl demgegenüber aber § 61 Abs 1 StPO). Am 5. September 2013 langte die mit einer Unterschrift eines Rechtsanwalts versehene Berufungsausführung erneut ein (ON 1 S 4; ON 16, 17).

Mit Beschluss vom 18. September 2013, AZ 139 Bl 55/13p, wies das Landesgericht für Strafsachen Wien als Berufungsgericht das Rechtsmittel gemäß § 470 Abs 1 Z 1 StPO als unzulässig zurück und führte in der Begründung aus, dass die Berufung erst nach Ablauf der am 1. Juli 2013 endenden Frist angemeldet worden sei (ON 20 S 3 f).

Die nachträglich offenbar gewordene Rechtsmittelanmeldung (ON 14) weckt hieran aber erhebliche Bedenken. Dies greift die Generalprokuratur zulässigerweise mit einem Antrag auf Wiederaufnahme auf, weil die analoge Anwendung des § 362 Abs 1 Z 2 StPO durch den Obersten Gerichtshof stets dann in Betracht kommt, wenn sich - wie hier - herausstellt, dass letztinstanzliche strafgerichtliche Entscheidungen, die nicht vom Obersten Gerichtshof gefällt worden sind, auf einer in tatsächlicher Hinsicht objektiv unrichtigen Verfahrensgrundlage ergangen sind, ohne dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist (RIS-Justiz RS0117312).

Rechtliche Beurteilung

Demnach war in Stattgebung des Antrags der Generalprokuratur der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 18. September 2013, AZ 139 Bl 55/13p aufzuheben und diesem Gericht die neue Entscheidung über die Berufung aufzutragen.

Bei der Entscheidung wird auch zu überprüfen sein, ob die in Rede stehende, nicht unterfertigte Telefax-Eingabe vom 1. Juli 2013 (ON 14), die im Rubrum die Angeklagte, „vertreten durch MMag. Barbara S*****“, nennt, eine Prozesserklärung der Angeklagten darstellt.

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