OGH 15Os130/13a

OGH15Os130/13a2.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Dr. Gerald M***** gegen die Antragsgegnerin S***** GmbH & Co KG wegen § 18 Abs 1 MedienG, AZ 38 Hv 44/12y des Landesgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 14. August 2012, AZ 8 Bs 88/12s (ON 9 des Hv-Aktes), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren AZ 38 Hv 44/12y des Landesgerichts Salzburg verletzt der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 14. August 2012, AZ 8 Bs 88/12s, durch Unterlassung eines Ausspruchs über die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens § 390a Abs 1 erster Satz StPO.

Text

Gründe:

Mit Antrag vom 3. April 2012 begehrte Mag. Dr. Gerald M*****, der Antragsgegnerin S***** GmbH & Co KG wegen der verspäteten Veröffentlichung einer außergerichtlich begehrten Gegendarstellung nach § 18 Abs 1 MedienG die Zahlung einer Geldbuße an ihn aufzuerlegen und diese auch zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verpflichten (ON 1 im Hv-Akt).

Der Einzelrichter des Landesgerichts Salzburg wies diesen - im selbständigen Verfahren (§ 18 Abs 2 dritter Satz MedienG) gestellten - Antrag mit Beschluss vom 19. April 2012, GZ 38 Hv 44/12y-4, ab und sprach unter einem aus, dass dem Antragsteller gemäß § 41 Abs 1 MedienG iVm § 390 Abs 1 StPO die Kosten des „Strafverfahrens“ zur Last fallen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Antragsteller erhobenen Beschwerde (ON 5) gab das Oberlandesgericht Linz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 14. August 2012, AZ 8 Bs 88/12s (ON 9 des Hv-Aktes), Folge und verpflichtete die Antragsgegnerin zur Zahlung einer Geldbuße (in Höhe von 200 Euro) an den Antragsteller. Weiters sprach es aus (BS 1): „Die Antragsgegnerin wird gemäß § 19 Abs 4 MedienG iVm § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens erster Instanz verpflichtet. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Kostenersatz für das Rechtsmittelverfahren wird abgewiesen.

Dieser Kostenausspruch wurde wie folgt begründet (BS 4): „Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen. Mangels Kostenbegehrens des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren war nicht darüber abzusprechen, ob ihm auch Kosten für das Beschwerdeverfahren zustehen. Der Erfolg der Beschwerde des Antragstellers führt dazu, dass der Antrag der Antragsgegnerin auf Kostenzuspruch für die Äußerung zur Beschwerde mangels Erfolg abgewiesen wird.

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht der genannte Beschluss des Oberlandesgerichts Linz mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Eine Regelung der Kosten des Verfahrens über einen selbständigen Antrag gemäß § 18 Abs 2 dritter Satz MedienG wegen verspäteter Veröffentlichung sieht das Gesetz nicht vor, denn es handelt sich weder um einen Antrag auf Veröffentlichung (§ 19 Abs 1 und 2 MedienG) noch um eine „nachträgliche Festsetzung einer Geldbuße“ im Sinn des § 19 Abs 4 MedienG (vgl Rami in WK2 MedienG § 19 Rz 1 und 10; Brandstetter/Schmid, MedienG2 § 19 Rz 12; Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG³ § 19 Rz 3). Eine Anwendung bloß des § 19 Abs 3 MedienG kommt nicht in Betracht, weil diese Bestimmung einerseits nicht vom Regelungszweck der Abs 1 und 2 leg cit getrennt werden kann und andererseits zu dem Ergebnis führen würde, dass der Antragsteller stets - also auch im Fall des Erfolgs seines Begehrens auf Zuspruch einer Geldbuße wegen verspäteter Veröffentlichung - die Kosten des Verfahrens zu tragen hätte. Da im Fall verspäteter Veröffentlichung kein Bedarf an einer Billigkeitsentscheidung im Kostenbereich besteht, zumal Billigkeitserwägungen bei unverschuldeter Verspätung der Veröffentlichung ohnehin bereits in die Entscheidung über die Geldbuße einfließen, ist auch § 19 Abs 4 MedienG (und damit Abs 1 bis 3) nicht anlaog anzuwenden. Die prozessuale Erledigung eines selbständigen Antrags wegen verspäteter Veröffentlichung (der eine Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens voraussetzt) ist nach ständiger Rechtsprechung nach den Verfahrensregeln der §§ 14 ff MedienG durchzuführen. Weil § 14 Abs 3 dritter Satz MedienG für solche Verfahren allgemein die sinngemäße Geltung der Bestimmungen der Strafprozessordnung für das Verfahren aufgrund einer Privatanklage normiert, ist - mangels passender besonderer Regelung - bezüglich der Kosten gemäß der sachnächsten Bestimmungen der §§ 389 ff StPO vorzugehen.

Somit sind auch für das Beschwerdeverfahren über einen selbständigen Antrag auf Zuspruch einer Geldbuße wegen verspäteter Veröffentlichung die Bestimmungen der StPO dem Sinne nach anzuwenden. Für die Kostenersatzregelung ist in solchen Fällen daher wie in anderen Beschwerdeverfahren betreffend einen verfahrensbeendenden Beschluss, der einen Kostenausspruch enthält, § 390a StPO heranzuziehen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 1). Demnach fallen dem - abhängig vom Verfahrensausgang - gemäß § 389 oder § 390 StPO zum Kostenersatz Verpflichteten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last, es sei denn, sie sind durch ein ganz erfolgloses Rechtsmittel des Gegners verursacht worden. Wurde Letzteres vom Privatankläger (oder vom Privatbeteiligten) ergriffen, so haben zufolge § 390a Abs 1 zweiter Satz StPO diese die dadurch verursachten Kosten - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens - zu tragen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 2).

Die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht dem Grunde nach hat zudem stets - auch im Rechtsmittelverfahren - von Amts wegen zu erfolgen, ohne dass es hiezu eines besonderen Antrags bedarf (RIS-Justiz RS0101335; vgl Lendl, WK-StPO § 389 Rz 4). Das Beschwerdegericht hätte im vorliegenden Fall somit die Antragsgegnerin, die aufgrund eines erfolgreichen Rechtsmittels des Antragstellers zur Zahlung einer Geldbuße verpflichtet wurde, gemäß § 390a Abs 1 erster Satz StPO (dem Grunde nach) auch in den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu verfällen gehabt (vgl Lendl, WK-StPO § 390a Rz 14). Da eine sinngemäße Anwendung der Sonderregelung über die Bestimmung der Höhe des dem Verfahrensgegner zu leistenden Kostenersatzes (§ 19 Abs 5 und 6 MedienG) nur in Rechtsmittelverfahren in Betracht kommt (§ 19 Abs 7 MedienG), in welchen schon in erster Instanz ein Kostenausspruch im Sinn der Bestimmungen des § 19 Abs 1 bis 4 MedienG zu fällen wäre, steht die auf das Fehlen eines Kostenverzeichnisses für das Beschwerdeverfahren gestützte Ablehnung der Entscheidung über die Pflicht der Antragsgegnerin zum Kostenersatz an den Antragsteller auch aus diesem Grund mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Fallaktuell gereicht die Gesetzesverletzung der Antragsgegnerin, die die Rechte der Angeklagten innehat (§ 14 Abs 3 MedienG), nicht zum Nachteil, sodass es mit ihrer bloßen Feststellung sein Bewenden hat (vgl RIS-Justiz RS0067336 ua).

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