Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten B***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthält, wurde Ruth B***** des (richtig:) Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 3 SMG schuldig erkannt.
Danach hat sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Günter G***** von Oktober 2009 bis 29. Oktober 2012 in B***** zumindest 2.250 Gramm Cannabis, beinhaltend eine Reinsubstanz von zumindest 225 Gramm Delta-9-THC, somit in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge erzeugt, indem sie in mehreren Angriffen Cannabispflanzen anbaute, bis zur Erntereife aufzog und aberntete, wobei sie die Tat zur Abdeckung ihrer eigenen Sucht beging.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete, auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten geht fehl.
Als Verstoß gegen das Überraschungsverbot kritisiert die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), die erstgerichtliche Annahme eines durchschnittlichen Ertrags von 5 Gramm Cannabis pro Pflanze sei „aus Sicht der Angeklagten überraschend und unvorhersehbar“ gewesen. Zwar ist es richtig, dass der Angeklagte ein Recht darauf hat, nicht von einer ihm unbekannten Gerichtsnotorietät im Tatsachenbereich überrascht zu werden (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 463), jedoch liegt ein Verstoß gegen das fair-trial-Gebot des Art 6 MRK nicht vor, wenn diese Tatsache - wie hier - bereits in der in der Hauptverhandlung vorgetragenen Anklageschrift dargestellt wurde (RIS-Justiz RS0119094; ON 36 S 6 iVm ON 46 S 3). Dass das Gericht letztlich einen weit geringeren Ernteertrag feststellte, als von der Anklagebehörde angenommen (10 Gramm), wirkte sich ohnedies zum Vorteil der Angeklagten aus.
Die Konstatierungen zur erzeugten Suchtgiftmenge stützten die Tatrichter - dem Einwand unzureichender Begründung zuwider - auf das Zugeständnis der Angeklagten, 50 Stöcklinge selbst angepflanzt zu haben (ON 46 S 14), im Zusammenhalt mit der sichergestellten „hochprofessionellen Aufzuchtanlage“, dem überdurchschnittlich hohen Stromverbrauch des Hauses sowie der Aussage der Zeugin Tamara B***** (US 8). Nicht entscheidend (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399) ist in diesem Zusammenhang die Anzahl der Aufzuchtsdurchgänge, weil das Gericht das Überschreiten der Grenzmenge des § 28b SMG bereits bei einer einzigen Ernte angenommen hat (US 5) und die Beschwerdeführerin ohnedies - trotz des mehrfachen Überschreitens der die Grenzmenge übersteigenden Menge an Suchtgift - lediglich eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 3 SMG schuldig erkannt wurde.
Die Angaben der Angeklagten zur Erklärung des erhöhten Stromverbrauchs wurden der Beschwerde zuwider nicht übergangen (Z 5 zweiter Fall), von den Tatrichtern jedoch nicht als beweiskräftig erachtet (US 8).
Entgegen den Ausführungen der Beschwerde haben die Tatrichter gar nicht festgestellt, die Angeklagte habe „im Jahr 2009 drei Durchgänge 50 Pflanzen angebaut“ (was sich schon aus der Zusammenrechnung der Erträgnisse ergibt), sodass ein innerer Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zur konstatierten ersten Ernte (spätestens) Oktober 2009 (US 5) nicht vorliegen kann.
Schließlich wurde auch der Reinheitsgehalt des Cannabis bereits in der in der Hauptverhandlung vorgetragenen Anklageschrift thematisiert (ON 36 S 6, 8), sodass die Beschwerdeführerin von den erstgerichtlichen Annahmen nicht überrascht werden konnte; die Konstatierungen hiezu sind daher auch nicht als willkürlich anzusehen (neuerlich RIS-Justiz RS0119094). Im Übrigen sind die Tatrichter trotz des bei der Angeklagten sichergestellten Suchtgiftes mit 17%igem Reinheitsgehalt zu ihren Gunsten ohnehin von einem durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von lediglich 10 % ausgegangen (US 8).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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