OGH 7Nc17/13d

OGH7Nc17/13d6.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Hoch und Mag. Malesich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen G***** H*****, geboren am 24. September 1995, aufgrund der Vorlage des Aktes 17 P 90/11p des Bezirksgerichts Steyr zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die vom Bezirksgericht Steyr verfügte Übertragung der Zuständigkeit der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Melk wird genehmigt.

Text

Begründung

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 18. 7. 2013 übertrug das Bezirksgericht Steyr die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Melk, weil sich der Minderjährige jetzt ständig in dessen Sprengel aufhalte. Das Bezirksgericht Melk verweigerte die Übernahme unter Hinweis auf den noch offenen Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen, den ebenfalls offenen Antrag auf Einstellung der Unterhaltsvorschüsse unter gleichzeitiger Verpflichtung des Vaters zur Rückzahlung eines Übergenusses und die bald eintretende Volljährigkeit des Minderjährigen.

Rechtliche Beurteilung

1. Das Bezirksgericht Steyr legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Genehmigung der Zuständigkeitsübertragung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.

Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird.

2. Lehnt das Gericht, an das die Zuständigkeit übergehen soll, die Übernahme ab, was auch ohne formellen Beschluss geschehen kann und wozu es genügt, dass es seine Weigerung dem übertragenen Gericht kundtut, so ist der Übertragungsbeschluss den Parteien zuzustellen und seine Rechtskraft abzuwarten. Danach ist der Akt dem gemeinsam übergeordneten Gericht zur Entscheidung nach §§ 111 Abs 2 JN vorzulegen (Mayr in Rechberger ZPO³ § 111 JN Rz 6 mwN).

3. Abgesehen davon, dass nach ständiger Rechtsprechung offene Anträge kein grundsätzliches Übertragungshindernis sind (RIS-Justiz RS0047027), liegen solche auch nicht vor. Der Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen war bereits zum Zeitpunkt der Fällung des Übertragungsbeschlusses zurückgezogen worden. Die Einstellung von Unterhaltsvorschüssen unter gleichzeitiger Verpflichtung des Vaters zur Rückzahlung eines Übergenusses wurde bislang nicht beantragt. Vielmehr erfolgte lediglich eine informelle telefonische Mitteilung der UV-Abteilung beim Oberlandesgericht Wien mit dem Ersuchen um einen „Einstellungsbeschluss samt Rückzahlungsverpflichtung“.

Der Minderjährige hat sein 18. Lebensjahr derzeit noch nicht vollendet, die Notwendigkeit besonderer, ihn betreffender pflegschaftsgerichtlicher Maßnahmen kann derzeit nicht ausgeschlossen werden.

Da sich mittlerweile der Minderjährige im Sprengel des Bezirksgerichts Melk aufhält, ist eine Belassung der Pflegschaftssache beim übertragenen Gericht auch nicht der wirksamen Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes dienlich.

Stichworte